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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Da haben wir uns ganz schön vertan" "Bares für Rares"-Expertise löst große Emotionen aus
Ein Paar aus Greven bringt ein farbenfrohes Gemälde zu "Bares für Rares". Was die beiden Frauen bei der Expertise erfahren, können sie kaum glauben.
"Oh, das gefällt mir spontan äußerst gut!", ruft "Bares für Rares"-Moderator Horst Lichter aus, als er das Bild von Petra Hovestadt und Ute Leweling erblickt. "Man erkennt alles auf der einen Seite und auf der anderen Seite ist alles surrealistisch. Trotzdem ist es genau so, dass du denkst, du hast es gesehen", findet er und möchte von dem Paar aus Greven bei Münster wissen, woher das Gemälde stammt.
"Meine Tante hat es damals von einem Künstler selbst in Münster zu ihrer Studienzeit erworben. Sie hat ganz viele Gemälde von ihm gehabt", erzählt Leweling, die das Bild, das ein Panorama von Münster zeigt, nun verkaufen möchte, da es bei ihr zu Hause keinen Platz mehr findet. Kunsthistoriker Colmar Schulte-Goltz erkennt sofort, dass Alfred Ziethlow der Künstler des Gemäldes ist.
Gemälde ist "ein Glücksfall"
"Er hat in seinem Leben ganz viele Möglichkeiten des Kunstschaffens kennengelernt und mit expressiven Künstlern zusammengearbeitet", weiß der Experte. Zu der Zeit, als das Bild entstanden sei, habe Ziethlow sich in Münster unter anderem mit Malerei, Grafik und Werbegrafik beschäftigt.
"Das Gemälde ist von 1940 und gerade für eine Stadt wie Münster ein Glücksfall, denn Münster kennen wir heute alle durch den Wiederaufbau als eine scheinbar intakte, historisch gewachsene Altstadt, die aber im Zweiten Weltkrieg sehr beschädigt worden ist", erklärt Schulte-Goltz. Das Bild gebe einen Eindruck davon, wie es früher einmal in Münster war.
"Wir sehen hier etwas, das nennt man auch das Stadt-Gesicht, das ist der Blick vom Wall auf Münster", sagt der Experte. Auf der linken Seite befinde sich der Turm der Überwasserkirche, daran schließe sich die Doppelturm-Fassade des Doms, St. Paulus zu Münster, an. "Und auf der rechten Seite ist St. Lamberti. Das kennen die meisten wegen der Wiedertäufer. Also eine sehr eindrucksvolle historische Kirche", führt Schulte-Goltz aus.
Expertise sorgt für Freudentränen
Der Zustand des Bildes sei zwar im Großen und Ganzen gut, doch ausgerechnet in der Mitte habe das Bild einen dicken Kratzer, den man laut dem Experten aber gut retuschieren könne. Der Wunschpreis des Paares beträgt deswegen auch nur 100 Euro. Damit ist Schulte-Goltz allerdings nicht einverstanden.
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"Das ist ein ganz tolles Bild und es kommt hinzu: Wir wissen genau, welcher Ort es ist. Wenn man den Ort benennen kann, ist das richtig gut fürs Bild und so liegt mein Preis bei 1.500 bis 1.700 Euro", verkündet er. Hovestadt und Leweling sind sprachlos. "Da haben wir uns aber ganz schön vertan", gesteht Hovestadt fassungslos. Ihre Partnerin ist sichtlich gerührt. "Ich wusste ja, dass es kaputt ist", bringt Leweling unter Tränen hervor. "Unglaublich!", findet Hovestadt und nimmt ihre Freundin in den Arm.
"Ich liebe glückliche Menschen und jetzt sehe ich da sogar ein paar Tränchen in den Augen", stellt Lichter ergriffen fest. "Erfüllt euch damit irgendeinen Traum, macht was Schönes. Jetzt fange ich schon mit an zu weinen", gesteht er und überreicht den Frauen die Händlerkarte. "Ach, Colmar, das ist der Moment, wo wir jetzt eigentlich sagen müssten, jetzt trinken wir was Leckeres. Ich hoffe, dass die zwei Damen das Geld auch bekommen", sagt der 60-Jährige, als das Paar auf dem Weg zum Händlerraum ist.
"Das ist deutsche Perfektionslust"
Die Händler spricht das Gemälde ebenfalls direkt an. "Das ist aber schön! Sehr farbenfroh. Wow, tolles Ding", findet Schmuckexpertin Susanne Steiger. "Ich habe wirklich gute Erfahrungen mit der Stadt Münster und habe dort Kunden, die zu Freunden geworden sind", verrät Kunsthändler Julian Schmitz-Avila und eröffnet das Bietergefecht mit 400 Euro.
Schnell steigen jedoch die Preise und Auktionator Wolfgang Pauritsch bietet 1.400 Euro. Doch auch Steiger ist weiter interessiert und erhöht auf 1.700. Schmitz-Avila bietet zwar noch 2.000 Euro an, aber letztlich erhält Pauritsch für 2.050 Euro den Zuschlag. "So viel Geld für Ihr Bild", wundert er sich selbst.
"Ich ärgere mich schon ein bisschen gerade", gibt Steiger zu. Pauritsch ist hingegen begeistert von dem Gemälde. "Das ist deutsche Perfektionslust. So eine enorme Tiefe und so eine Farbe sieht man wirklich selten – und das in den 40er-Jahren", schwärmt er.
- zdf.de: "Bares für Rares" vom 11. Juli 2022
- facebook.com: Post von "Bares für Rares"