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Tornados in Deutschland: So verhalten Sie sich im Ernstfall richtig


Das rät ein Experte
Sieben Tipps retten Sie im Tornado-Ernstfall

Von dpa-tmn, jb

Aktualisiert am 05.07.2023Lesedauer: 5 Min.
Bedrohliches Bild, gruselige Vorstellung: Ein Tornado rast über ein Feld im US-amerikanischen Bundesstaat Colorado.Vergrößern des BildesBedrohliches Bild, gruselige Vorstellung: Ein Tornado rast über ein Feld im US-amerikanischen Bundesstaat Colorado. (Quelle: Meindert van der Haven/getty-images-bilder)

Tornados fräsen sich nicht nur durch die USA. Immer wieder gibt es ebenso Fälle hierzulande. Wir erklären, wie Sie sich bei einem Tornado richtig verhalten.

Tornados sind in Deutschland zwar eher selten, die Gefahr steigt jedoch mit zunehmendem Klimawandel. Wir geben Tipps, wie Sie sich im Ernstfall verhalten sollten.

Regel Nummer 1: Beobachten und abhauen!

Die Luft ist schwül und feucht. Es ist warm, die dicken Gewitterwolken verkünden nichts Gutes. Es wird stürmisch, doch die Wolken ziehen fast in die entgegengesetzte Richtung des Windes, der die Bäume neigt und schüttelt.

Bilden sich nun gewundene, zum Boden zeigende Trichterwolken, die sich schnell nähern, hat man nur eine Chance: Nein, nicht das Smartphone auspacken, filmen, auf YouTube posten und auf Ruhm hoffen. Sondern genau beobachten, wohin sich der Trichter bewegt. Und dann nichts wie weg. Und zwar sofort.

Tornados richten häufig schwere Schäden an. Meist ziehen sie übers offene Gelände, entwurzeln Bäume oder reißen Büsche aus dem Boden. Aber nicht nur das. Häufig sind auch kleine Ansiedlungen von ein paar Häusern betroffen. Denn für eine Verwüstung reicht es oft schon aus, dass der Tornado nur zehn Minuten wütet, und viele Häuser sind infolgedessen unbewohnbar.

Regel Nummer 2: Sei schneller als der Tornado oder suche Schutz!

Das oft lebensgefährliche Phänomen sei "meist ein sehr kleinräumiges", erklärt Meteorologe Andreas Friedrich, Tornadobeauftragter des Deutschen Wetterdienstes (DWD). "Der Durchmesser eines Tornados liegt zwischen wenigen Metern bis knapp unter einem Kilometer." Auf dieser Fläche rotiert der Wolkentrichter mit gewaltiger Energie um die eigene Achse. Tornados haben eine Lebensdauer von nur zwei, drei Minuten – "zehn Minuten sind schon die Ausnahme", sagt Friedrich.

Der Trichter zieht meist "mit etwa 20 bis 60 km/h Geschwindigkeit durch die Landschaft." Das sei im Notfall ein Vorteil: "Allzu schnell bewegt er sich nicht über Land, daher hat man da noch eine Chance, wegzukommen oder Schutz zu suchen."

Regel Nummer 3: Gerate nicht in den gefährlichen Trichter!

Lebensgefährlich wird es, wenn man ins Areal gerät, in dem sich der Trichter dreht. Die Meteorologen teilen die Drehgeschwindigkeit nach der "Fujita-Skala" ein, die 1971 der japanische Sturmforscher Tetsuya Fujita definierte.

Ein Tornado der schwächsten Klassen F0 und F1 dreht sich demnach mit 65 bis 116 km/h. Die höchste jemals gemessene Geschwindigkeit ist bislang die Klasse F5, die bis 512 km/h reicht. Die Energie des kreiselnden Windes sei unvorstellbar groß: "Eisenbahnwaggons und Lkw fliegen durch die Luft, Häuser werden zerstört. Fenster, Türen, Satellitenschüsseln, Solarpanels, Stahlträger, Dächer und Laternen wirbeln nun mit gewaltiger Geschwindigkeit herum. Wer getroffen wird, hat kaum eine Chance", so der Experte. Selbst in Deutschland gab es schon Tornados der höchsten Kategorien.

Regel Nummer 4: Das richtige Zimmer aufsuchen!

Um einen Tornado zu überleben, sollten Sie Schutz in Gebäuden suchen. "Ab ins Haus, aber niemals ins Obergeschoss und weit weg von allen Fenstern. Am sichersten ist der Keller. Wenn das nicht möglich ist, geht man im Erdgeschoss in die Mitte des Hauses. Sicherheit bieten auch Bäder ohne Tageslicht oder das Gäste-WC. Tür zu, abwarten", sagt Friedrich.

Regel Nummer 5: 500 Meter Abstand gewinnen!

