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Wechseljahre: Sensationelle Entdeckung könnte Rätsel der Menschheit lösen


An Schimpansen in Uganda
Sensationelle Entdeckung könnte Rätsel der Menschheit lösen

Von t-online, mab

28.10.2023Lesedauer: 4 Min.
Schimpansen in Uganda: Wohl nirgendwo in freier Wildbahn werden sie älter. Dadurch kam es zu einer bahnbrechenden Entdeckung.Vergrößern des Bildes
Schimpansen in Uganda: Wohl nirgendwo in freier Wildbahn werden sie älter. Dadurch kam es zu einer bahnbrechenden Entdeckung. (Quelle: Kristin Mosher / DanitaDelimont.)

In der Ngogo-Gemeinschaft im Westen Ugandas haben Forscher eine erstaunliche Entdeckung gemacht. Sie könnte auch dabei helfen, eine uralte Frage zu beantworten.

Schimpansen sind unsere nächsten lebenden Verwandten im Tierreich. Nun fanden Forscher heraus: Weibliche Schimpansen erleben die Menopause, die bisher nur bei Menschen und einigen Walarten beobachtet wurde. Die Gründe dafür sind noch unklar. Aber die Erkenntnis könnte dazu beitragen, das Rätsel der Wechseljahre endlich zu lösen.

Schimpansenmutter Garbo

Garbo, eine Schimpansenmutter in der Ngogo-Gemeinschaft im Westen Ugandas, ist etwas ganz Besonderes. Sie ist etwa 67 Jahre alt – und lebt bereits viele Jahre jenseits ihrer biologischen Fortpflanzungsfähigkeit. Das ist eine erstaunliche Beobachtung, denn außer beim Menschen wurde sie bisher in freier Wildbahn nur bei einer Handvoll Zahnwalarten gemacht. Und Garbo ist mit ihrem hohen Alter in Ngogo nicht allein. Andere Schimpansenmütter sind ähnlich alt, einige sogar noch älter.

Diese älteren Weibchen neigen dazu, weniger gesellig zu sein und mehr Zeit allein zu verbringen – wahrscheinlich, weil sie körperlich geschwächt sind. Sie verlieren an Muskelmasse, werden dünner. Ihr Fell wird grauer, dünner, faltiger und fleckiger. Auch die Zähne nutzen sich ab.

Das ist Ngogo

Die Forschungsstation im Kibale-Nationalpark ermöglicht vielen Schimpansen ein langes und relativ ungestörtes Leben. Das reichhaltige Nahrungsangebot und das Fehlen natürlicher Feinde tragen dazu bei, dass Schimpansen wie Garbo dort ein hohes Alter erreichen können.

Schimpansen haben Wechseljahre

Dieses Phänomen haben Forscher der Arizona State University (USA) mit hohem Aufwand untersucht. Dabei fanden sie heraus, was sie nun in einer Studie veröffentlichten: Schimpansenweibchen im Ngogo-Schutzgebiet verbringen etwa 20 Prozent ihres Erwachsenenlebens in der Menopause und leben somit weit über das Ende ihrer Fortpflanzungsfähigkeit hinaus.

"Niemand hätte gedacht, dass bei Schimpansen die Wechseljahre auftreten", sagt Brian Wood, einer der Autoren der Studie. "Jetzt wissen wir, welche ökologischen und sozialen Bedingungen dafür notwendig sind."

Zwar haben Schimpansen in Gefangenschaft schon früher Anzeichen der Menopause gezeigt: Sie können ein Alter erreichen, das über ihre Fortpflanzungsfähigkeit hinausgeht. Bisher gelang es aber nicht, ein ähnliches Verhalten in wilden Populationen zu dokumentieren. Die Autoren nennen einen möglichen Grund: Die meisten Schimpansenweibchen leben nicht lange genug, um ein biologisches Stadium zu erreichen, in dem sie sich nicht mehr fortpflanzen.

Selbst eine Erkältung kann Schimpansen auslöschen

"Die meisten Schimpansenpopulationen werden wegen der Auswirkungen des Menschen nicht einmal 50 Jahre alt", sagt Kevin Langergraber, einer der Autoren der Studie und Anthropologe an der Arizona State University. So würden Menschen Krankheiten verbreiten, die ganze Schimpansenpopulationen auslöschen könnten. Schon eine einfache Erkältung könne ausreichen.

