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Animal Hoarding: Immer mehr Fälle in Deutschland – was steckt dahinter?


Verschiedene Subtypen
Animal Hoarding: Was hinter der Tier-Sammelsucht steckt

Von t-online, lhe

23.05.2024Lesedauer: 3 Min.
imago images 0142660011Vergrößern des Bildes
Unzählige Hunde auf einem verwahrlosten Hof: Unter dem Animal Hoarding leiden die Tiere oft sehr. (Quelle: J. S. Peifer via www.imago-images.de/imago)

In Deutschland nehmen die Fälle von Animal Hoarding zu. Dabei sammeln Menschen krankhaft Tiere, können sich aber nicht mehr um sie kümmern. Was dahintersteckt.

Mehr als 34 Millionen Heimtiere lebten 2023 in Deutschland. Für viele Menschen sind ihre Tiere Familienmitglieder, die gehegt und gepflegt werden. Manchmal geht die Tierliebe aber auch zu weit. Aus unterschiedlichen Gründen sammeln Menschen dann Hunde, Katzen, Kaninchen und Co. Oft sind die Halter mit der schieren Anzahl überfordert – nicht selten leiden die Tiere dann unter Vernachlässigung. Kürzlich wurde beispielsweise ein Fall aus Oldenburg bekannt. Dort mussten über hundert Tiere aus einem Haushalt befreit und ins Tierheim gebracht werden.

Und die Fälle des sogenannten Animal Hoarding nehmen zu. Nach Angaben des Deutschen Tierschutzbundes wurden im vergangenen Jahr so viele Wohnungen und Häuser ausgeräumt wie nie zuvor – dabei war nach Verbandsangaben bereits 2022 mit 73 Fällen ein Höchststand erreicht worden. Doch was genau steckt hinter dem krankhaften Sammeln von Tieren?

Beim Animal Hoarding halten Menschen Tiere in großer Zahl, sind aber nicht in der Lage, sich angemessen um sie zu kümmern – zum Beispiel in Bezug auf Ernährung, Hygiene und tierärztliche Versorgung. Oft sind die Betroffenen selbst nicht in der Lage, ihre Situation zu erkennen. Animal Hoarding gilt in Deutschland nicht als eigenständiges Krankheitsbild.

Vier unterschiedliche Typen von Animal Hoardern

Die Ursachen für die krankhafte Sammelsucht sind oft Einsamkeit oder auch Schicksalsschläge, wie der Verlust von einem geliebten Mensch oder des Jobs. "In der heutigen Zeit vereinsamen die Menschen, es geht ihnen die Bindung zu anderen Menschen verloren", erklärt Nina Brakebusch, Fachexpertin für Animal Hoarding beim Deutschen Tierschutzbund.

Unter den "Hoardern" selbst gibt es insgesamt vier Subtypen:

  • Der Pflegertyp: Sieht seine Tiere als Familienmitglieder, ist sozial eher isoliert. Tiere sind anfangs meist in gutem Zustand, durch einen Schicksalsschlag kippt die Situation. Mehr Tiere kommen hinzu, Überforderung und Vernachlässigung sind die Folge. Der Pflegertyp sieht sein Problem in vielen Fällen ein und ist kooperativ gegenüber den Behörden, auch wenn das Hoarding an sich bagatellisiert wird.
  • Der Rettertyp: Rettet Tiere aus vermeintlich schlechten Situationen – anfangs oft in überschaubarer Anzahl, später wird das Retten zu einer Zwangsstörung. Sozial nicht unbedingt isoliert, versucht aber in vielen Fällen, das Hoarding zu verstecken und ist nicht kooperativ gegenüber den Behörden.
  • Der Züchtertyp: Züchtet Tiere für den Verkauf oder für Ausstellungen. Anzahl der Tiere nimmt mit der Zeit zu – durch gezielte, aber auch ungezielte Vermehrung. Adäquate Versorgung kann wegen der steigenden Anzahl irgendwann nicht mehr gewährleistet werden. Der Züchtertyp versteckt seine Tiere oft, ist aber moderat kooperativ.
  • Der Ausbeutertyp: Hält Tiere zur Befriedigung eigener Bedürfnisse – etwa, um einen starken Kontrollzwang ausüben zu können. Dieser Subtyp leidet oft an einer Persönlichkeitsstörung und empfindet wenig oder keine Empathie gegenüber Tieren oder Menschen. Sieht sich als "Experte" und ist stark ablehnend und unkooperativ gegenüber Behörden.

Auch wenn es von Typ zu Typ variiert, ist der Umgang mit Animal Hoardern oft schwierig – für Angehörige, aber auch für Tierschützer und Behörden. Selten lassen sich Animal Hoarder therapieren, in fast allen Fällen werden sie nach Angaben des Tierschutzbundes zu Wiederholungstätern. Da das Animal Hoarding nach wie vor kein anerkanntes Krankheitsbild ist, finanzieren die Krankenkassen auch keine Therapien.

Was kann man bei Animal Hoarding tun?

Für die Tiere sind solche Situationen nicht nur Stress pur, sondern in vielen Fällen auch gefährlich. Nicht selten sterben sie an Unterernährung oder unbehandelten Krankheiten. Da viele Hoarder ihre Tiere verstecken, dauert es oft lange, bis Angehörige, Nachbarn oder Behörden auf die Sammelwut aufmerksam werden.

Allerdings gibt es einige Warnsignale. Die baden-württembergische Landestierschutzbeauftragte Julia Stubenbord erklärt dazu: "Nehmen Sie Fäkalgeruch wahr oder anhaltendes, vielleicht vielstimmiges lautes Bellen, sehen Sie abgemagerte Tiere, dann können Sie das dem Veterinäramt melden".

Das Veterinäramt sucht dann zunächst ein Gespräch mit dem Tierhalter und versucht, die Situation zu erörtern. Meistens werden solche Gespräche sowie der Zutritt zur Wohnung oder zum Grundstück allerdings verweigert. Bei einem ausreichenden Verdacht verhängt das Veterinäramt Bußgelder oder Auflagen und verpflichtet die Halter etwa dazu, die Haltungsbedingungen zu verbessern.

Wenn auch das keine Verbesserung bringt, können die Auflagen verschärft werden, indem beispielsweise eine Begrenzung der Tieranzahl verordnet wird. In extremen Fällen können die Tiere beschlagnahmt und Halteverbote ausgesprochen werden. Da die Gesetzgebung von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich ist, gibt es allerdings kein einheitliches Vorgehen.

Trotz behördlicher und gerichtlicher Auflagen und Verbote machen viele Animal Hoarder aber oft weiter – etwa, indem sie umziehen oder auf andere Tierarten ausweichen. Im Deutschen Tierärzteblatt heißt es dazu, dass langfristige Veränderungen nur von den Haltern selbst ausgehen können. Im Vordergrund der Maßnahmen gegen das Hoarding sollte daher vor allem das "Fördern der Selbsterkenntnis" stehen.

Verwendete Quellen
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