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Deutsche Bahn: Neue Plöne – Kommt der City-Nightliner zurück?


Schluss mit Weltkonzern
Die Bahn plant den großen Kehraus

Von dpa, sms

Aktualisiert am 07.11.2019Lesedauer: 4 Min.
Der Hauptbahnhof Stuttgart am Abend: Die Deutsche Bahn kämpft mit massiven Problemen, darunter Verspätungen und Zugausfälle.Vergrößern des Bildes
Der Hauptbahnhof Stuttgart am Abend: Die Deutsche Bahn kämpft mit massiven Problemen, darunter Verspätungen und Zugausfälle. (Quelle: imago-images-bilder)
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Züge fallen aus oder sind verspätet – was bei der Deutschen Bahn schon Alltag ist, soll mit einem "Aufräumprogramm" behoben werden. Und ein vor Jahren eingestelltes Angebot könnte zurückkommen.

Muss die Deutsche Bahn auch Züge in Wales fahren lassen? Und Busse in Budapest? Braucht sie ein Autohaus in Slowenien oder Krankenwagen in England, während in Deutschland Züge ausfallen und sich Verspätungen häufen? Solche Fragen stellt sich, wer in die Verästelungen des Konzerns mit weltweit 320.000 Mitarbeitern blickt, wie es das Online-Magazin "Buzzfeed" kürzlich getan hat.

Deutsche Bahn muss für mehr Pünktlichkeit aufräumen

Im internationalen Konzern Deutsche Bahn haben viele Beteiligungen nichts mit dem Kerngeschäft zu tun: der Eisenbahn in Deutschland. Doch weil Pünktlichkeit und Qualität für Bahnkunden auf dem Heimatmarkt noch immer zu wünschen übrig lassen, wird nun aufgeräumt. Manche meinen aber, dass ein noch größerer Kehraus nötig wäre.

Am Donnerstag tagt bei dem Staatskonzern der Aufsichtsrat in einer Sondersitzung. Die Aufseher wollen den Schlussstrich weiter ziehen, der das Kapitel beendet, das mal überschrieben war mit: die Deutsche Bahn als internationaler Logistikkonzern. Vor Jahren sollten milliardenschwere Übernahmen den Umsatz in die Höhe treiben. Die Deutsche Bahn zum Global Player machen, Börsengang inklusive.

Neues Ziel: Mehr Fahrgäste in Deutschland

Jetzt lautet das Ziel: mehr Fahrgäste in Deutschland. Zurück zum "Brot-und-Butter-Geschäft", heißt es in der gläsernen Konzernzentrale in Berlin zwar schon länger. Doch erst die Klimadebatte bringt auf diesem Kurs das Tempo.

Als 2016 die beliebten City-Nightliner abgeschafft wurden, war die Begründung, dass sie unwirtschaftlich seien. Schon damals gab es bei Bahnkunden Widerstand gegen die Pläne. Im Zuge der Klimadebatte gibt es nun eine neue Petition für die City-Nightliner. Die Abschaffung der Nachtzüge stehe im Widerspruch zur Umweltstrategie der Deutschen Bahn, bei der der Verkehr auf die Schiene verlagert werden soll.

In der Petition an Bahnvorstand Richard Lutz heißt es: "Die Deutsche Bahn hat es in der Hand, einer der entscheidenden Player der so notwendigen Verkehrswende zu sein." Nachtzüge stellten das "bei weitem umweltverträglichste und pragmatischste Konzept zum Langstreckentransport von Personen" dar. Die Petition wurde mittlerweile von rund 17.000 Menschen unterzeichnet.

Bei der Bahn gibt es aktuell nur Angebote ausländischer Bahngesellschaften, die über Nacht beispielsweise von Berlin nach Budapest, von Düsseldorf nach Wien oder von Hamburg nach Innsbruck fahren. Die Bahn prüfe allerdings die Wiedereinführung der Nachtzüge, heißt es in der Petition.

Bereits im September gab es Medienberichte, dass Bahn-Chef Lutz sich persönlich für die Rückkehr der Nachtzüge einsetze, weil diese mehr dem "Zeitgeist" entsprächen. Zum aktuellen "Aufräumprogramm" der Bahn zählen allerdings zunächst weitere Sparmaßnahmen.

