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Wenn Kinder ihre Eltern nerven


Tabuthema
"Mein Kind nervt!" Darf man das zugeben?

Kinder sind das Schönste, das einem passieren kann. Man wusste vorher gar nicht, dass man so viel Liebe in sich haben kann. Aber Kinder können richtig nerven. Eltern geben das ungern zu. Dabei müssen sie ihre Bedürfnisse nicht komplett vernachlässigen, um eine gute Mutter oder ein guter Vater zu sein.

Aktualisiert am 14.07.2016|Lesedauer: 3 Min.
t-online, Simone Blaß
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Es gibt Situationen, die kennen alle Eltern: Kleinkinder in der Trotzphase, die sich zum gefühlt hundertsten Mal allein an diesem Tag auf den Boden schmeißen oder die versuchen, die Wände mit Filzstift zu bemalen, während die Mama versucht, dem Geschwisterkind Mathe zu erklären. Grundschulkinder, die so gar nicht einsehen wollen, warum sie früh fertig sein müssen, wenn der Schulbus kommt oder wieder mal die Fußballschuhe vergessen haben und es erst kurz vor knapp merken. Oder Jugendliche, die allem widersprechen, was man sagt, wenn sie denn überhaupt mit einem reden.

Zuzugeben, dass die eigenen Kinder hin und wieder nerven, ist keine Schande für Eltern.Vergrößern des Bildes
Zuzugeben, dass die eigenen Kinder hin und wieder nerven, ist keine Schande für Eltern. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Theoretisch möchte man all diese Situationen mit Geduld und Sanftmut lösen. An manchen Tagen geht das auch. An anderen aber nicht - und wer sich dann nicht eingesteht, dass er auch vom eigenen Kind einmal genervt sein darf, der begibt sich in eine gefährliche Schleife.

Sensibel auch mit den eigenen Gefühlen umgehen

Ein Kind spürt, wenn Eltern, die Zähne zusammenbeißen, um nicht zu explodieren. Letztendlich geht es ihnen dann wie einem Dampfkochtopf. Irgendwann ist der Druck zu groß und die Explosion der Situation oft gar nicht mehr angemessen. "Was folgt, sind Traurigkeit, Selbstvorwürfe und -zweifel", erklärt Ulrich Gerth, der Vorsitzende der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke).

"Das liegt einerseits an den Ansprüchen, die gesellschaftlich heute an die Eltern gestellt werden und die sie auch an sich selbst stellen. Man erwartet sozusagen, dass man die Sache im Griff hat und sich nicht aus der Ruhe bringen lässt, nötigenfalls einfach die richtigen Bücher liest. Man kann schon sagen, dass es in gewisser Weise tabuisiert ist, zu sagen: Da komme ich jetzt an meine Grenzen! Dabei ist das eine ganz gesunde Reaktion, denn das Genervtsein zeigt, dass ich einen Rest eigener Bedürfnisse habe." Die jedem zustehen, auch Eltern.

Es zeigt außerdem, dass man sensibel mit Gefühlen umgeht - mit denen anderer, aber eben auch mit den eigenen. Man darf einem Kind übrigens durchaus einmal mitteilen, dass es jetzt nervt. Das gibt ihm nicht nur früh genug ein deutliches Signal, das zeigt ihm auch, woran es ist. Allerdings sollte man hier darauf achten, mit Ich- statt mit Du-Botschaften zu arbeiten. Es ist also immer besser zu sagen: "Ich werde jetzt extrem !" statt dem Kind mit einem Vorwurf zu begegnen in Form von "Du bist richtig nervig heute!"

"Dauergequatsche": Auch Eltern können nerven

Übrigens nerven auch Eltern ihre Kinder manchmal. Wobei diese meist kein Blatt vor den Mund nehmen und ein "Du nervst!" genüsslich durchkauen. Geht es dabei um Hygiene oder bestimmte Manieren, dann muss man das in Kauf nehmen, geht es allerdings um den, wie Ulrich Gerth es nennt, Nervfaktor Nummer eins, dann könnte man ja einmal über sein Verhalten nachdenken. "Das Dauergequatsche von Eltern ist für Kinder meist das Schlimmste. Sie erklären, erklären, erklären und das, obwohl das Kind bereits lange verstanden hat, worum es geht, lediglich keine Lust hat zu machen, was es machen soll." Dann sollte man mit dem Gerede aufhören und sich lieber mit dem Widerstand auseinandersetzen.

Anstrengendes Verhalten kann aber auch ein Zeichen des Kindes sein, dass es mehr Beachtung möchte. Denn indem es absichtlich nervt, erreicht es zumindest eine Form der Zuwendung, wenn auch eine negative.

Zeitfenster in der Planung lassen

Der Moment, in dem man registriert, dass man vom Verhalten der Kinder genervt ist, ist der entscheidende. Jetzt gilt es, in sich hinein zu hören und wahrzunehmen, wie man sich fühlt. Jetzt heißt es langsam machen und schnelle Reaktionen zu vermeiden, indem man zum Beispiel einfache Strategien anwendet wie tief durchatmen oder auch kurz den Raum verlassen, um so für einen Moment Abstand zu schaffen. "Das 'Mit etwas Abstand sieht alles anders aus'-Denken hilft, Eskalationen zu vermeiden und handlungsfähig zu bleiben, statt sich in Spiralen zu drehen, die nur Verzweiflung produzieren."

Gerth rät, auf die Auslöser zu achten und so bereits im Vorfeld bestimmte Situationen zu "entzerren". "Manches muss man einfach so organisieren, dass Kinder mitmachen können. Und oft kann man auch den einen oder anderen Anspruch an sich selbst ein wenig runterfahren. Besser ist es, sich selbst und den Kindern Raum zu lassen, Raum zu geben, indem man mehr Zeit einplant." Klar, manchmal muss es schnell gehen, aber sicher nicht immer.

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