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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Corona-Sommerwelle Wer jetzt die vierte Impfung braucht
Die Corona-Infektionszahlen steigen wieder. In Deutschland breitet sich die sehr ansteckende Variante BA.5 aus. Wie gefährlich kann das werden und wer braucht jetzt welchen Schutz?
Der Omikron-Subtyp BA.5 breitet sich auch in Deutschland rasch aus. Der Verband der Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM) schätzt, dass derzeit schon 40 bis 50 Prozent der Infektionsfälle auf BA.5 zurückzuführen sind. Die zunächst in Südafrika nachgewiesene Variante breitete sich zuletzt vor allem in Portugal sprunghaft aus und gilt als bislang ansteckendste Variante.
Dass das Infektionsgeschehen auch hierzulande viel höher ist als die Zahlen zeigen, hängt auch mit der geänderten Teststrategie zusammen, nach der etwa an Schulen oder am Arbeitsplatz nicht mehr getestet wird. Denn klar ist: Die Statistik des Robert Koch-Instituts (RKI) erfasst lediglich bestätigte positive PCR-Tests. Deren Anzahl hat aber in den letzten Monaten rapide abgenommen.
"Sommerwelle ist Realität"
Der Modellierer Kristan Schneider warnte im Interview mit t-online bereits: "Wir verlieren das wahre Infektionsgeschehen aus den Augen, seitdem es keine Querschnitttestungen mehr gibt. Und auch Schnelltests werden in den meisten Fällen ja erst dann gemacht, wenn Symptome auftreten."
Angesichts der dennoch steigenden Zahlen konstatiert Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in der "Rheinischen Post": "Die angekündigte Sommerwelle ist leider Realität geworden. Das bedeutet auch für die nächsten Wochen wenig Entspannung." Der bisher beobachtete Sommereffekt in der Pandemie verpuffe diesmal. Lauterbach weiter: "Älteren und Vorerkrankten empfehle ich daher dringend, sich nochmal impfen zu lassen." Dies verhindere nicht unbedingt eine Infektion, aber es verhindere schwere Krankheitsverläufe.
Wer braucht die vierte Impfung?
Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt die vierte Impfung für Menschen über 70 Jahre, für Bewohner in Alten- und Pflegeheimen, Pflegepersonal und Menschen mit Immunschwäche-Krankheiten. Bei Letzteren gilt die Empfehlung bereits ab einem Alter von fünf Jahren. Karl Lauterbach fordert die vierte Impfung allerdings bereits für Menschen ab 60 Jahren, eine Empfehlung dafür gibt es aber bislang nicht.
Wann ist der richtige Zeitpunkt?
Ältere und Vorerkrankte sollten sich frühestens drei Monate nach dem ersten den zweiten Booster geben lassen. Gesundheits- und Pflegepersonal sollte eine Frist von einem halben Jahr abwarten. Wer sich jedoch nach der dritten Impfung bereits mit dem Coronavirus infiziert hatte, braucht nach Einschätzung der Stiko keinen zweiten Booster.
Warum wird der zweite Booster überhaupt nötig?
Die neuen Omikron-Varianten des Coronavirus unterlaufen teilweise den aufgebauten Immunschutz durch die Impfungen. Die bislang zugelassenen Impfstoffe bieten somit nur einen relativ kurzen Schutz vor der Infektion. Studien aus Großbritannien und den USA deuten darauf hin, dass dieser Schutz nur einige Monate anhält.
Kommt nicht bald der Omikron-Impfstoff?
Die beiden großen mRNA-Impfstoffhersteller Moderna und Biontech entwickeln auf die Omikron-Variante angepasste Impfstoffe. Beide kündigten an, ihre Studiendaten in den kommenden Wochen an die Regulierungsbehörden übermitteln zu wollen, um eine Zulassung der Vakzine zu erreichen. Damit wären sie voraussichtlich erst im Herbst einsatzbereit.
Was kommt im Herbst auf uns zu?
Da nicht klar ist, wie lange der Immunschutz nach einer Infektion mit der Omikron-Variante anhält, ist nach den Aussagen vieler Experten auch für den Herbst keine wesentliche Entspannung zu erwarten. Der Epidemiologe Markus Scholz erklärte im Interview mit t-online: "Da sagen die ersten Modelle nichts Gutes voraus. Ich denke, dann könnten noch einmal neue Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens nötig werden. Wir alle wissen bislang nicht, welche Variante dann dominant sein oder bleiben wird, aber auch mit BA.5 könnte es problematisch werden."
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Nachrichtenagentur dpa
- Empfehlungen der Ständigen Impfkommission
- Eigene Recherche