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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Reiserlebnis in den Alpen Das spektakuläre Igludorf an der Zugspitze
Für eine Nacht im Iglu muss man nicht zum Polarkreis pilgern, auch in den Alpen entstehen Winter für Winter coole Locations aus Schnee und Eis. Etwa auf der Zugspitze, wo das Iglu-Dorf noch bis Anfang April geöffnet hat
Luft: minus 10 Grad, Wasser: plus 39 Grad, Panoramasicht: mindestens 180 Grad. Geräusch: keines. Lichtquellen: nur sanftes Blau im Pool und Tausende von Sternen, die die aufragenden und aufregenden Gipfelnachbarn der Zugspitze ins rechte Licht rücken. "Wir fühlen uns wie Königin und König", sagen Jana und Christoph und hören mit dem Kichern gar nicht mehr auf. Ihr Hochgefühl begründet sich nicht zuletzt dadurch, dass die wohlige Planscherei in Deutschlands höchstem Whirlpool ein exklusives Privileg für Gäste des Iglu-Dorfes ist, einem von gerade einmal zweien in Deutschland (das andere befindet sich in Oberstdorf).
"Fehlen eigentlich nur noch Cocktails und Zigarren", meint Christoph. Aber aus Sorge vor Scherben und anderen Verunreinigungen sind derartige Späße im Badebereich untersagt. Doch auch mit dem Sterne-und-sich-gegenseitig-Angucken halten es die beiden problemlos eine Stunde lang im Sprudelbecken aus.
Saunieren unter freiem Himmel
Andere Gäste zieht es derweil in das vor ein paar Jahren ergänzte Saunafass nebenan. Doch auch hier kommt irgendwann der kritische Moment des Aus-der-Wärme-hinaus-und-in-die-Kälte-hinein-Müssens. Dann gilt es, das Temperaturlevel im Körper stabil zu halten, etwa durch eine Nachtwanderung zum Windloch samt Blick hinab aufs tirolerische Ehrwald, bei der man gut ins Schwitzen kommt. Oder beim Käsefondue samt Wein im imposanten, etwa zehn mal zehn Meter großen und bis zu 6,50 Meter hohen Gruppeniglu.
Schlafen bei minus vier Grad Kälte
Aber so sehr man auch durch den Schnee stapft oder bei seinem weißen Glühwein hin und her wippt: Irgendwann spürt man die Kälte. Dann geht es entweder erneut in einen der Whirlpools – oder in die Schlafhöhlen. Dort warten Daunenschlafsäcke, deren Toleranzbereich bis minus 42 Grad reicht und somit bewirkt, dass in dem rund null bis vier Grad kalten Igluräumen dem ein oder anderen sogar derart mollig wird, dass er wie Christoph den Schlafsack in der Nacht öffnen muss. "Ich hätte nie gedacht, dass es so warm wird. Die Matten und Schaffelle sorgen auch von unten für zusätzliche Wärme", so die unerwartete Erkenntnis.
3000 Tonnen Schnee auf einem Iglu
Eine andere sieht so aus: Ruht man so auf seinem ebenfalls aus Schnee gefertigten Schlafpodest und betrachtet im Kerzenschein die von hier aus nur etwa eineinhalb Meter hohe Decke, könnte es einem mulmig werden. Immerhin lasten insgesamt etwa 3000 Tonnen Schnee auf den Iglus. Doch die allermeisten Kurzzeit-Igluianer sind von den bisherigen Erlebnissen so angetan – und erschöpft –, dass kein Gedanke mehr an Worst-Case-Szenarien verschwendet wird. Für Vertrauen sorgt neben den Notausgängen auch die Story vom rund sechs Tonnen schweren Pistenbully, der absichtlich über drei Suiten gefahren ist, ohne dass die Eishöhlen einstürzten.
