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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Lebensraum für Spezialisten Es gibt den ökologisch sinnvollen Steingarten
Oberhausen (dpa/tmn) - Eidechsen, die sich in der Sonne wärmen. Käfer, die in Spalten und Ritzen leben. Wildbienen, die in den Blüten Nektar und Pollen sammeln: Ein Steingarten steckt voller Leben.
Auf magerem Boden inmitten von Steinen gedeihen Pflanzen, die sich an die kargen Bedingungen bestens angepasst haben. Die zerklüftete, Wärme speichernde Umgebung bietet Tieren einen Rückzugsraum.
"Steingärten sind künstlich angelegte Biotope, die - je nach Region und Standort - eine natürliche Situation im Garten nachstellen", sagt Hans-Christian Eckhardt vom Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau NRW. Ob Küsten- oder Alpenlandschaft en miniature, am Hang oder als Fläche, mit Hügeln, Trockenmauer oder gar einem kleinen Wasserlauf - Gestaltungsmöglichkeiten gibt es viele.
Nur eines ist ein Steingarten nicht: ein Schottergarten auf Vlies oder Folie. "Diese Kiesflächen haben nichts mit einem Steingarten zu tun. Sie sind tote Flächen, in denen weder Pflanzen wachsen noch Tiere leben können", sagt Buchautorin Angela Beck von der Gesellschaft der Staudenfreunde.
Auch Eckhardt hält Schottergärten für ökologisch verheerend: "Im Laufe der Jahre löst sich das Vlies durch die UV-Strahlung auf und wird als Mikroplastik in die Bäche und Meere geschwemmt. Zurück bleibt eine tote Fläche: Die Folie lässt keinen Luftaustausch zu und so wurde der Boden und alles, was darin lebt, abgetötet."
Der Steingarten muss unbedingt zum Standort passen
Ein Steingarten ist ganz anders aufgebaut - und dabei nicht kompliziert anzulegen. Eine Planung im Vorfeld ist aber wichtig, damit der Garten auch gut anwächst. Grundlage dafür ist nicht nur das optische Arrangement der Steine, sondern insbesondere eine Analyse des Standorts und eine dazu passende Wahl an Pflanzen. "Ein Alpinum gehört nicht in den Vollschatten", nennt der Gärtnermeister ein extremes Beispiel.
Angela Beck empfiehlt, den Steingarten nach Möglichkeit nach Südosten auszurichten. "Ungeschützte, vollsonnige Südlagen sind problematisch, weil sich der Boden sehr schnell erhitzt und rasch austrocknet." Abhilfe schaffen künstliche Abschattierungen oder man baut eine Trockenmauer, die mit genügsamen Varianten von Mauerpfeffer und Hauswurz bepflanzt wird.
"Sedum- und Sempervivum-Arten sind niedrig bleibende Hungerkünstler mit schönen Blattrosetten und Blüten", sagt Beck. Aber auch Rotes Seifenkraut (Saponaria ocymoides), Büschelglocken (Edraianthus) und Filz-Flockenblume (Cyanus triumfettii) kommen an einer offenen Südlage zurecht. Silbrig-flauschig belaubte Katzenpfötchen (Antennaria dioica) ebenso, sie brauchen jedoch kalkfreien Boden.
Der Boden muss auf Diät
Auf die Bodenvorlieben der Pflanzen einzugehen, kann eine Herausforderung sein. Eckhardt rät zu einer professionellen Bodenanalyse und dazu pH-Wert, Struktur und Nährstoffzusammensetzung entsprechend der Empfehlungen anzupassen. "Je besser der Boden vorbereitet ist, desto besser wachsen die Spezialisten", sagt er.
Ein häufiges Problem: Der Gartenboden ist zu nährstoffreich. Zur Abmagerung eignen sich Sand, Split und Lava. Abdeckmaterial und Steine können auch die Bodenqualität beeinflussen: Karbonatgestein wie Muschelkalk, Tuff und Dolomit gelten als ideale Begleiter für kalkliebende Pflanzen wie Alpen-Grasnelke (Armeria alpina), Alpen-Astern (Aster alpinus) und Küchenschelle (Pulsatilla vulgaris).
"Der poröse oder zerklüftete Stein ist sehr beliebt, weil er sich schön bepflanzen lässt", erklärt Beck. "Allerdings ist er nicht sehr stabil und löst sich im Laufe der Jahre auf." Aber es gibt viele Alternativen: schweren, harter Granit etwa, kalkarmen Gneis oder weichen, farbigen Sandstein. Aus ökologischer Sicht empfiehlt die Expertin, Steine aus der Region zu verwenden, um Transportwege zu sparen und eine Anlage authentisch zu gestalten.
Wie viel Material benötigt wird, hängt von Größe und Aufbau der Anlage ab. Neben gestalterischen Elementen wie solitär stehenden Feldsteinen oder Findlingen, sanften Hügeln, Trockenmauern oder senkrecht aufgestellten Steinplatten braucht der Garten eine Drainage- und eine Abdeckschicht. "Kies und Schotter machen den Boden nach unten hin durchlässig und leiten Wasser ab. Als Mulch speichern sie Wärme und schützen den Boden vor Verdunstung", erklärt Eckhardt.
Kleine Gehölze geben die Struktur vor
Für Struktur im Steingarten können aber nicht nur Steine, sondern auch zwergwüchsige Koniferen oder Hexenbesen sorgen. "Hexenbesen sind klein bleibende, langsam wachsende Gehölze, die aufgrund von Mutationen entstanden sind", erläutert Beck. "Durch ihren krüppeligen Wuchs wirken sie skurril, durch ihr Immergrün sind sie ein Gewinn." Ihr Tipp: Spanische Tanne (Abies pinsapo), Hinoki-Scheinzypresse ‘Minima‘ (Chamaecyparis obtusa), Rot-Fichte ‘Ehinger‘ (Picea abies) oder Schlangenhaut-Kiefer ‘Schmidtii‘ (Pinus leucodermis).
Einmal angelegt, erweist sich ein Steingarten in der Regel als pflegeleicht: "Die Pflanzen sind an karge Standorte und Trockenheit gewöhnt", sagt Gärtnermeister Eckhardt. "Sie brauchen keinen Dünger und wenig Wasser - und wenn sie einmal trockenfallen und sich zurückgezogen haben, kommen sie schnell wieder, wenn man sie gießt."
Wichtig sei es jedoch, das Gleichgewicht im künstlichen Lebensraum aufrecht zu erhalten. Dazu gehört Jäten von umliegenden Pflanzen, die sich in der Anlage ausgesät haben. Ein regelmäßiger Schnitt der Stauden kann sich als sinnvoll erweisen, damit sie die Steine nicht vollständig überwuchern.
Literatur:
Angela Beck: Steingärten & Trockenmauern. Gestalten – pflanzen – pflegen. Kosmos, 2018. 80 Seiten, 8,99 Euro, ISBN-13: 978-3440160572