Protest gegen Kraftwerk Thunberg: "Beschämender Tag für Europa"
Gegen das Steinkohlekraftwerk Datteln 4 protestieren zahlreiche Umweltaktivisten im Ruhrgebiet. Auch Greta Thunberg meldet sich bei Twitter zu Wort – mit deutlicher Kritik.
Umweltaktivisten haben im nördlichen Ruhrgebiet weitgehend friedlich gegen das gerade in Betrieb genommene Kraftwerk Datteln 4 protestiert. Klimaaktivistin Greta Thunberg meldete sich via Twitter zu Wort. "Heute ist ein beschämender Tag für Europa, da wir ein brandneues Kohlekraftwerk eröffnen. Wir haben uns verpflichtet, den Weg zu ebnen, um eine Klimakatastrophe zu vermeiden - und doch ist dies das Signal, das wir an den Rest der Welt senden? (...)", schrieb die Schwedin.
Auch Luisa Neubauer von Fridays for Future sagte: "Es ist ein postfaktisches Kraftwerk, alle Fakten sprechen dagegen." Es sei eine Provokation, den Kohleausstieg mit einem neuen Kohlekraftwerk einzuleiten. Datteln 4 müsse wieder vom Netz gehen und das deutlich vor 2037.
Kraftwerk ist Symbol der Auseinandersetzung
Das von Uniper betriebene Steinkohlekraftwerk Datteln 4 im nördlichen Ruhrgebiet ist zum Symbol der Auseinandersetzung um die Energie- und Umweltpolitik in Deutschland geworden. Die von der Bundesregierung eingesetzte Kohlekommission hatte empfohlen, für bereits gebaute aber noch nicht im Betrieb befindliche Kraftwerke eine Verhandlungslösung zu suchen, um sie nicht in Betrieb zu nehmen. Die Umweltverbände sehen deshalb im Ja der Bundesregierung zu Datteln 4 einen Verstoß gegen die Beschlüsse der Kommission.
Gegen den Beginn des kommerziellen Betriebs protestierten neben Fridays for Future auch zahlreiche Anhänger von Greenpeace, Ende Gelände und dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Bereits in der Nacht hatten Aktivisten das Kraftwerk mit Schriftzügen wie "Klimakrise made in Germany" angestrahlt.
Neubauer: "Inkompetente Regierung"
"Wir richten beste Grüße an die offensichtlich inkompetente Regierung", sagte die Klimaaktivistin Neubauer. "Wir werden dieses Kraftwerk verhindern, wir werden es zum Stillstand bringen, wir werden diesen Konflikt gewinnen."
Unter den Protestierenden waren am Samstag auch ehemalige Bergleute. "Wir kritisieren, dass der Steinkohlebergbau in Deutschland eingestellt und den Arbeitern gekündigt wurde, nun aber Kohle aus dem Ausland importiert wird, um Datteln 4 zu betreiben", sagte Sebastian Suszka, selbst ehemaliges Betriebsratsmitglied.
Nach Angaben der Polizei Recklinghausen waren zehn Versammlungen am Kraftwerksgelände angemeldet worden. Die Mahnwachen und Aktionen sollten den ganzen Tag andauern. So sprangen am Mittag rund 20 Anhänger von Ende Gelände in den Kanal, um diesen zu blockieren. Wenig später wurden sie von einer Kanuflotte abgelöst. Nach Angaben einer Polizeisprecherin vom Samstagnachmittag verliefen die Proteste weitgehend friedlich.
Drei Anzeigen wegen Vermummung
Es seien jedoch drei Anzeigen wegen Vermummung geschrieben worden, teilte ein Polizeisprecher mit. Die Menschen hätten sich komplett vermummt, weit mehr als mit einem Corona-Mundschutz. Zwei weitere Personen hätten versucht, Maßnahmen der Beamten zu stören. Die Beamten nahmen ihre Personalien auf. "Alle wurden vor Ort wieder entlassen", so die Polizei via Twitter. Nach Angaben des Linken-Klimapolitikers und Bundestagsabgeordneten Lorenz Gösta Beutin ging die Polizei ohne Warnung und "sehr brutal" vor.
Bundesregierung und NRW-Landesregierung betonen, dass im Gegenzug für Datteln 4 ältere Steinkohlekraftwerke abgeschaltet werden. Dadurch würden die zusätzlichen Kohlendioxid-Emissionen von Datteln 4 kompensiert.
- Nachrichtenagentur dpa