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Kreuzfahrten ab 600 Euro: Darum werden sie immer billiger


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Seereisen auf dem Wühltisch
Ab 600 Euro: Darum werden Kreuzfahrten immer billiger

Hans-Werner Rodrian/srt

Aktualisiert am 27.09.2019Lesedauer: 3 Min.
Aida Nova: Das Kreuzfahrtschiff hat Platz für 6.500 Gäste – doch es herrscht Buchungsflaute.Vergrößern des Bildes
Aida Nova: Das Kreuzfahrtschiff hat Platz für 6.500 Gäste – doch es herrscht Buchungsflaute. (Quelle: Jutta Lemcke/srt)
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Die Kreuzfahrtbranche kannte jahrelang nur eine Richtung: immer größer, immer mehr. Doch plötzlich stottert der Verkauf. Verbraucher bekommen plötzlich günstige Preise angeboten.

Was ist da los? Aida, der Stolz der deutschen Kreuzfahrtbranche, segelt neu durch die Filialen beim Lebensmittel-Discounter Aldi. Das westliche Mittelmeer gibt es ab 600 Euro, Dubai und Arabischer Golf ab 900 Euro sind neben Kartoffelchips und Babywindeln im Aktionsbereich zu haben. Und immer ist zu diesem Preis der Flug bereits inkludiert.

Konjunkturdelle oder Umweltdiskussion?

Die Kreuzfahrtindustrie blickt auf sorglose Jahre zurück. Doch seit diesem Sommer läuft es zäh. Liegt es an der allgemeinen Konjunkturdelle oder an der Umweltdiskussion, die mit Macht auch die weißen Flotten erreicht hat? Vermutlich an beidem. Zwar verzeichnen Seereisen immer noch vier Prozent Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr. Aber das Angebot wuchs im selben Zeitraum um mehr als 15 Prozent. Das heißt, mindestens elf Prozent der Kabinen schippern momentan unverkauft über die Weltmeere. Und bei Überkapazitäten geht es in der Reisebranche nicht anders zu als auf dem heimischen Wochenmarkt: Am Ende muss der Preis runter.

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Reedereien können schließlich nicht wie andere Reiseveranstalter schnell mal ein paar Hotels oder Flugzeuge abbestellen. Die Riesenschiffe sind da, und es folgen immer mehr nach. Die Neubauten für die nächsten fünf Jahre sind bereits bestellt. Hinzu kommt eine zweite Besonderheit: Die Reedereien holen sich einen wesentlichen Teil ihrer Einnahmen durch die Ausgaben der Urlauber an Bord. Das verlockt noch mehr zu Kurzfristaktionen, wenn Kabinen drohen, leer zu bleiben. Die Verbraucher wiederum haben das in der Zwischenzeit gelernt. Wer bei Reisetermin und Route flexibel ist, der kann aktuell jedenfalls hochattraktive Schnäppchen machen.

Besonders heftig trifft es Aida

Besonders heftig trifft es dieses Jahr Aida. Der Marktführer steuerte ausgerechnet jetzt in eine Buchungsflaute, als er mit der neuen Aida Nova in eine neue Dimension vorstoßen wollte. Die Nova hat Platz für nicht weniger als 6.500 Gäste, damit muss Aida rund 20 Prozent mehr Kabinen verkaufen als noch im vergangenen Jahr. Das gelang zuletzt nur durch drastisches “Nachsteuern”, wie man in der Branche Preissenkungen nennt. Last-Minute-Schnäppchen überschwemmen den Markt. Und die Kooperation mit Aldi ist nur ein Teil davon.

Aida ist aber keineswegs die einzige Kreuzfahrtgesellschaft im Schnäppchenrausch. Auch beim Wettbewerber MSC dreht sich gerade die Preisspirale nach unten. MSC fährt ein ambitioniertes Neubauprogramm, jedes Jahr sollen zwei neue Schiffe kommen. Dieses Jahr heißen sie Bellissima und Grandiosa. Grandios ist freilich auch die Aufgabe, sie zu füllen. Die italienisch-schweizerische Reederei hofft nun auf vermehrte Kurzfristbuchungen und ein besser laufendes zweites Halbjahr.

Und wo die Konkurrenz mit ihren Preisen auf Tieftauchkurs geht, da kann auch Tui Cruises nicht so tun, als wäre nichts. Schließlich hat auch die Gesellschaft mit der Mein-Schiff-Flotte ihre Kapazitäten in diesem Jahr um mehr als 21 Prozent aufgestockt. In Dienst gestellt wurde eine neue Mein Schiff 2; und erst spät beschloss man bei Tui Cruises, die alte Mein Schiff 2 als Mein Schiff Herz zu behalten. Die Folge: Reisebüros und Onlineportale wurden mit zahlreichen Specials überflutet.

Preiskampf auf Mittelmeer und Ostsee besonders intensiv

Internationale Anbieter tun sich leichter, sie können ihre Schiffsreisen auch an Gäste aus Amerika oder Fernost verkaufen, wenn es in Deutschland gerade nicht so gut geht. Diese Möglichkeit bleibt den beiden großen deutschen Reedereien Aida und Tui Cruises nicht. Sie haben nur Deutschland und machen derzeit "Preise, wie ich sie noch nie gesehen habe", zitiert das Fachblatt Touristik Aktuell einen prominenten Reisebürochef.

Besonders intensiv tobt der Preiskampf auf Mittelmeer und Ostsee. Gleich vier Tui-Cruises-Schiffe nehmen sich auf der Ostsee gegenseitig Gäste weg. "Anders als in den vergangenen Jahren gibt es im Nordland und im Mittelmeer noch freie Kabinen, die wir zum Teil mit Last-Minute-Specials vermarkten", sagte Tui-Cruises-Chefverkäufer Udo Lutz dem Branchenblatt FVW.


Und der Trend scheint anzuhalten. Im November steht mit Costa der letzten der großen Reedereien, die bislang noch ohne ungewöhnliche Abverkäufe ausgekommen ist, mit der neuen "Costa Smeralda" ebenfalls ein großer Kapazitätsausbau ins Haus. Die Smeralda ist weitgehend baugleich mit der Aida Nova und hat ebenfalls Platz für 6.500 Gäste. Und Aida? Tauft Ende November mit der "Aida Mira" schon den nächsten Flottenzugang.

Verwendete Quellen
  • Reiseredaktion srt
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