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Zum journalistischen Leitbild von t-online.100 Euro aufwärts Spitzenpreise für deutsche Spitzenweine
Luxuswein aus Deutschland? Aber klar! Seit einigen Jahren hat deutscher Wein internationales Top-Renommee - da sind die Preise für die Spitzengewächse drastisch gestiegen. Ein solcher Spitzenwein kostet rund 150 Euro die Flasche. Ihn gibt's aber nur, wenn man eine Kiste anderer guter Flaschen für mindestens 600 Euro kauft. Und es gibt viele weitere solche Beispiele. Selbst junge Süßweine erzielen bei Versteigerungen längst vierstellige Erträge. Solche Preise sind bei Deutschlands Top-Betrieben keine Seltenheit mehr – im Gegenteil.
"Die ersten deutschen Rieslinge haben inzwischen locker die 100 Euro-Marke überschritten, und dieser Trend wird sich fortsetzen", erzählt Gernot Dorsch, Teilhaber der renommierten Weinhandlung "Frankfurt/Wein". In seinen Regalen stehen die besten deutschen Weine in großer Auswahl; über deren Preisentwicklung spricht er regelmäßig mit den Topwinzern.
Spätburgunder für 130 Euro
Deutsche Rotweine, über Jahrzehnte vom Publikum belächelt, gehen schon seit einigen Jahren zu dreistelligen Beträgen an die Kunden, berichtet er: "Die besten deutschen Spätburgunder kosten derzeit zwischen etwa 80 und 130 Euro", erzählt er, "aber je nach Kundenstruktur schwanken die Preise im Handel." >>
Vor allem der Riesling ist wieder da: Typisch für diesen Trend waren zwei Ergebnisse bei der traditionellen Weinversteigerung im Herbst 2014 der im Verband deutscher Prädikatswinzer (VDP) zusammengeschlossenen Betriebe in Bad Kreuznach: Der Riesling "CO Liquid Earth" des renommierten rheinhessischen Weinguts Battenfeld-Spanier erzielte 137 Euro pro Flasche - und das bei einem Angebot von 240 Flaschen, die unter den Hammer kamen. "Für den CO markiert Weingut-Besitzer Hans-Oliver Spanier im Herbst die kargsten Stöcke im Zellertal - diese Trauben werden zuletzt geerntet.
Er will mit diesem Wein eine andere Dimension zeigen - einen Generationenwein", erklärt seine Frau Carolin Spanier-Gillot die Besonderheit dieses Weins. Zudem erhielt eine 2012-er Doppelmagnum-Flasche (enthält die Menge von vier 0,75l-Flaschen) des legendären Rieslings "G-Max" von Klaus Peter Keller aus Rheinhessen den Zuschlag bei 6372 Euro. Damit wurde sie "zum höchsten Preis verkauft, der jemals international für einen trockenen Weißwein erzielt wurde.", erzählt Gernot Dorsch. >>
Dabei dient teurer Wein auch als Investment. "Diese Preise werden vom internationalen Markt definiert", erklärt er den Höhenflug, "wer im Ausland sehr gefragt ist, kann es sich leisten, ein paar Kunden ab Weingut zu verlieren." Denn in den USA, in China, Japan und Hongkong sind es die Kunden gewohnt, für Top-Weine auch Top-Preise zu zahlen. "Wer dort keinen selbstbewussten Preis aufruft, der gehört nicht in die Spitzenkategorie. Einen Riesling der Weltspitze kann es dort nicht für 25 Dollar geben", erklärt er die zwingende Logik. In Deutschland bleiben die Weinfreunde bei hohen Preisen aber skeptisch: "Weingüter, bei denen wohlhabende Privatkunden bestellen, werden kleinere Flaschenmengen auch für 100 Euro aufwärts los", berichtet Gernot Dorsch, "aber wir beobachten in Größenordnungen ab 40 Euro eine eher abnehmende Kaufbereitschaft."
