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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Stavanger in Norwegen Besuch im Reich des schwarzen Golds
Die norwegische Ölmetropole Stavanger katapultiert Touristen in die raue Lebenswelt der Nordsee-Bohrinseln. Sehen Sie die beindruckende Stadt auch in unserer Foto-Show.
Die Häuser in der Altstadt von Stavanger sind weiß. Ein Zeichen für Wohlstand. Früher, bevor die Baumärkte das Farbgeschäft übernahmen, ließ sich nur rote Farbe günstig anmischen. Die hübschen weißen Holzhäuschen, allesamt alarmgesichert, mögen dem Besucher der norwegischen Ölmetropole wie ein Sinnbild für den Reichtum des Landes erscheinen: Norwegen ist derzeit der siebtgrößte Ölexporteur und damit einer der reichsten Staaten der Welt.
Unzählige Bohrinseln schon bei der Anfahrt
Schon bei der Überfahrt von Amsterdam in Richtung Südnorwegen leuchten am dunklen Horizont die Lichter unzähliger Bohrinseln und Förderplattformen. Die Briten holen hier das schwarze Gold aus der Erde. Weiter nördlich beginnt das norwegische Terrain. Insgesamt 70 Offshore-Felder betreibt das skandinavische Königreich auf dem norwegischen Kontinentalschelf. Viele liegen in der Nordsee, einige hundert Kilometer von den malerischen Fjorden entfernt.
Dreh- und Angelpunkt für das lukrative Geschäft ist Stavanger - seit 1969 das erste Explorationsfeld Ekofisk, das damals größte der Welt, 280 Kilometer vor der Küste gefunden wurde. Von der 125.000-Einwohner-Stadt treten täglich die Ölarbeiter ihren Hubschrauberflug zur Arbeit an. Hier sitzt das Hauptquartier des staatlichen Ölkonzerns Statoil zwischen all den anderen internationalen Ölgesellschaften mit Rang und Namen. Und hier findet sich auch das norwegische Erdölmuseum, das den Besucher in Windeseile in die raue Lebenswelt der Nordsee-Plattformen katapultiert.
Ölindustrie hautnah erleben
Touristen klettern in enge Rettungskapseln, bedienen Bohrköpfe, rutschen Evakuierungsschläuche hinab und lauschen dem lauten Klang der Hubschrauberrotoren. Wer sich traut, versucht aus dem Panikraum zu entkommen. Der simulierte Katastrophenfall ist pechschwarz. Eine Sirene heult, dazwischen erteilt eine Stimme Anweisungen in norwegischer Sprache. Schnell bildet sich ein kalter Schweißfilm auf der Haut. Die Schulter stößt hart gegen eine unerwartete Kante. Dann ist der Spuk auch schon wieder vorbei - nur eine gute Minute dauert der Weg ins Freie für die meisten Besucher.
"Kinder sind meist wesentlich schneller als Erwachsene", sagt Museumsmitarbeiter René Schur lachend. Doch die Sammlung zur Geschichte des norwegischen Öls begeistert nicht nur die kleinen Besucher: von erdgeschichtlichen Hintergründen über beeindruckende Modelle von Bohrplattformen bis hin zum Klimawandel reicht das Repertoire. Und allein aus architektonischer Sicht ist das Gebäude schon einen Besuch wert.
Eine der teuersten Städte Europas
Die Rückseite des modernen Museums ist einer Ölplattform nachempfunden, die sich unaufgeregt in den Vågen, das natürliche Hafenbecken, einfügt. Die reichste Stadt des Landes legt Wert auf ein gepflegtes Erscheinungsbild und verzichtete gleichsam auf den hoch in den Himmel aufragenden Glamour der Ölmetropolen am Persischen Golf. Der Wohlstand der über Generationen gemächlich gewachsenen Stadt versteckt sich stattdessen in den mehr als 170 traditionellen Häusern aus dem 18. und 19. Jahrhundert, die von Blumen eingerahmt, im Viertel Gamle Stavanger mit dem Schein von Gaslaternen ins rechte Licht gerückt werden.
