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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Experimentierfreude Bunter Popcorn-Mais von den eigenen Feldern
Hohendodeleben (dpa/sa) - Den roten und den blauen Mais haben die Krähen weg gepickt. Die paar Pflanzen sehen recht mickrig aus. Im nächsten Jahr wird Phillip Krainbring einen neuen Versuch unternehmen. Ein paar Schritte weiter aber kann der Landwirt Kolben von den Blättern befreien und schwarzen und gelben Mais zeigen. Seine Popcorn-Varianten. Seine kleine Spielwiese für Neues.
Der 35-Jährige Landwirt leitet einen klassischen konventionellen Ackerbaubetrieb in der Börde mit 350 Hektar Raps, Weizen und Mais unweit von Magdeburg. Seine Arbeit erklärt eronlinemit Fotos, Videos und Texten. Und sucht so den Weg zum Verbraucher, zu Mais- und Popcorn-Liebhabern.
Erklärbauer nimmt Follower mit auf's Feld
Die Posts gingen ihm in der Erntephase besonders locker von der Hand, sagt er. Dann sitzt Krainbring auf der GPS-gesteuerten Erntemaschine, sein Handy in der Hand und ist ganz der Erklärbauer. "Moin Leute, im Bild könnt ihr sehr gut erkennen, warum ich die letzten Tage mit der Pflanzenschutzspritze unterwegs war. Die Blätter der Rapspflanzen haben kleine Löcher. Das sind Schäden, die der Erdfloh verursacht", heißt es da etwa. Der studierte Landwirt sagt, er wolle so etwas gegen das oft negative Bild seiner Branche tun.
Besonders viel Resonanz habe er beispielsweise auf einen Post zur Nachtarbeit mit der Spritze bekommen. Viele Leute hätten gedacht, dass es etwas Verbotenes sein müsse, was da nachts geschehe. Er habe erklärt, dass so Wasser und Pflanzenschutzmittel eingespart würden. Und Insekten seien da auch nicht so aktiv. Er sei erstaunt gewesen, wie viele Menschen sich dafür interessiert hätten.
Der Bauernverband ist froh über diese Darstellung der Landwirtschaft. Viele junge Landwirtinnen und Landwirte versuchten, ihre Art der Arbeit zu zeigen und sich zu präsentieren, sagt Erik Hecht vom Bauernverband Sachsen-Anhalt. "Es ist sympathisch und glaubwürdig." Der Bauernverband biete auch Social-Media-Schulungen an, allerdings für Anfänger, die noch nicht mehrere hundert Follower hätten.
Diverse Maissorten direkt für die Verbraucher
Mit dem Zuckermais hat Krainbring erst vor ein paar Jahren begonnen. Er wollte gern auch Lebensmittel direkt für Verbraucher produzieren. "Man bekommt halt Rückmeldung, das ist schön." Die Idee sei, denMaiszu einem eigenen Betriebszweig zu machen, sagt der Landwirt, der einen Händler und Restaurants beliefert.
Der 35-Jährige beließ es nicht beim Zuckermais und bestellte 200 Körner Popcorn-Mais. Die Kolben erntete er per Hand und ließ sie trocknen. Für Verpächter, Geschäftspartner und Freunde war das Popcorn gedacht. Rund 50 Kilogramm habe er eingetütet im vergangenen Jahr. In diesem Jahr soll die Menge deutlich steigen.
Glasperlenmais, Mais für Polenta, bunter Zuckermais für Restaurants - Krainbring will noch viel ausprobieren. Die Zahl der Maissorten weltweit liege im höheren dreistelligen Bereich. In diesem Jahr baut das Unternehmen auf 3,5 Hektar Zuckermais und auf einem Hektar Popcornmais an, wie der Landwirt berichtet. "Die ersten zwei Jahre war es Hobby." Jetzt fange es langsam an, sich zu rechnen.
Ist dafür denn ein Markt da? "Ja, wird", ist Krainbring überzeugt. Man müsse den Kunden am besten gleich Rezepte mitliefern. Zu den Abnehmern gehört das Magdeburger Lokal Botanica. Den bunten Mais habe man zu Dekorationszwecken benutzt und auch Popcorn daraus gemacht, heißt es. Man schätze auch die Regionalität der Produkte.
Bereits über 100 Kulturpflanzen in Sachsen-Anhalt
Im Jahr 2020 bauten nach Angaben des Statistischen Landesamtes landesweit mehr als 350 Betriebe Körnermais und Mais zum Ausreifen auf einer Gesamtfläche von 17.640 Hektar an. Silo- und Grünmais bauten demnach gut 1600 Unternehmen an auf mehr als 159.000 Hektar.
Erik Hecht vom Bauernverband sagt, vielleicht 90 Prozent der Landwirte gucken nach rechts und links und probieren Neues aus. So würden über 100 unterschiedliche Kulturpflanzen in Sachsen-Anhalt angebaut. Inzwischen seien es auch Melonen und Hanfpflanzen. Mais mache rund 16 Prozent der angebauten Pflanzen aus. Alle Experimentierfreude habe aber ihre Grenzen, wenn es um das finanzielle Risiko gehe. Das müsse überschaubar bleiben.