Schrittweise Rückkehr zur Reisefreiheit So soll Fliegen in Corona-Zeiten funktionieren
In der Corona-Krise ist der Flugverkehr in Europa fast zum Erliegen gekommen. Neue Leitlinien von EU-Behörden sollen nun eine Wiederaufnahme ermöglichen, trotz der weiterhin vorhandenen Virengefahr.
Um den Luftverkehr in der Europäischen Union wiederzubeleben, haben sich die EU-Behörde für Luftfahrtsicherheit (EASA) und die EU-Krankheitsbekämpfungsbehörde (ECDC) am Mittwochabend auf Leitlinien für Flugreisen während der Corona-Pandemie geeinigt.
Die EU wolle erreichen, dass sich Reisende auf ihren Flügen sicher fühlen, erklärte EU-Verkehrskommissarin Adina Valean. Abstandsregeln lehnt die Internationale Luftverkehrsvereinigung (IATA) wegen der damit verbundenen Kostensteigerungen allerdings ab.
Empfehlungen der EU für die Sicherheit auf Flugreisen
Konkret empfehlen die EU-Behörden allen Passagieren und der Crew, beim Betreten des Flughafens medizinische Schutzmasken anzuziehen und diese erst abzulegen, wenn sie ihr Reiseziel erreicht haben. Ausnahmeregeln seien für Kinder unter sechs Jahren denkbar. Die Masken sollen alle vier Stunden gewechselt werden.
Die EU-Behörden riefen Reisende auf, genügend Masken mitzunehmen. Zugleich sollen die Fluggesellschaften einen ausreichenden Vorrat anlegen. Wenn die Auslastung des jeweiligen Fluges es zulässt, sollen nach dem Willen der EU zudem ein Sitz pro Reihe oder jede zweite Reihe im Flugzeug freigelassen werden, um einen Abstand von 1,5 Metern zwischen den Fluggästen zu gewährleisten.
Sollte dies aufgrund einer höheren Passagierzahl nicht möglich sein, soll strikt auf die ständige Einhaltung aller anderen Schutzmaßnahmen – Handhygiene, Husten- und Niesetikette und das Tragen einer medizinischen Schutzmaske – geachtet werden. Der Bordservice soll auf das Nötigste reduziert werden.
Keine allgemeine Verständigung auf Reisefreiheit
Unklar ist weiterhin, in welche europäischen Staaten in diesem Sommer überhaupt touristische Reisen möglich sein werden. Die EU-Staaten konnten sich angesichts der weiter bestehenden Gefahren durch das Coronavirus noch nicht auf eine Rückkehr zur generellen Reisefreiheit innerhalb Europas geeinigt. Auf der Grundlage bilateraler Vereinbarungen werde Sommerurlaub auch im EU-Ausland aber hoffentlich möglich sein, sagte Kroatiens Tourismusminister Gari Cappelli am Mittwoch nach einer Videokonferenz mit seinen EU-Kollegen.
Die EU-Länder hätten sich nicht auf allgemein gültige Richtlinien für die Rücknahme der wegen der Corona-Pandemie verhängten Reisebeschränkungen verständigen können, sagte Cappelli, dessen Land derzeit den EU-Ratsvorsitz innehat. Reisen ins EU-Ausland könnten aber durch Vereinbarungen zwischen einzelnen Mitgliedsländern ermöglicht werden.
Alles hänge derzeit von der Lage in den jeweiligen Ländern ab, betonte Capelli. "Wenn die epidemiologische Situation in zwei Ländern identisch oder sehr ähnlich ist", könnten die Behörden dafür sorgen, dass Reisen möglich sind.
Angesichts dieser Möglichkeit sagte der Tourismus-Beauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß, er sehe "gute Chancen, dass die Menschen im Sommer in ihre liebsten europäischen Urlaubsregionen reisen können". Letztlich müsse sorgfältig abgewogen werden "zwischen Gesundheitsschutz, Reiselust und wirtschaftlichen Interessen".
Nur zögerliche Lockerungen in Spanien
Um satte 99,7 Prozent sind die Einreisen per Flugzeug im wichtigsten europäischen Urlaubsland Spanien zurückgegangen. Insgesamt seien nur 21.327 Einreisen registriert worden. Spanien hat zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie alle nicht unbedingt notwendigen Reisen untersagt. Seit Freitag vergangener Woche gilt zudem für alle Ausländer nach der Einreise eine zweiwöchige Pflicht zu häuslicher Quarantäne.
Hoffnungen auf eine baldige Grenzöffnung für Touristen hat die spanische Regierung aber gerade erst einen Dämpfer verpasst. "Ich hoffe, dass wir die touristischen Aktivitäten Ende Juni wieder aufnehmen können", sagte am Montag Verkehrsminister José Luis Ábalos. "Wir können nicht die Einreise von Ausländern erlauben, während wir der spanischen Bevölkerung noch eine Ausgangssperre auferlegen", betonte er.
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Grenzöffnungen zwischen mehreren Ländern zugesagt
Mehrere EU-Urlaubsländer haben inzwischen Grenzöffnungen zugesagt. Griechenlands Regierungschef Kyriakos Mitsotakis kündigte am Mittwoch den Start der diesjährigen Tourismussaison für den 15. Juni und die Öffnung der Hotels an. Internationale Flüge sollen demnach ab dem 1. Juli wieder schrittweise anlaufen. Italien will ab dem 3. Juni wieder Touristen ins Land lassen und die Flughäfen öffnen.
Österreich will bei den Grenzen nach Deutschland am 15. Juni folgen. In den Niederlanden sollen Urlauber ab dem 1. Juli wieder Campingplätze besuchen dürfen. Die Bundesregierung will ihrerseits Mitte Juni ihre weltweite Reisewarnung aufheben und durch Hinweise zu einzelnen Ländern ersetzen.
Heiko Maas: "Kein europäisches Wettbieten um Touristen"
Außenminister Heiko Maas (SPD) warnte, es dürfe "kein europäisches Wettbieten um Touristen" geben. Stattdessen brauche es ein "abgestimmtes und transparentes Vorgehen", das für alle "nachvollziehbar und tragbar ist".
Slowenien plant derweil, seinen Bürgern Gutscheine für Unterkünfte und andere touristische Dienstleistungen im Wert von 200 Euro für Erwachsene und 50 Euro für Minderjährige auszustellen, damit sie Urlaub im eigenen Land machen.
EU-Binnemarktkommissar Thierry Breton sagte bei den Beratungen der Tourismusminister, in der Branche stünden Millionen Jobs auf dem Spiel. Er verwies darauf, dass die Kommission kommende Woche ein Corona-Konjunkturprogramm vorstellen will, das auch die Reisebranche unterstützen soll.
Der Tourismus, der für fast zehn Prozent der EU-Wirtschaftsleistung steht, ist auch wegen Grenzschließungen und Grenzkontrollen vieler Länder praktisch zum Erliegen gekommen. Die EU-Kommission hatte vergangene Woche Pläne für eine "stufenweise" Öffnung der Grenzen und Empfehlungen für Sicherheits- und Hygienemaßnahmen am Urlaubsort und in Verkehrsmitteln vorgelegt.
- Nachrichtenagentur AFP, dpa