Hier kommt Ngogo ins Spiel, ein Refugium für Schimpansen. Ngogo ist eine von zwei Forschungsstationen, die die ugandische Regierung im Kibale-Nationalpark unterhält, und ist von Menschen relativ ungestört. Die Feigenbäume bieten den Schimpansen ein reichhaltiges und stabiles Nahrungsangebot. Auch natürliche Feinde wie Leoparden gibt es kaum. Die Schimpansen können hier ein langes Leben führen.

"Ngogo unterscheidet sich von anderen Schimpansengruppen dadurch, dass wir viele Weibchen haben, die über 50 Jahre alt werden", sagt Langergraber, Co-Leiter des Ngogo-Schimpansenprojekts. "Wir haben lange Zeit beobachtet, dass viele alte Weibchen durch den Wald streifen, die sich schon lange nicht mehr fortpflanzen."

Hormonelle Veränderungen ähnlich wie beim Menschen

Auf der Grundlage von Beobachtungen über zwei Jahrzehnte sammelten die Forscher demografische und hormonelle Daten über die weiblichen Mitglieder der Gemeinschaft. Sie untersuchten die Sterblichkeits- und Fruchtbarkeitsraten von 185 Schimpansen und fanden heraus, dass die Weibchen im Durchschnitt etwa ein Fünftel ihres Lebens in einem postreproduktiven Zustand verbringen.

Außerdem untersuchten sie Urinproben von 66 Weibchen in verschiedenen Reproduktionsstadien, die sie auf Blättern oder Plastikplanen gesammelt hatten. Sie fanden heraus, dass ältere Schimpansenweibchen Veränderungen in Hormonen wie Gonadotropinen, Östrogenen und Gestagenen aufwiesen, ähnlich wie Menschen in den Wechseljahren. Auch der Zeitpunkt dieser hormonellen Veränderungen war ähnlich wie beim Menschen: Nach 30 Jahren nahmen sie allmählich ab, bis sie im Alter von 50 Jahren zum Stillstand kamen.

"Die Fruchtbarkeitsmuster bei Ngogo-Schimpansen und beim Menschen sind ähnlich", sagt Langergraber. "Es ist derselbe physiologische Mechanismus, der dem Fortpflanzungsstopp bei Schimpansen zugrunde liegt wie beim Menschen."

Warum gibt es die Wechseljahre?

Doch die Frage, warum Schimpansen – und auch Menschen – in die Wechseljahre kommen, ist weitaus schwieriger zu beantworten. Die Menopause ist den Wissenschaftlern schon lange ein Rätsel: Wenn die genetische Priorität der Tiere darin besteht, sich fortzupflanzen, warum leben dann einige weit über diese Fähigkeit hinaus? Die Antworten scheinen bei Schimpansen und Menschen unterschiedlich zu sein.

Beim Menschen ist eine der führenden Theorien, dass ältere Weibchen keine Kinder mehr bekommen, damit sie bei der Aufzucht der Nachkommen ihrer Kinder helfen können. Bei Schimpansen ist dies jedoch nicht der Fall, da sich die Töchter von ihren Müttern entfernen und sich praktisch nie wieder sehen. Zwar könnten Mütter ihren Söhnen bei der Aufzucht helfen. Frühere Studien zeigten aber, dass dies nicht der Fall ist.

Dennoch könnte die Ähnlichkeit Aufschluss darüber geben, wie sich die Menopause beim Menschen entwickelt hat. Da Schimpansen unsere nächsten Verwandten sind, deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass das Überleben nach der Menopause eine Eigenschaft sein könnte, die ein gemeinsamer Vorfahre vor Millionen von Jahren vererbte. Es ist aber auch möglich, dass die Wechseljahre nur unter bestimmten Bedingungen auftreten, die ein langes Leben ermöglichen.

Verwendete Quellen
  • washingtonpost.com: We now know female chimps go through menopause. Here’s why that’s a big deal (Englisch, gebührenpflichtig)
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