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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Immer frische Eier Dürfen mir meine Nachbarn die Hühnerhaltung verbieten?
Morgens ein frisches Ei – wer im eigenen Garten Hühner hält, braucht nicht mehr zum Markt zu gehen. Selbst Essensreste und Bioabfall lassen sich in Eier verwandeln. Damit es keinen Streit mit den Nachbarn gibt, sollten Hühnerhalter aber ein paar Punkte beachten.
Stammt das Frühstücksei von eigenen Hühnern, schmeckt es besonders gut – darin sind sich viele Halter einig. "Eine ausgewogene, natürliche Fütterung und artgerechte Haltung führt zu gesunden und wunderbar aromatischen Eiern, die mit gekauften Eiern aus dem Supermarkt nicht zu vergleichen sind", sagt Michael von Lüttwitz aus Landsberg. Er ist langjähriger Rassegeflügelzüchter und Autor eines Tierratgebers.
Dürfen Nachbarn Hühnerhaltung verbieten?
Nicht jeder freut sich über die Hühnerhaltung auf dem Nachbargrundstück. Einige fühlen sich durch die Geräusche und den Geruch belästigt. Das kann dazu führen, dass die Hühnerhaltung unter Umständen verboten werden kann. Die Hühnerhaltung ist gestattet in ländlichen Gegenden. Laut dem Urteil des Landgerichts Koblenz (AZ. 6 S 21/19) handelt es sich hierbei um eine "ortsübliche Nutzung".
Auch in Wohngegenden ist die Haltung von Hühnern nicht grundsätzlich verboten. Laut dem Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt (AZ. 4 K 419/17.NW) handelt es sich bei der Hühnerhaltung um ein Hobby, auf das die Nachbarn in gewissem Maße Rücksicht nehmen sollten.
Mit Hahn oder ohne?
Wie viele Hühner es in einer Gruppe geben sollte, hängt vom Platz und vom Budget ab. "Grundsätzlich sollte man mindestens zwei Hühner halten, aber empfehlen würde ich eine Gruppe aus einem Hahn und drei bis sechs Hennen", sagt von Lüttwitz. Falls Nachbarn sich vom morgendlichen Krähen des Gockels gestört fühlen, könne auch auf einen Hahn verzichtet werden. "Dieser beeinflusst nicht die Legeleistung der Hennen."
Eine reine Hennenhaltung kann rechtlich nicht beanstandet werden, das Krähen eines Hahns allerdings schon. "Aber Halter können ja auch versuchen, Nachbarn zu integrieren, zum Beispiel, indem sie Kindern erlauben, die Tiere zu füttern."
Auch Wolfgang Terwege, Vorsitzender des Landesverbands Rheinischer Rassegeflügelzüchter, rät dazu, frühzeitig mit den Nachbarn zu reden. Bevor es Ärger gibt, sollte man das Gespräch mit ihnen suchen.
Welche Hühnerrasse ist geeignet?
Huhn ist nicht gleich Huhn. Es gibt sie in den unterschiedlichsten Farben und Größen – dasselbe gilt für ihre Eier. "Araucanas zum Beispiel legen grüne Eier. Beliebt ist aber auch die Marans-Rasse aus Frankreich, deren Eier schokoladenfarben sind", erläutert von Lüttwitz. Insgesamt gibt es hierzulande etwa 250 Hühnerrassen.
Von Natur aus zahm sind unter anderem die Hühner:
- Cochins
- Sussex und
- Wyandotten
Familien haben mit diesen zutraulichen Rassen besonders viel Spaß, so von Lüttwitz: "Kinder freuen sich, wenn Hühner Futter aus der Hand nehmen, sich streicheln lassen und vielleicht sogar auf Zuruf kommen."
Menschen mit einem etwas kleineren Garten sollten sich für Zwerghühner entscheiden – diese sind schon mit wenig Platz zufrieden, sagt Prof. Theo Mantel. Der ehemalige Präsident der Bundestierärztekammer ist selbst erfahrener Hühnerhalter.
Was es beim Stall zu beachten gibt
Wichtig bei der Hühnerhaltung ist auch die Einrichtung des Stalls. Theo Mantel zufolge sollte der Stall folgende Ausstattung aufweisen:
- Erhöhte Sitzstangen
- Ein Kotbrett
- Legenester
- Tränken
- Futtergefäße
"Außerdem sollten Hühner über zwölf Stunden hinweg bei Helligkeit fressen können. Ist das nicht möglich, verschlechtert sich ihre Legeleistung." Für den Winter empfiehlt er daher künstliches Licht. "Der Stall sollte auch so gebaut sein, dass keine Zugluft hineingelangt. Trockene Kälte schadet den Hühnern nicht, Feuchtigkeit ist allerdings problematischer." Auch Terwege rät dazu, feuchtigkeitsdurchlässige Holzfußböden im Stall zu verwenden und nicht etwa wasserabweisende Spanplatten.
Für viel Auslauf sorgen
Der Auslauf der Hühner kann nicht groß genug sein, aber grundsätzlich reichen 20 Quadratmeter für eine kleinere Gruppe aus, meint Terwege. Von Lüttwitz ergänzt: "Wenn der Auslauf mit Bäumen und Sträuchern durchsetzt ist, vermittelt das den Tieren Sicherheit, und sie können in Ruhe im Laub oder Gras nach Fressbarem scharren."