Tatsächlich sind die neuen Spitzenreiter in Renommee und Preis vor allem Weingüter, die sich über Jahre ein internationales Top-Image aufgebaut und gepflegt haben. Zu ihnen gehört beispielsweise der berühmte Saar-Winzer Egon Müller. Seine edelsüßen Rieslinge aus der Top-Lage Scharzhofberg kosten seit Jahren in USA und Asien vierstellige Beträge - in Deutschland sind sie nur bei absoluten Liebhabern und Experten gesucht. Dazu kommen einige Güter an der Mosel wie J.J. Prüm, die Pfälzer Weingüter Christmann und Bürklin-Wolf, das Traditionsweingut Weil im Rheingau sowie einige Rotweingüter an der Ahr - um nur einige Beispiele zu nennen. Selbst im Bordelais erzielen seit 1982 nur die 25 weltbekannten Spitzen-Château wie Pétrus, Lafite, Latour und Mouton astronomische Preise, sehr feine Weine aus der dritten und vierten Kategorie sind dagegen relativ bezahlbar geblieben. "Dieser Trend setzt auch hier ein: Wer im Ausland renommiert ist, Top-Bewertungen erzielt und Wettbewerbe gewinnt, kann dieses Selbstbewusstsein auch im Preis ausdrücken", betont Dorsch. Spitzenweine erzielen eben Spitzenpreise.
Ein besonderer Wein: Der G-Max
Der international schon lange aktive Klaus Peter Keller hat die Preise für trockene Spitzenweine aus Deutschland neu definiert. Dabei arbeitet er nicht in Traditionslagen, sondern in einer Region, die nach dem Zweiten Weltkrieg eher Schoppenweine produzierte. >>
Doch seit Jahren bewerten die Weinkritiker seine Kollektionen durchgehend mit Bestnoten. 2008 erhielt er etwa vom "Wine Advocate" des damals weltweit wichtigsten Weinkritikers Robert Parker die Note "Outstanding". Neben den heute ebenfalls deutlich über 100 Euro teuren Rieslingen guter Jahrgänge aus Lagen wie dem Westhofener Morstein hat sich vor allem ein Wein in wenigen Jahren an die Spitze gesetzt: Kellers G-Max. Der Name hat nichts mit einem Familien-Van zu tun, sondern ist von den Anfangsbuchstaben seines Vaters Georg und seines Sohnes Maximilian hergeleitet.
Preiserhöhung, um hohe Nachfrage zu bremsen
2001 produzierte er erstmals diesen Wein, der - ungewöhnlich für Deutschland - keine Lagenbezeichnung trägt. Es ist ein Cuvée aus den allerbesten Parzellen seiner Weinberge. Nur etwa 1600 Flaschen füllt er pro Jahrgang, und deren außergewöhnliche Qualität sprach sich schnell herum. Die Weine waren ausverkauft, kaum dass er sie im Weingut anbot. Also begann er, den Flaschenpreis auf damals utopisch hohe 60 Euro zu schrauben, nur um die Nachfrage im Weingut zu bremsen. Es gelang nicht. Heute bekommt man den G-Max nur, wenn man auf der Kundenliste steht und bereit ist, die "Kellerkiste" zu kaufen. Darin befinden sich, je nach Jahrgang, sechs oder zwölf Flaschen bester Weine, darunter eine oder zwei des G-Max. Sie kostet jeweils 600 oder knapp 1200 Euro. Nur wer eine Kiste bestellt, erhält das Angebot im folgenden Jahr wieder.
Dennoch ist Kellers G-Max auch im seriösen Weinhandel erhältlich - allerdings meist nur mit saftigem Aufschlag. Die Jahrgänge 2012 und 2013 kosten derzeit zwischen etwa 450 und 750 Euro pro Flasche. Dies beobachten auch die Winzer sehr genau und testen den Markt. Es wird nicht allen gelingen - doch schon in wenigen Jahren werden mehr Weingüter dabei sein. Beim Wein ist Deutschland wieder wer - und das hat eben seinen Preis. Die Spitzenweine finden Sie auch nochmal in unserer Foto-Show.
Tipp von der wanted.de-Redaktion: Trinken Sie Spitzenweine niemals aus Römern - dabei geht der Geschmack verloren. Die richtigen Gläser finden Sie hier. Aus minderwertigen Gläsern können Sie sonst auch Discounter-Weine trinken.