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Verantwortungsgemeinschaft: Was das Modell bietet | Neues Gesetz 2025


"Wahlverwandtschaft"
Verantwortungsgemeinschaft: Was das neue Modell bietet

Von afp
Aktualisiert am 06.02.2024Lesedauer: 3 Min.
Zwei ältere Menschen spielen Backgammon zusammen an einem Tisch.Vergrößern des Bildes
Im Alter nicht alleine sein: In der Verantwortungsgemeinschaft können sich auch Freunde und Mitbewohner in rechtlichen Belangen umeinander kümmern. (Quelle: IMAGO/Lisa F. Young/imago)

Bundesjustizminister Buschmann stellt das Modell der Verantwortungsgemeinschaft vor. Zielgruppen sind Menschen, die sich gegenseitig unterstützen möchten.

Eine Senioren-WG oder sich unterstützende Alleinerziehende – solchen Lebensmodellen will Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) mit der sogenannten Verantwortungsgemeinschaft eine rechtliche Absicherung ermöglichen.

Sie soll Menschen den Alltag erleichtern, die dauerhaft füreinander Verantwortung übernehmen wollen. Buschmann stellte am Montag die Eckpunkte für ein entsprechendes Gesetz vor – in Kraft treten soll es 2025. Worum es geht:

An wen richtet sich das Modell?

Die Übernahme von Verantwortung gibt es laut Buschmann heute auch jenseits von Familie und romantischen Partnerschaften. Damit gemeint sind zum Beispiel ältere Menschen, die ihre Lebenspartner verloren haben und sich nun im Alltag unterstützen; oder junge Menschen in Wohnprojekten. Buschmann nutzte am Montag den Begriff "Wahlverwandtschaften", um diese Lebensmodelle zu beschreiben.

Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann (Grüne), sieht in der Verantwortungsgemeinschaft einen Fortschritt auch für queere Menschen. "Für queere Menschen wird die Verantwortungsgemeinschaft eine Möglichkeit, ihre Wahlfamilie rechtlich abzusichern", sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfamilienministerium den Zeitungen des Redaktions-Netzwerks Deutschland (RND) vom Montag.

"Für Lesben, Schwule oder transgeschlechtliche Menschen ist es oftmals die Wahlfamilie, die aufgrund von Ablehnung nach dem Coming-out den Platz der Herkunftsfamilie eingenommen hat", erklärte Lehmann. Sie unterstützten sich im Alltag und in Notfällen gegenseitig.

Wie viele Menschen können eine Verantwortungsgemeinschaft bilden?

"Zwei oder mehr volljährigen Personen" soll es ermöglicht werden, rechtlich füreinander Verantwortung zu übernehmen, heißt es im 2021 von SPD, Grünen und FDP geschlossenen Koalitionsvertrag. Genauer bestimmt wird dies im nun vorgestellten Eckpunktepapier: Von "maximal sechs Vertragspartnern" einer Verantwortungsgemeinschaft ist dort die Rede.

Wie wird sie geschlossen?

Ein notariell beurkundeter Vertrag soll Voraussetzung für die Verantwortungsgemeinschaft sein. Es muss dazu ein Vertrag geschlossen werden. Die Union kritisiert, dass damit für Interessierte mit einem Vertrag Notarkosten anfallen. Durch einseitige Erklärung oder Aufhebung des Vertrags soll die Gemeinschaft jederzeit wieder beendet werden können.

Welche Rechtsfolgen hat dies?

Dies soll sich wesentlich nach dem Willen der Beteiligten richten. Geplant ist ein Stufenmodell. In der Grundstufe soll die Verantwortungsgemeinschaft nur wenige Rechtsfolgen haben. Für jene, die mehr Verantwortung füreinander übernehmen wollen, ist eine Aufbaustufe geplant: Hier können verschiedene Module ausgewählt und frei miteinander kombiniert werden.

Was ist in der Grundstufe geplant?

Hier soll es um rechtliche Folgen gehen, die an das Bestehen einer sogenannten persönlichen Nähebeziehung geknüpft sind. Ein Partner der Verantwortungsgemeinschaft könnte zum Beispiel nach einem Krankheitsfall als Betreuer des anderen berücksichtigt werden – ohne dass das Betreuungsgericht die Nähebeziehung der beiden weiter prüfen muss.

Den Vertragspartnern soll zudem die Spende von "nicht regenerierungsfähigen Organen" wie einer Niere an den jeweils anderen erleichtert werden. Dies ist aktuell neben Verwandten und Ehegatten "anderen Personen, die dem Spender in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehen" möglich. Aus dem Bestehen einer Verantwortungsgemeinschaft soll künftig abgeleitet werden können, dass deren Mitglieder persönlich verbunden sind.

Welche Rechtsfolgen gibt es in der Aufbaustufe?

Bei Wahl des Moduls "Auskunft und Vertretung in Gesundheitsangelegenheiten" sollen die Partner in einer Notsituation Auskunft von Ärzten verlangen und zum Beispiel in eine Operation einwilligen können. Das Modul "Zusammenleben" richtet sich an Wohngemeinschaften: Rechtlich abgesichert werden sollen hier unter anderem Geschäfte, die für den gemeinsamen Haushalt getätigt werden.

Noch unter Prüfvorbehalt ist ein Modul zur Fürsorge. Die Pflege naher Angehöriger wird staatlich gefördert – ob dies auch für die Partner von Verantwortungsgemeinschaften gelten soll, will das Justizministerium noch klären. In einem vierten Modul sollen zwei Partner vertraglich regeln können, wer dem anderen nach dem Ende einer Verantwortungsgemeinschaft einen finanziellen Ausgleich zu leisten hat.

Ist das neue Modell ein Ehe-Ersatz?

Die Verantwortungsgemeinschaft soll keine Konkurrenz zur Ehe sein – auch keine "Ehe light", wie Buschmann betont. Sie wird laut Eckpunktepapier keine Auswirkung auf das Verhältnis zwischen Kindern und Eltern haben, zum Beispiel im Sorgerecht, zudem keine steuerlichen oder erbrechtlichen Folgen.

Welche Reaktionen gibt es?

Der Sozialverband Deutschland (SoVD) lobte die Initiative vor dem Hintergrund einer Gesellschaft mit immer mehr alten und alleinlebenden Menschen. Einen Fortschritt auch für queere Menschen sieht der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann (Grüne), in dem neuen familienrechtlichen Modell. Diese könnten sich so ihre Wahlfamilie rechtlich absichern.

Kritik an den Notarkosten für die Betroffenen äußert hingegen die familienpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Silvia Breher (CDU). Ihr Parteikollege Günter Krings warnte gleichzeitig vor der Einführung einer "Vielehe" durch die Hintertür.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur afp
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