Scharren gehört nämlich zu den Lieblingsbeschäftigungen der Tiere – genau wie im Staub baden und picken. "Im Stall sollten die Hühner deshalb stets Stroh, Laub, Heu, unbehandelte Hobelspäne und Hanfhäcksel vorfinden", rät von Lüttwitz.
Obst fressen Hühner besonders gern. Als Futter eignen sich laut von Lüttwitz aber auch Salat- und Kohlblätter, Gras, Brennnesseln und Löwenzahn. Zusätzlich sollten die Hühner entweder morgens ein Weichfutter mit Schrotfutter oder ganztägig Schrotfutter bekommen, abends reiche eine Körnerration, so von Lüttwitz. "Damit die Hühner Eierschalen produzieren, können Halter ihnen auch etwas Muschelkalk zur Verfügung stellen."
Hühner als Müllschlucker
Thierry Remond, Hobby-Hühnerhalter im Dörfchen Bischwihr nahe der deutschen Grenze, lässt die Hennen in seinem Garten Essensreste und Bioabfall in Eier verwandeln. "Ich koche für sie wie für mich", sagt er und muss schmunzeln. Remond und seine Frau Christine Wendling sind zwei von mehreren Hundert Elsässern, die schon mal Gratishennen adoptiert haben, um damit ihre Abfallmenge zu reduzieren.
Die Idee mit den kostenlosen Müllschluckern kommt aus den Abfallbetrieben der nahe gelegenen Stadt Colmar. Seit 2015 verteilt man hier jedes Jahr pärchenweise Hennen an geeignete Halter in benachbarten Gemeinden. Über 1.000 Tiere haben so schon den Besitzer gewechselt.
Aus Sicht der Stadt ist das eine Erfolgsgeschichte: Rund 100 Tonnen Biomüll hätten die adoptierten Hennen wahrscheinlich bereits gefressen, sagt Laurent Ott, Chef der Abfallbetriebe. Dieser Müll habe nicht verbrannt werden müssen – damit habe die Stadt das Geld wieder eingespart, das für die Anschaffung der Tiere ausgegeben wurde. "Hühner sind ein bisschen wie Schweine – sie fressen alles."
Nicht ganz – das hat Thierry Remond mittlerweile gelernt. Rohe Kartoffelschalen rührten die Hennen nicht an, sagt er. Auch hartes Brot verschmähten sie. Schokolade sei zu vermeiden – sonst legten die Tiere wochenlang keine Eier mehr. Rohes Fleisch verwandele sie in Kannibalen. Im Winter schließlich bevorzugten die Tiere ihr Futter warm. "Eine schöne Suppe, das ist doch besser als ein Sandwich, oder?", sagt Remond. Außerdem gibt er ihnen Getreide, dem er zerkleinerte Eierschalen beigemischt hat. Das mache die Schalen ihrer Eier härter, sagt er.
Haushühner schlachten
Bei den Mathieus im Dörfchen Horbourg-Wihr sind schon ein paar Haushühner geschlachtet und verspeist worden. "Ich selbst konnte sie aber nicht essen", sagt die dreifache Mutter Corinne Mathieu. In ihrem Vorgarten leben heute neun Hühner, davon drei von den Colmarer Abfallbetrieben. "Wir mussten ein Adoptionszertifikat unterschreiben", erzählt sie. Darin habe die Familie sich verpflichtet, gut für die Tiere zu sorgen. Hier, bei den Mathieus, bekommen die Tiere statt geschredderter Eierschalen sogar zertrümmerte Austernschalen unter die Körner gemischt.
Der Deutsche Tierschutzbund will die Idee aus Colmar weder verdammen noch loben. Man sehe es aber kritisch, dass hier Laien am Werk seien, teilt der Verein mit. Sie könnten nicht immer einschätzen, ob bestimmte Nahrungsmittel den Tieren vielleicht sogar schaden. Eine Ernährung ausschließlich auf Basis von Abfällen sei zudem nicht gut für Hühner. Auch Hausschlachtungen – sofern sie ohne nötige Sachkenntnisse durchgeführt würden – findet der Tierschutzbund problematisch.
Übrigens ist auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zuletzt unter die Hühnerhalter gegangen. Auf der Landwirtschaftsmesse in Paris bekam der Staatschef Ende Februar eine Henne geschenkt. Auch im Élysée-Palast gibt es also vielleicht schon Eier aus eigener Produktion.
Woran Sie kranke Tiere erkennen
Hühner können natürlich auch krank werden. Das erkennen Halter am Kamm und Kehllappen der Tiere, sagt Mantel. "Sind sie nicht mehr leuchtend rot, sondern blass, ist das ein deutliches Anzeichen." Halter sollten auch alarmiert sein, wenn das Gefieder struppig ist und die Hühner längere Zeit still herumhocken. "Ein Tierarzt sollte dann untersuchen, ob das Huhn an einer Wurmkrankheit leidet."
Parasiten sind ebenfalls oft eine Krankheitsursache, besonders bei Jungtieren. Um Krankheiten vorzubeugen, muss der Stall regelmäßig gereinigt werden. "Es reicht, wenn das Kotbrett einmal pro Woche gereinigt wird", sagt Terwege. Die Einstreu sollten Halter etwa alle drei Wochen austauschen.
- Nachrichtenagentur dpa