Studie: Schön ist gleich gut Kinder vertrauen attraktiven Menschen
Wem kann ich vertrauen, und vor wem muss ich mich in Acht nehmen? Schon Kinder schließen vom Aussehen auf den Charakter. Je attraktiver die Gesichtszüge, desto vertrauenswürdiger schätzen sie Unbekannte ein.
Im menschlichen Zusammenleben war es stets wichtig, Gesichter zu deuten, um fremde Menschen und deren Absichten blitzschnell einschätzen zu können. Wissenschaftler aus China wollten nun genauer wissen, wie sich die Deutungsmuster im Lauf der Kindheit entwickeln. Für Kinder im Schulalter, die allmählich selbständiger werden, stellt sich die Vertrauensfrage beispielsweise, wenn sie Unbekannte nach dem Weg fragen oder um Hilfe bitten müssen.
Kinder bewerten 200 Gesichter
Ein Team um Fengling Ma von der Sci-Tech University in Hangzou bat rund 100 Schulkinder, die Vertrauenswürdigkeit und die Attraktivität von 200 Gesichtern zu bewerten. Die Kinder stammten aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten und wurden in Altersgruppen von acht, zehn und zwölf Jahren eingeteilt. Als Vergleichsgruppe dienten 37 Studenten.
Die Forscher legten den Kindern keine echten Fotos vor, sondern computergenerierte männliche Gesichter mit symmetrischen Zügen und neutraler Mimik. Sie unterschieden sich nur in der Ausprägung von Augenbrauen, Wangenknochen, Nase und Kinn.
Im ersten Durchgang sollten die Kinder die Vertrauenswürdigkeit der Gesichter in drei Abstufungen bewerten, im zweiten Durchgang die Attraktivität.
Je attraktiver, desto glaubwürdiger
Ein deutliches Ergebnis ist die starke Korrelation beider Eigenschaften: Die Schulkinder hielten attraktive Menschen insgesamt auch für glaubwürdiger. Damit liegen sie auf derselben Linie wie Erwachsene. Allerdings erkannten die Wissenschaftler Unterschiede je nach Alter und Geschlecht der Kinder.
Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen
Bei ihren Urteilen über die Attraktivität der Männergesichter waren sich Kinder aller Altersgruppen recht einig. Stärkere Unstimmigkeiten gab es bei der Einschätzung der Glaubwürdigkeit; insbesondere die Jungen in der Gruppe der Achtjährigen wichen diesbezüglich voneinander ab. Auffällig war auch, dass Mädchen in allen Altersgruppen stark darin übereinstimmten, welche Gesichter sie attraktiv und glaubwürdig finden. Die Mädchen lagen insgesamt näher am Urteil der Erwachsenen.
Daraus schließen die Forscher zweierlei: Die Fähigkeit, Gesichtsmerkmale zu deuten, festigt sich mit zunehmenden Alter und damit auch mit zunehmender sozialer Erfahrung der Kinder. Bei Mädchen ist diese Fähigkeit möglicherweise stärker ausgeprägt. Allerdings ist eine Schwachstelle der Studie, dass den Kindern nur männliche Gesichter vorgelegt wurden, was das Ergebnis beeinflusst haben könnte.
Ein altes Stereotyp: Schön ist gleich gut
Doch woher rührt die enge Verbindung zwischen Attraktivität und Vertrauenswürdigkeit? Ältere Studien belegen, dass schon Babys sich stärker von solchen Gesichtern angezogen fühlen, die Erwachsene als attraktiv empfinden. Forscher sprechen vom "Schönheit ist gut"-Stereotyp.
Nun könnte es sein, dass Kinder gut aussehende Menschen eher positive Eigenschaften zuschreiben. Zum anderen ist die Wahrnehmung von Gesichtern durch die ersten Bezugspersonen eines Neugeborenen geprägt: Eltern, Familienmitglieder und deren Freunde, die sich dem Baby liebevoll und freundlich zuwenden.