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Schweiz: Unterirdischer Fluss in Basel


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Unterirdischer Fluss in Basel

Breit schlängelt sich der Rhein durch Basel. An seinen Ufern promenieren Einheimische und Gäste, an warmen Sommertagen sieht man die Basler auf leuchtend orangenen Schwimmsäcken auf dem Wasser treiben. Der Rhein prägt die drittgrößte Stadt der Schweiz. Doch im Untergrund versteckt sich ein zweiter Fluss, der fast ebenso wichtig für die Stadt ist: der Birsig. Sehen Sie den unterirdischen Fluss auch in unserer Foto-Show.

Aktualisiert am 05.02.2013|Lesedauer: 4 Min.
srt, Heidi Siefert, srt
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Zeitreise ins unterirdische Basel

Am Eingang zum Basler Zoo zwitschern die Vögel. An diesem sonnigen Montag kommen viele Familien, um die Tiere zu sehen. Nur die kleine Gruppe ohne Kinder bleibt vor dem Eingang stehen - auch wenn es durchaus verlockend wäre, diesen schönen Tag im Freien zu genießen. Aber François Terrapon hat mit seinen Gästen etwas anderes vor. Zusammen gehen sie auf Zeitreise ins unterirdische Basel. Die beginnt oberirdisch. Dort, wo der Birsig unter hohen Laubbäumen zwischen Wiese und Spazierweg dahinplätschert. Vögel zwitschern. François erzählt von früher, als hier der Nachtigallenwald war. Ein romantischer Ort, an dem seine Großmutter sich in Jugendjahren zum Rendezvous traf. Viel früher sei der aus Quellen im Elsass und der französischen Schweiz gespeiste Birsig fast zwei Kilometer breit und so hoch gewesen, dass er die heutigen Münstertürme locker überspült hätte. Dann galt er als versiegt und kam erst wieder durch das Absinken des Rheins zu Tage. Heute fließt er schmal und friedlich dahin. So lange das Wetter so schön wie heute ist. Bei einem Gewitter im Leinental etwa schwölle er nach etwa 45 Minuten merklich an. Heftiger Regen in der Stadt lasse das Wasser drinnen im Kanal schon bis auf Kniehöhe ansteigen. Gut also, dass die Sonne scheint, als die Gruppe bei der ehemaligen Heuwaage hinter einer Eisentür in die Tiefe klettert.

Basels Fluss unter der ErdeVergrößern des Bildes
Basels Fluss unter der Erde (Quelle: Heidi Siefert/SRT-bilder)

Lampen und Gullideckel spenden Licht

Lampen an den Wänden sorgen für genug Licht, um zu sehen, wohin man tritt. Zusätzliche Lichtquellen sind die Gullideckel, durch die immer wieder Sonnenstrahlen aufs Wasser fallen. Kleine Stöckchen knirschen unter den Sohlen. Treibgut. Manchmal ist der Boden glitschig. Gelbe Schildchen an der Wand zeigen an, wie weit es zum Rhein ist: 1,2 Kilometer. Dabei fällt das Niveau auf dieser Strecke um 14 Meter. Es ist erstaunlich warm. "Das ist die Fernwärme", erklärt François und deutet nach oben. Durch dicke Rohre fließt das heiße Wasser, das die Heizungen der Basler wärmt. "180 Grad hat der Vorlauf, 80 der Rücklauf. Es ist also auch im Winter schön warm hier unten." Ein idealer Nachtplatz für Obdachlose möchte man meinen, doch die ziehen die Notschlafstellen der Stadt einer Nacht im Kanal vor.

Unterirdischer Fluss bei Graffiti-Künstlern beliebt

Attraktiver hingegen ist die Flusseinfriedung für die örtliche Sprayer-Szene. Den grauen Wänden mag dies nicht schaden, denkt man und bedauert, dass auch die historischen Bilder, die immer wieder an der Wand hängen, häufig übersprüht sind. Wo man etwas sieht, sieht man Szenen aus der Vergangenheit, als der Fluss noch offen war. Im 13. Jahrhundert wurde parallel zum Birsig ein Kanal erbaut. 16 Wasserräder trieben über Generationen unter anderem Pulver- und Gewürzstampfen sowie Papiermühlen an.

Scheibe dreht parkende Autos

Irgendwann tauchen neben den dicken Fernwärme-Rohren noch schmalere auf. Bis Mitte der 90er-Jahre sauste hier die Rohrpost von Haus zu Haus. Heute schützen sie Glasfaserleitungen. "Die gelben Pfeile mit rotem Rand markieren Stellen, an denen gestaut werden konnte. Zum Beispiel für Löschwasser." Die Feuerwehr habe mit Holzplanken eine Staumauer errichtet und über den Gulli das Wasser abgepumpt. Ein paar Schritte später ein Bild von einem Auto aus den 60er-Jahren auf einem Parkplatz. Droben war eine Drehscheibe, damit die Fahrzeuge in der extrem engen Sackgasse nicht mühsam wenden mussten. Praktisch für die Fahrer. Prickelnd für die Adrenalin-Junkies, die über dem Fluss auf der Unterseite des Mechanismus im Gestänge saßen und sich mitdrehen ließen. 2006 machte ihnen die Stadt einen Strich durch die Rechnung und ließ die Scheibe zuschweißen.

Kino im Kanal

Heute gibt es gleich daneben ein kleines Kanal-Kino, in dem man allerhand über den 21 Kilometer langen Birsig erfährt. Man sieht vergilbte Bilder vom Nachtigallenwäldchen und von der Stadtmauer, die 3,5 Meter dick war, um bei Hochwasser die Fluten abzuhalten. Man sieht die Häuser, die ganz nah am Fluss standen, damit er nicht nur die Abwässer der Gerber, Schlachter und Anlieger des Gewerbekanals abtransportierte. Auch sämtliche Fäkalien flossen von hier in den Rhein. Geschichten von gefesselten Verbrechern, die man mit Gewichten an den Beinen in den Rhein warf, oder dem roten Wasser, wenn Schlachttag war, erzählt François. Und dass erst im 20. Jahrhundert der Birsig nicht mehr als Kanalisation diente.

Ausstieg am Gulli am Marktplatz

Plötzlich flattern Tauben über die Köpfe. Noch kann man den Ausgang nicht sehen, doch die Tiere kommen von der Rheinmündung ins geschützte Terrain. Von oben hört man die Trambahn rumpeln. Wieder deutet François hinauf. Diesmal zu einem Gulli am Marktplatz. Im Volksmund ist er als Fasnachtsloch bekannt, weil lange Jahre alle Überreste des närrischen Treibens hier schnell und unbürokratisch in die Tiefe gekehrt wurden. Wo die Luft von der Rheinmündung auf Feuchtigkeit von oben trifft, wachsen Mini-Stalaktiten von der Decke. 1,5 Meter sind es von dort bis zur Fahrbahn. Etwa so weit geht es nach eineinhalb Stunden in der Unterwelt auch die eiserne Treppe an der Schiffslände hinauf. Hier fließt der Birsig in den Rhein. Die Sonne blendet. Normale Geräusche erscheinen furchtbar laut. Und für einen Augenblick fühlt man sich der Welt der vergilbten Bilder viel näher als der Gegenwart.

Weitere Informationen:

Basel Tourismus, Aeschenvorstadt 36, CH - 4010 Basel, Tel. 0041/61/2686868, www.basel.com

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