Fische fliehen, Temperaturen steigen "Nord- und Ostsee erhitzen sich in besorgniserregendem Tempo"
In den letzten Jahrzehnten haben sich Nord- und Ostsee deutlich erwärmt. Fischbestände weichen auf kühlere Gewässer aus, es drohen Algenblüten. Besonders stark ist ein Gebiet der Ostsee betroffen.
Nord- und Ostsee sind in den vergangenen Jahrzehnten deutlich wärmer geworden. Die Nordsee hat sich im Zeitraum 1969-2017 unter Berücksichtigung der mittleren Oberflächentemperatur um 1,3 Grad Celsius erhitzt, wie aus der Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine schriftliche Frage der Parlamentarischen Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Steffi Lemke, hervorgeht. In der westlichen Ostsee wurde demnach seit 1982 ein Temperaturanstieg von 0,6 Grad pro Dekade gemessen, das heißt um mindestens 1,8 Grad.
"Nord- und Ostsee erhitzen sich in besorgniserregendem Tempo", sagte Lemke der Deutschen Presse-Agentur. Wenn sich der Temperaturanstieg fortsetze, drohten in beiden Meeren massive Veränderungen der Meeresumwelt. "Hering und Kabeljau fliehen schon heute in kühlere Gewässer, Richtung Arktis. Für die kleine Küstenfischerei ist das genauso dramatisch, wie für komplexe ökologische Kreisläufe innerhalb unserer Meere." Auch könnten Algenblüten weiter zunehmen.
Erwärmung um bis zu 2 Grad
Laut Ministerium baut sich in der Nordsee selbst in tieferen Schichten unterhalb von 30 Metern im Frühjahr eine warme Deckschicht zusammen. Die saisonale Erwärmung könne regional und von Jahr zu Jahr variieren. Insgesamt ergeben die Messungen der Stationen innerhalb der Nordsee für die vergangenen 30 Jahre eine Erwärmung im Bereich zwischen 0,5 und 2 Grad. Für die Deutsche Bucht wurde in der Zeit von 1980 bis 2015 eine Erwärmung um 1,4 Grad an der Wasseroberfläche und um 1,6 Grad in 20 Metern Tiefe gemessen.
In der Ostsee liegt die Erwärmung im Zeitraum 1980-2015 bei 1,6 Grad an der Oberfläche und bis zu 1,9 Grad in 20 Metern Tiefe. Auch hier gibt es regionale Unterschiede. Überdurchschnittlich stark erhitzt sich das Gebiet "Oder Bank" an der östlichen deutschen Ostseeküste. Dort machten sich wegen der seichten Wassertiefen möglicherweise die zunehmend warmen Sommer besonders bemerkbar.
"Die deutschen Meeresgewässer werden vom Klimawandel von zwei Seiten in die Zange genommen: Die Erwärmung des Meerwassers führt zu Veränderungen der Lebenswelt im Meer. Zusätzlich kann der beschleunigte Anstieg des Meeresspiegel dazu führen, dass die Naturräume an der Küste verloren gehen", sagte der Leiter des WWF-Wattenmeerbüros Hans-Ulrich Rösner. Um Meere und Küsten zu retten, müssten die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreicht werden.
Die Grünen-Politikerin Lemke forderte wirksamen Klimaschutz. "Wenn wir unsere Meere retten wollen, braucht es endlich auch wirksame Schutzgebiete, in denen sich geschützte Arten zurückziehen und erholen können", sagte sie. Gesunde Meere könnten auch einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. "So speichern gesunde Meere riesige Mengen an Kohlenstoff und produzieren gleichzeitig unsere Luft zum Atmen."
- Nachrichtenagentur dpa