"Stavanger ist eine der teuersten Städte Europas mit Grundstückspreisen von bis zu 44000 Norwegischen Kronen, also etwa 5600 Euro, pro Quadratmeter", weiß Schur. Ferienhäuser am angrenzenden Lysefjord können gut und gerne bis zu einer halben Million Euro kosten. Rechts und links der schmalen Wasserstraße ragen steile Felsen auf, Seehunde linsen neugierig aus dem Wasser, Wasserfälle rauschen hinab, so klar, dass man das Wasser trinken kann. Viele Norweger können sich den Luxus der Natur leisten: Allein der Staatliche Pensionsfond, in den ein Großteil der Erträge aus dem Öl- und Gasgeschäft fließt, hat seit 1990 einen Marktwert von über 540 Milliarden Euro erreicht - das entspricht theoretisch etwa 110.000 Euro für jeden Norweger.
Wilde, mystische Natur
Doch nicht das Geld, sondern die wilde, mystische Natur beflügelt die Phantasie: Einsame Bergseen, kunterbunte Häuser vor majestätischen Bergen und die greifbare Stille in den kilometerlangen Fjorden machen das Land zum Traumziel vieler Touristen. Schließlich geben sich die naturverbundenen Norweger auch nach der Evolution vom Land der Fischer und Bauern zur Ölnation alle Mühe, ihre wahren Schätze zu erhalten: 1972 wurde in Oslo das erste Umweltministerium der Welt eingerichtet, bis 2050 will man der erste Null-Emissions-Staat werden, die heimische petrochemische Industrie besitzt den geringsten CO2-Ausstoß weltweit und auch die Emissionswerte der Erdgasförderung liegen weit unter dem Weltdurchschnitt.
Der Tourismus boomt, gleich nach dem Öl. Doch über 70 Prozent aller Reisenden sind Norweger. Denn das Öl hat nicht nur Wohlstand gebracht, sondern auch die Preise in die Höhe getrieben. Ein Ölarbeiter - mehr als 200000 Menschen arbeiten in der norwegischen Ölindustrie - verdient zwar etwa 130000 Euro im Jahr, aber "nicht einmal alle Norweger können sich die Preise hier leisten", sagt René Schur. "Geschweige denn alle Touristen."
Weitere Informationen:
Anreise: Mit KLM Royal Dutch Airlines(Direktion für Deutschland, Zeil 5, 60313 Frankfurt/Main, Tel. 01806/254750, www.klm.com) ab Düsseldorf oder Hamburg über Amsterdam nach Stavanger. Von Frankfurt nonstop mit Lufthansa (Deutsche Lufthansa AG, Flughafen-Bereich West, 60546 Frankfurt/Main, Tel. 069/86799799, www.lufthansa.com) nach Stavanger.
Veranstalter: Holland America Line (Otto Reuchlinweg 1110, 3072 MD Rotterdam, Niederlande, Tel. 00800/18731873, www.hollandamerica.com) bietet in der Sommersaison 2014 z.B. die Kreuzfahrt "7 Nächte im Bann von Wikinger-Sagen" ab Rotterdam mit Stopp in Stavanger ab 999 Euro pro Pers./Doppelbelegung an. DerTour (DER Touristik Frankfurt GmbH & Co. KG, Emil-von-Behring-Str. 6, 60439 Frankfurt, Tel. 069/95885928, www.dertour.de) hat bis Oktober die zehntägige Autorundreise "Maritimes Fjordnorwegen" mit Stopp in Stavanger ab 1744 Euro ohne Anreise im Programm.
Besonderheit: Das Norwegische Erdölmuseum (Norsk Oljemuseum, Kjeringholmen, Postboks 748 Sentrum, 4004 Stavanger, Tel. 0047 51939300, www.norskolje.museum.no) ist vom 1. September bis 31. Mai montags bis samstags von 10-16 Uhr und sonntags von 10-18 Uhr geöffnet. Eintritt: 100 Norwegische Kronen, ermäßigt 50 Kronen.
Kontakt: VisitNorway (BookNorway AS, Nydalveien 33, 0484 Oslo, Norwegen, Tel. 0047/812001849, www.visitnorway.com), Stavanger Regionen (Region Stavanger BA, Vågsgt. 22, 4306 Sandnes, Tel. 0047/51335555, www.regionstavanger.com).
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