Iglubau mit Luftballons
Nun fragt man sich natürlich: Wie rauscht ein Pistenbullyfahrer über ein Iglu? Die Zugspitz-Variante hat mit den aus Schneeblöcken hergestellten Polar-Eishäusern wenig zu tun. "Von außen sieht das Bauwerk eher aus wie ein riesiger Schneehügel, die Dörfer lassen wir im Inneren durch miteinander verbundene Gänge entstehen", erklärt Adrian Günter, Gründer und Geschäftsführer der acht Dorfableger umfassenden Iglu-Dorf GmbH. Er hat zugleich ein Patent angemeldet, wie er die Iglus rund zehn Mal so schnell erbauen kann wie die Inuit-Versionen. Wie das geht? "Dazu werden riesige Luftballons aufgeblasen und dann mit einer Schneefräse immer und immer wieder beschneit. Wird die Luft abgelassen, bleibt das fertige Iglu stehen."
Jährlich neu erschaffenes Dorf
Auf dem Zugspitzplatt unterhalb von Deutschlands höchstem Gipfel entstanden in diesem Winter auf diese Weise bereits zum 13. Mal rund 20 Iglus, die von oben gar nicht als solche zu erkennen sind, da sie sich alle unter einer durchgängigen und bis zu drei Meter dicken Schneeschicht befinden. Die ganzen Ausmaße der verbauten Fläche von 1.200 Quadratmetern erkennt erst, wer das Jahr für Jahr neu erschaffene "Dorf" von innen betritt. Das Höhlensystem wurde dabei immer komfortabler. Statt in den Schnee geschmolzene Leuchtstoffröhren beleuchten nun Lampen die schmucken, mit Holzbrettern versehenen Gänge. Davon zweigen die stets anders gebauten Schlafhöhlen, das "Restaurant" und das WC samt Campingtoiletten ab. Und die auch für Nicht-Übernachtungsgäste geöffnete Bar.
Koppelbare Schlafsäcke im Liebesnest
"Ich hab' mir das viel kleiner, enger und niedriger vorgestellt", meint Jana. "Hier sieht es ja eher aus wie in einem Hotel." So wie Jana ergeht es vielen. Jeder, der den Baukomplex zum ersten Mal betritt, ist fasziniert. Erst recht von den Kunstwerken, die die Eiskünstler, darunter eigens eingeflogene Inuit, schaffen. Jedes Jahr stehen die Schnitzereien unter einem anderen Motto, in diesem Jahr Barock. Besonders üppig verziert wird das etwas abseitige "Love Nest". Neben der Eiskunst rechtfertigen koppelbare Schlafsäcke, ein Sektempfang und die Tatsache, die Höhle zu zweit und nicht zu sechst zu bewohnen, den Aufpreis.
Luxusvariante oder Abenteuergefühle?
Wer Wert auf eine eigene Campingtoilette legt, der bucht das "Romantik-Iglu Plus", das überdies noch mehr "Wohnfläche" bietet; wer mit Nachwuchs anreist, der ist im Family-Iglu richtig. Die Luxusvariante für zwei mit eigenem Jacuzzi gibt es nur an den Schweizer Standorten Gstaad, Davos-Klosters und Zermatt. Im Iglu-Dorf Engelberg wartet gar ein komfortables Doppelbett samt Ofen.
So viel Komfort wollen viele aber gar nicht, es sollen schließlich Abenteuergefühle aufkommen. Und durchaus auch andere. Selbst wenn nicht jeder seine Privatsphäre offenlegt: Einige im Iglu-Dorf gemachte Heiratsanträge sind offiziell überliefert, die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen. Ein Paar aus Oberammergau verbrachte im Romantik-Iglu gar seine Hochzeitsnacht. Ein Gedanke, der auch Jana und Christoph ziemlich gut gefällt.
Weitere Informationen:
Die Iglu-Dorf GmbH betreibt acht Standorte – in Zermatt, Engelberg, Gstaad, Davos-Klosters, am Stockhorn und am Schilthorn, in Andorra und auf der Zugspitze. Die Saison dauert in der Regel bis Anfang April, auf der Zugspitze etwa bis 8. April 2018. Infos und Buchung: Tel. 0041/41/6122728, www.iglu-dorf.com