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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Widerrufsrecht Wärmepumpe: Können Sie den Einbau noch verhindern?
Sie haben sich vor einiger Zeit aufgrund des geplanten Heizungsgesetzes für eine Wärmepumpe entschieden, wollen sie nun aber doch nicht? Was können Sie tun?
Der Entwurf zum neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG) – auch Heizungsgesetz genannt – wurde bereits leicht geändert. So sollen neben Wärmepumpen künftig auch andere Heizarten wie Pelletheizungen oder teilweise sogar Gasheizungen erlaubt sein.
Das mag manch einen Hausbesitzer freuen, der von Wärmepumpen nichts hält. Aber wie sieht die Lage aus, wenn ich bereits ein Unternehmen mit dem Einbau einer Wärmepumpe beauftragt habe? Kann ich mich angesichts der neuen Optionen noch umentscheiden und vom Vertrag zurücktreten? Diese Fragen hat t-online Benjamin Tapkenhinrichs gestellt, Rechtsanwalt bei der Kanzlei KSB INTAX v. Bismarck PartGmbB.
t-online: Herr Tapkenhinrichs, der erste Entwurf zum Heizungsgesetz hat einen Run auf Wärmepumpen ausgelöst. Der Tausch verzögert sich deshalb vielerorts aufs kommende Jahr. Wie lange haben Verbraucher Zeit, von dem Vertrag zurückzutreten, wenn sie nun doch keine Wärmepumpe mehr einbauen lassen wollen?
Benjamin Tapkenhinrichs: Erst einmal gilt der Grundsatz, dass Verträge einzuhalten sind – und zwar unabhängig davon, ob sich ein Gesetz ändert oder nicht.
Das heißt, Verbraucher haben keine Möglichkeiten, von dem Vertrag zurückzutreten?
Es kommt darauf an. Wenn ein Vertrag zum Kauf und zum Einbau einer Wärmepumpe abgeschlossen wurde, ist dieser grundsätzlich bindend, wenn nicht ausnahmsweise eine Aufhebung des Vertrages, etwa durch Rücktritt, möglich ist. Ob die Voraussetzungen dafür gegeben sind, muss im Einzelfall geprüft werden.
Daneben kann im Einzelfall auch ein Widerrufsrecht bestehen, wenn die Wärmepumpe etwa im Internet bestellt wurde und der Einbau nur eine Nebenleistung darstellt. Wurde die Wärmepumpe bei einem Handwerker vor Ort bestellt, ist das in der Regel nicht der Fall.
Welche Voraussetzungen hat ein Rücktritt?
In der Regel müssen ein Rücktrittsgrund, eine Fristsetzung und eine Rücktrittserklärung vorliegen. Ein Rücktrittsgrund kann beispielsweise vorliegen, wenn eine fest vereinbarte Lieferfrist nicht eingehalten wird und dadurch nicht gesichert ist, dass die Wärmepumpe tatsächlich bis zur nächsten Heizperiode eingebaut wird oder der Termin für den Einbau der Wärmepumpe immer und immer wieder verschoben wird (§ 323 BGB). In diesen Fällen könnte ohne vorherige Fristsetzung der Rücktritt gegenüber dem Verkäufer erklärt werden.
Gibt es dabei etwas zu beachten?
Ja. Wichtig ist, dass der Zugang der Rücktrittserklärung bewiesen werden kann, etwa durch ein Einwurfeinschreiben. Ein wirksamer Rücktritt hätte zur Folge, dass der Käufer sich von dem Vertrag lösen und gegebenenfalls den bereits entrichteten Kaufpreis zurückverlangen kann.
Benjamin Tapkenhinrichs ist Rechtsanwalt bei der Kanzlei KSB INTAX v. Bismarck Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater PartGmbB. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Agrarrecht, im öffentlichen Recht sowie in der Prozessführung. Darüber hinaus ist Tapkenhinrichs Mitglied im Rechtsanwalts- und Notarverein Hannover sowie im Deutschen Anwaltverein.
Gibt es eine Sonderregelung für Verbraucher, die sich aufgrund der Änderung der Gesetzeslage nun umentscheiden? Schließlich diente sie vielen als Grundlage für ihre Entscheidung.
Nein, eine solche Sonderregelung wäre mir nicht bekannt. Man muss berücksichtigen, dass es noch gar kein vom Bundestag beschlossenes Gesetz gab, sondern nur einen Gesetzesentwurf, der geändert wurde. Wenn es bereits ein beschlossenes Gesetz gegeben hätte, hätte man über eine sogenannte "Störung der Geschäftsgrundlage" nachdenken können.
Was bedeutet das?
Eine "Störung der Geschäftsgrundlage" liegt vor, wenn sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag so nicht geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Das ist hier nicht der Fall, da lediglich ein Gesetzentwurf vorlag.
Es war aus diesem Grund für die Käufer der Wärmepumpe vorhersehbar, dass sich der Gesetzesentwurf noch ändern kann. Wenn jemand aufgrund einer unsicheren Gesetzeslage eine Wärmepumpe kauft, ist es sein Risiko und nicht das Risiko des Verkäufers.
Wenn in dem Vertrag zum Heizungstausch Klauseln eingefügt wurden, die einen späteren Widerruf noch ermöglichen, was ist dann dabei zu beachten?
Sie meinen ein vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht?
Genau.
Wichtig ist, dass es schriftlich in dem Vertrag festgehalten ist. Denn mündliche Absprachen lassen sich später nur schwer beweisen. Man muss im Einzelfall prüfen, ob die Voraussetzungen des vereinbarten Widerrufsrechts tatsächlich vorliegen. Wenn dies der Fall ist, könnte sich der Käufer durch Erklärung des Widerrufs vom Vertrag lösen.
Müssen Verbraucher mit Strafen rechnen, wenn sie den Vertrag widerrufen oder davon zurücktreten?
Wenn die Voraussetzungen für einen Rücktritt gegeben sind, müssen Käufer mit keinen Strafen rechnen.
Wenn die Voraussetzungen jedoch nicht gegeben sind, muss der Käufer damit rechnen, den vereinbarten Preis für den Kauf und den Einbau der Wärmepumpe bezahlen zu müssen. Der Verkäufer kann in diesem Fall darauf bestehen, dass der Vertrag tatsächlich durchgeführt wird und der Käufer die Wärmepumpe und die Einbauleistung abnimmt.
Er kann also nichts tun und bleibt dann auf der Wärmepumpe sitzen?
Es gibt immer die Möglichkeit, miteinander zu sprechen. Der Verkäufer könnte kulanterweise einer Vertragsaufhebung zustimmen. Es wäre auch denkbar, dem Verkäufer einen gewissen Geldbetrag als Kompensation für die Vertragsaufhebung anzubieten. Um Streit im Nachhinein zu vermeiden, sollte dies jedoch unbedingt zur Beweissicherung schriftlich festgehalten werden.
Vielen Dank, Benjamin Tapkenhinrichs.
- Telefonisches Interview Benjamin Tapkenhinrichs, 29.06.2023