Verkauf des Auslandsgeschäfts vorerst gestoppt

Ein großer Teil des Auslandsgeschäfts sollte eigentlich verkauft werden: die Tochtergesellschaft DB Arriva. Dort arbeiten gut 50.000 der mehr als 120.000 Bahn-Beschäftigten im Ausland. Arriva betreibt Busse und Bahnen in 14 europäischen Ländern, hat aber auch manche überraschende Beteiligung, etwa die Krankentransporte in Großbritannien und das Autohaus in den Bergen Sloweniens. Die Bahn hat sie bei der Arriva-Übernahme 2010 mitgekauft und schleppt sie seither mit.

Jetzt hat die Bahn diesen milliardenschweren Verkauf jedoch gestoppt. Die zu erwartenden Erlöse lägen erheblich unter dem Buchwert, hieß es am Donnerstag vor einer Aufsichtsratssitzung im Umfeld des Konzerns.

"Diesen Kleinkram sollte man lassen", empfahl zuvor schon Karl-Peter Naumann, der als Ehrenvorsitzender von Pro Bahn den Fahrgästen in Deutschland eine Stimme geben will. Doch ob Busse, Züge, Lastwagen, Schiffs- und Flugverkehr im Ausland – viele dieser Aktivitäten der Deutschen Bahn hält er für sinnvoll.

"Beim Güterverkehr etwa brauchen sie ein internationales Standbein", erklärt Naumann. Man könne keinem Kunden erklären, dass er seine Fracht an der Grenze auf Züge anderer Anbieter umladen müsse. "Und wenn ausländische Anbieter der Bahn im deutschen Regionalverkehr Konkurrenz machen, warum soll es nicht auch umgekehrt so sein?"

Deutsche Bahn muss in Gleise, Züge und Technik investieren

2018 hatte es trotz Fahrgastrekords in Deutschland Gewinneinbußen gegeben. Die Bahn muss investieren: in Gleise, Züge, Digitaltechnik. Das Netz ist in großen Teilen sanierungsbedürftig. Verspätungen und Zugausfälle verärgern die Kunden.

In Medienberichten war die Rede davon, dass der Arriva-Verkauf bis zu vier Milliarden Euro bringen könnte. Aber das Unternehmen hat auch mehr als eine Milliarde Euro Schulden. Und der Verkauf wäre offenbar schwieriger als gedacht gewesen.

Eigentlich wollte der Aufsichtsrat im September über Angebote entscheiden oder alternativ einen Börsengang anschieben. Auch die Unsicherheit um den geplanten EU-Austritt Großbritanniens hat die Entscheidung um Arriva nicht leicht gemacht – Arriva hat seinen Sitz im britischen Sunderland.

Vorerst soll eine Anleihe bis zu zwei Milliarden Euro in die Kasse bringen. Seine Schuldenobergrenze hat der Konzern schon erreicht, mit Leasingverbindlichkeiten sind es 25 Milliarden Euro.

Verkauf von DB Schenker?

Dem Bundesrechnungshof hätte der Arriva-Verkauf deshalb ohnehin nicht gereicht. Die Kontrollbehörde empfiehlt, auch über einen Verkauf von DB Schenker nachzudenken. Die internationale Spedition mit 76.000 Mitarbeitern betreibt Lastwagen, Frachtschiffe und Flugzeuge, Logistikzentren und Lagerhäuser.

Der Bahnvorstand will die profitable Tochter Schenker jedoch behalten – genauso wie den Sanierungsfall DB Cargo. Die Güterbahn schreibt seit Jahren rote Zahlen. Mehr Transporte von der Straße auf die Schiene zu verlagern, gilt aber als ein Schlüssel zur Verkehrswende. Nun soll eine neue Chefin der Güterbahn die Wende bringen. Von den Berliner Verkehrsbetrieben kommt voraussichtlich die frühere Cargo-Managerin Sigrid Nikutta zurück.


Sie soll auch einen Posten im Konzernvorstand erhalten, Finanzvorstand Alexander Doll gibt die Verantwortung für die Güterzüge ab. In seinem Ressort bleiben aber Schenker und Arriva, wie zu hören ist. Sie bleiben damit in Dolls Reichweite, sollte er Geldquellen suchen.

Verwendete Quellen
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