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Babys haben rund 100 Knochen mehr


"Garantiert das Überleben"
Warum Babys 100 Knochen mehr als Erwachsene haben

Kommt ein Baby zur Welt, sind in seinem kleinen Körper bereits alle Strukturen angelegt, die es in seinem künftigen Leben benötigen wird, auch sämtliche Knochen. Von denen hat ein Säugling sogar viel mehr als ein Erwachsener. Den Grund dafür erläutert ein Facharzt für Kinderheilkunde und Jugendmedizin.

Aktualisiert am 16.08.2016|Lesedauer: 4 Min.
t-online, Nicola Wilbrand-Donzelli
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Bei der Geburt haben Babys immer noch einen relativ hohen Knorpelanteil in ihren Gebeinen. Erstaunlicherweise haben sie auch sehr viel mehr Knochen als Erwachsene: Rund hundert mehr sollen es sein. Doch die Angaben der Gesamtzahl schwanken zwischen 300 und 350.

Rund 100 Knochen mehr haben Babys.Vergrößern des Bildes
Babys haben rund 100 Knochen mehr als Erwachsene. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Wie aber kann es zu solchen Ungenauigkeiten kommen? Wo bleibt der Überschuss von rund hundert Knochen, die ja in einem ausgewachsenen Körper offenbar nicht mehr vorhanden sind?

Aus Knorpelstrukturen entwickeln sich Knochen

Das menschliche Skelett ist mit rund 206 Knochen das vielseitige Gerüst, das unseren Körper stützt, die Organe schützt und ihn mit Unterstützung des Muskelapparates mobil macht. Je nachdem wie wohlgenährt der Mensch ist, machen unsere Knochen rund zwölf Prozent des Gewichts aus. Die Knochen einer 75 Kilogramm schweren Person wiegen also etwa neun Kilogramm.

Fast genau die Hälfte aller Knochen befindet sich in Armen und Beinen, ist dort über Gelenke miteinander verbunden, die den Gliedmaßen ihre Beweglichkeit verleihen. Eine menschliche Hand hat allein 27 kleinere und größere Knochen.

Knochenbau beginnt in den ersten Schwangerschaftswochen

Die Bildung des Skeletts beginnt bereits in den ersten Schwangerschaftswochen. Ab der neunten SSW entwickelt sich etwa die Wirbelsäule und ab dem sechsten Monat werden aus kompakteren Knorpelstrukturen, die sowohl stabil als auch elastisch sind, nach und nach härtere Verknöcherungen.

Knochenüberschuss ist nicht ganz korrekt

"Die Behauptung, dass Neugeborene im Unterschied zu Erwachsenen wesentlich mehr Knochen haben, ist eigentlich irreführend und nicht korrekt", erklärt der Düsseldorfer Kinder- und Jugendmediziner Dr. Hermann Josef Kahl. "Denn genau genommen handelt es sich dabei um Skelettteile, die sich noch weiter entwickeln und noch nicht vollständig zu einer Einheit zusammengewachsen sind. So kommt man zwangsläufig beim Addieren der einzelnen Knochenelemente auf eine größere Anzahl."

Fontanellen garantieren Flexibilität

Physiologisch macht diese Vielteiligkeit des Skeletts bei Babys Sinn. Bestes Beispiel dafür ist der Schädel. Bei Säuglingen ist die Schädeldecke nämlich noch nicht vollständig verknöchert und fest. Sie besteht aus mehreren Knochenplatten, die erst mit der Zeit eins werden. Zwischen den einzelnen Bereichen gibt es auch nicht verknöcherte Bereiche, die späteren Schädelnähte. Wo mehrere Knochenteile aneinanderstoßen, klaffen anfangs auch größere Lücken. Das sind die Fontanellen, die sich erst in den beiden ersten Lebensjahren schließen.

Der Schädel darf bei den Kleinsten noch nicht homogen sein

Die Formbarkeit des Schädels bewährt sich vor allem während der Geburt als geniale Konstruktion. Denn der relativ große Kopf des Kindes muss ja durch das enge Becken der Mutter und ist außerdem auf dem Weg durch den Geburtskanal - manchmal über Stunden - starken Kräften ausgesetzt.
Auch danach ist es für Babys und Kleinkinder wichtig, dass der Schädel noch aus unterschiedlichen Elementen besteht. "Wenn dieses Gefüge schon von Anfang an eine starre und homogene Struktur hätte, könnte das Gehirn nicht wachsen. Es könnte nicht an Volumen zunehmen und sich nicht entwickeln. Die Mehrteiligkeit des Schädels garantiert so Flexibilität und damit auch das Überleben."

Die Knochen verschmelzen

Das Reifen des Skeletts basiert also auf dem Prinzip der Fusionierung. Die überschüssigen Knochen verschwinden also nicht einfach so, sondern verschmelzen im Laufe der Kindheit mit benachbarten Bereichen. Sie verhärten dann zu einem Knochen. So bestehen beispielsweise die sieben Hals-, zwölf Brust- und fünf Lendenwirbel aus je drei bis fünf Teilen, ehe diese durch weitere Mineralisierung miteinander verknöchern. Ähnliches gilt für die Beckenknochen. Auch sie wachsen erst aus mehreren Stücken zusammen.

Wachstumsfugen unterteilen Röhrenknochen

Auch Röhrenknochen wie Arme und Beine werden bei jüngeren Kindern meist noch nicht als Einheit gesehen. Das hänge vor allem mit den noch nicht geschlossenen Wachstumsfugen zusammen, kommentiert der Kinder- und Jugendmediziner. "Diese knorpeligen Stellen sind gewissermaßen Trenner zwischen den knöchernen Bereichen. Durch diese Zonen ist insbesondere das Längenwachstum erst möglich. Sie brechen allerdings auch leichter. Das ist übrigens nicht ungefährlich, weil dadurch die Knochenentwicklung beeinträchtigt werden kann. Ein sorgfältige kinderchirurgische Behandlung ist hier deshalb meist unverzichtbar.“

Ansonsten seien Kinderknochen ziemlich unempfindlich. Normale Brüche bedürften oftmals noch nicht einmal einer Geradestellung durch den Arzt. Sie würden meist komplikationslos von selbst wieder in die optimale Form rücken und verheilen.

Nach der Pubertät ist der Knochenbau komplett

Die Entwicklung des Skeletts ist mit Ende der Pubertät, in der durch die Hormonumstellung nochmal besonders große Wachstumsschübe stattfinden, meist abgeschlossen. Erst dann ist der Verknöcherungsprozess, der bereits im Mutterleib begonnen hatte, beendet. Ein noch im Wachstum befindlicher Zehnjähriger verfügt immer noch über ein paar Knochen mehr als etwa ein 18-Jähriger, bei dem die Fusionierung der knöchernen Strukturen bereits vollendet ist.

Gelenke, Sehnen und Kapslen bleiben unverändert

"Was sich im Laufe der Kindheit dagegen am Knochengerüst nicht verändert", ergänzt Kinder- und Jugendmediziner Kahl, "sind Gelenke, Sehnen und Kapseln. Sie wachsen nur noch entsprechend des umliegenden Gewebes, also der Knochenstruktur, mit. Ihre Anzahl verändert sich aber nicht mehr, sie ist von Geburt an identisch mit der von gesunden Erwachsenen."

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