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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Verbraucherschützer warnen So verschaukelt uns die Lebensmittel-Werbung
Mancher Joghurt ist "gesünder" als ein normaler - zumindest in der Werbung. Verbraucherschützer monieren, dass Kunden auf Etiketten häufig mehr Wohlbefinden angepriesen wird, als eigentlich erlaubt ist. Vor allem bei Produkten für Kleinkinder wird im großen Stil geschummelt.
Viele Lebensmittel mit versprochenem Extra-Nutzen für die Gesundheit locken Kunden nach Angaben der Verbraucherzentralen mit irreführenden Aufdrucken auf der Packung.
Werbung bricht oft mit EU-Vorgaben
Zu oft betrieben die Hersteller "Schönfärberei auf dem Etikett", kritisiert Klaus Müller, Vorsitzender des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv). In einer Stichprobe stellte sich heraus, dass bei 22 von 46 Produkten gesundheitsbezogene Aussagen getroffen wurden, die über die EU-weit erlaubten Formulierungen hinaus gingen.
Unberechtigte Gesundheitsversprechen
Prominentes Beispiel: Das Becel Cuisine Omega-3 Pflanzenöl von Unilever. So stand statt der zulässigen Formulierung "tragen zu einer normalen Herzfunktion bei" auf dem Etikett des Speiseöls "für ein gesundes Herz-Kreislaufsystem". Der Wortlaut von Gesundheitsversprechen ist aber streng nach EU-Regeln vorgegeben.
Die Verbraucherschützer beklagen: "Statt auf eine normale Funktion hinzuweisen, wirbt der Anbieter mit einem Gesundheitsversprechen."
Nicht zugelassene Formulierungen
In der Stichprobe fanden sich auch Produkte, die mit nicht zugelassenen Formulierungen warben. Der Saft "Vitesse für Nerven und Muskeln" von Rabenhorst beispielsweise wirbt mit dem Slogan "Zur Unterstützung von Nerven und Muskeln durch Magnesium und die 8 Vitamine des B-Komplexes ergänzt". Diese Behauptung ist nicht für alle acht Vitamine des B-Komplexes zugelassen, argumentieren die Verbraucherschützer.
Schummeln bei Lebensmitteln für Kinder
Vor allem bei Produkten für Kinder mogeln die Hersteller. Auf Getreideriegeln von Alete wird die von der EU erlaubte Formulierung "Calcium zum Aufbau der Knochen" und "Eisen zur Unterstützung der Blutbildung und geistigen Entwicklung" verwendet. Aus Sicht der Verbraucherzentralen sollte es jedoch verboten werden, diese positiven Formulierungen auf dem Produkt zu verwenden. Sie verdecken nämlich ein großes Manko: dass zu viel Zucker in dem Riegel steckt, verschweigen die Hersteller. Dabei wird die Grenze von 22,5 Gramm Zucker je 100 Gramm stark überschritten: Das Produkt enthält 37 Gramm Zucker.
Bei Produkten für Kinder haben die Verbraucherschützer besonders häufig festgestellt, dass positive Formulierungen unerlaubt verstärkt werden. Bei neun von zehn getesteten Produkten wurde übertrieben - zum Beispiel leisteten die Inhaltsstoffe einen "wichtigen Beitrag zum Aufbau der Abwehrkräfte". Erlaubt ist aber nur die Formulierung, dass die Stoffe zu "einer normalen Funktion des Immunsystems" beitragen.
Süßstoffe in "ungesüßten" Produkten
Laut einer Umfrage mit insgesamt 750 Teilnehmern wird die Angabe "ungesüßt" oft falsch verstanden. Solche Produkte dürfen Süßstoffe enthalten, was 70 Prozent der Befragten aber für unzulässig gehalten hätten. Aus dem Grund sollten Produkte mit viel Zucker und Fett gar nicht mit Gesundheitsbezug beworben werden dürfen.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen forderte zudem, dass wichtige Informationen für den Kauf auf die Vorderseite der Packung gehörten. Dies sollten mehr Hersteller freiwillig umsetzen, sagt Müller.
Wer sich gesünder ernähren will, sollte mehr unverarbeitetes Gemüse und Obst essen und der Werbung nicht alles glauben, raten die Verbraucherschützer.