Ist man unterwegs, gelte: "Mit Vollgas weg vom Rüssel." Der Meteorologe empfiehlt, kurz die Richtung des Tornado zu beobachten und so schnell es geht in die entgegengesetzte Richtung zu fliehen. "In etwa 500 Metern Abstand ist man außer Gefahr."

Regel Nummer 6: Flach in eine Mulde legen!

"So weit weg von Bäumen wie irgend möglich. Irgendwo in einen Keller fliehen." Sei man beim Wandern: Ab in die Wiese oder die Felder, eine Senke oder Mulde suchen, flach mit dem Gesicht nach unten hinlegen und auf Glück hoffen. Laut Angaben des Deutschen Wetterdienstes ziehen schwächere Tornados dann über einen hinweg "und die Gefahr ist so am geringsten, von umherfliegenden Gegenständen getroffen zu werden."

Regel Nummer 7: Weg von Fahrzeugen!

Auch Autos böten bei höheren Tornadokategorien keine Sicherheit: "Es ist kein Schutz, es ist lebensgefährlich. Das Fahrzeug kann samt Insassen umherfliegen oder von Gegenständen getroffen werden."

Nehmen Tornados in Deutschland zu?

"In Deutschland registrieren wir pro Jahr zwischen 20 und 60 Tornados", erzählt der Wetterexperte. "Die Zahl der registrierten Fälle hat in den vergangenen Jahren zugenommen", berichtet er, "aber nur, weil die Dunkelziffer abnimmt. Immer mehr Menschen melden und dokumentieren Tornados. Vor 20 Jahren war das noch nicht so, es gab ja noch keine Smartphones mit Internetzugang, Foto- und Videokamera."

Das Kerngebiet der Tornadoentstehung auf der Erde ist der US-Bundesstaat Oklahoma im zentralen Süden der Vereinigten Staaten. "Dort entstehen jährlich auf nur einer Fläche von Hundert Quadratkilometern zehnmal so viele Tornados wie in ganz Deutschland", berichtet Friedrich.

Kann man einen Tornado vorhersagen?

Zuverlässige Prognosen, ob und wo genau sich ein Tornado bildet, sind schwer. Der Deutsche Wetterdienst kann zunächst nur ein Risikopotenzial für bis zu 36 Stunden im Voraus erkennen, erklärt der Experte. Es wird für eine bestimmte Region dann nur eine erhöhte Wahrscheinlichkeit festgestellt, dass Tornados in einem relativ großen Gebiet auftreten könnten.

Zielgenauere Vorhersagen für Kreise oder einzelne Orte seien nur möglich, wenn ein Beobachter den Meteorologen zeitnah mitteilt, dass schon ein Tornado oder eine Vorstufe, die sogenannten Trichterwolken, gesehen wurden, so Friedrich weiter. Das bedeute dann, dass schon innerhalb weniger Minuten ein weiterer Tornado auftreten könne.

Wie entsteht der Tornado?

Ein Tornado entsteht, wenn in einer Region eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit herrscht, es am Boden warm und die Wolkenuntergrenze nicht höher als ein Kilometer ist. Ist es bei einer Gewitterfront oben sehr kalt und am Boden warm, entsteht ein massiver Luftdruckunterschied. Der warme, gasförmige Wasserdampf bewegt sich nach oben, dabei wird massiv Energie frei, die verwirbelt. Dazu entstehen oben und unten zwei Windrichtungen, eine "Windscherung". Daraus bildet sich eine Rotation, die aufgrund der gewaltigen Energie sogar noch zunehmen kann.

Warum das geschieht, ist auch unter Forschern nicht geklärt. "Ein Frühwarnsystem gibt es daher nicht", bestätigt Friedrich, "unsere Satellitenbilder und Radarechos helfen uns hier nicht."

Melden aber "Storm Chaser", die sich als ausgebildete Unwetterwarner zusammengeschlossen haben, eine Windhose, kann der DWD mit seinem von Friedrich betreuten Warnmanagement die Windänderungen, Luftdruck- und Temperaturverläufe sowie die Wolkenuntergrenze in genau diesem Areal abrufen. Dazu kommen die Daten der Modellvorhersagen. "Werden die Schwellenwerte überschritten, geht als erstes ein Voralarm an die Rettungsdienste und die Feuerwehr raus. Danach folgt die Unwetterwarnung an die Öffentlichkeit. Aber wo exakt der Tornado ausbrechen wird, können wir bislang nicht vorhersagen."

Unterschied zwischen Hurrikan und Tornado

Im Gegensatz zu Tornados sind Hurrikans vorhersagbarer – allerdings auch weitläufiger. Diese Wirbelstürme entstehen über dem Meer. Beträgt die Temperatur der Wasseroberfläche mindestens 26 Grad, verdunstet das Wasser. Kommt nun noch ein Tief hinzu, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ein entsprechendes Wetterphänomen zustande kommt.

Übrigens: Entstehen derartige Wirbelstürme im Indischen Ozean, werden sie als Zyklon bezeichnet.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa-tmn
  • Eigene Recherche
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