Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Studie erforscht Übersterblichkeit Niedrige Impfquote führt zu hohen Todeszahlen
Impfen gilt als Königsweg zur Vermeidung eines schweren Krankheitsverlaufes nach einer Corona-Infektion. Aktuelle Zahlen zeigen nun, wie wirksam die Impfungen schützen – auch vor dem Tod.
Übersterblichkeit nennen Statistiker eine erhöhte Sterberate im Vergleich zu anderen empirischen Daten. Das Bundesamt für Statistik teilte in der vergangenen Woche mit, dass im Jahr 2021 mit 1.016.899 Fällen erstmals seit 1946 mehr als eine Million Menschen pro Jahr in Deutschland gestorben sind. Damit bestehe eine Übersterblichkeit zu den Vorjahren, die sich auch nicht durch die Alterung der Bevölkerung erklären lässt.
Forscher der Universität Jena haben nun den Zusammenhang zwischen der Impfquote und der Übersterblichkeit in den einzelnen Bundesländern untersucht.
Sie nahmen dafür die Daten der Jahre 2016 bis 2019 als Grundlage im Vergleich zum Jahr 2021. Das Jahr 2020 klammerten sie aus der Erhebung aus, da es aufgrund starker Kontaktbeschränkungen und anderer strikter Anti-Corona-Maßnahmen als nicht repräsentativ gilt. Verglichen wurden jeweils die Kalenderwochen 1 bis 48.
Niedrige Impfquote, hohe Todeszahlen
Grundlage waren zudem die Daten des Robert Koch-Instituts über die vollständige Impfung (ohne Boosterung) in den einzelnen Ländern. Das Ergebnis: Eine hohe Impfquote geht mit einer vergleichsweise niedrigen Übersterblichkeit einher.
So verzeichnete das Bundesland Bremen mit einer Impfquote von 80,9 Prozent eine Übersterblichkeit von nur 1,44 Prozent. Das Land mit der niedrigsten Impfquote – Sachsen – hatte eine Übersterblichkeit von 14,67 Prozent. Hier lag die Impfquote zum Stichtag des Vergleiches bei 58,7 Prozent.
Embed
Die Universität schreibt dazu: "Die Untersuchung legt nahe, dass die Übersterblichkeit zumindest teilweise durch Covid-19-Fälle zu erklären ist und dass durch Impfungen Infektionen verhindert oder ein milderer Verlauf bewirkt wurde. Die Analyse bezieht sich auf Daten vor dem dominanten Auftreten der Omikron-Variante. Aussagen über die zukünftige Entwicklung lässt die Analyse daher nicht zu."
Eine Schwäche hat die Studie jedoch: Sie berücksichtigt nicht die Altersstruktur. Ihr haben sich Wissenschaftler der Ludwig-Maximilians-Universität München gewidmet. Sie untersuchten die Übersterblichkeit in der vierten Welle nach Altersgruppen. Auch sie kommen zu dem Schluss: Es sind deutliche Raten an Übersterblichkeit zu verzeichnen.
Übersterblichkeit in allen Altersgruppen
Ihr Fazit: "Wir sehen, anders als vor einem Jahr während der zweiten Welle (Nov./Dez. 2020) traten in den Wochen Ende November Übersterblichkeiten von ca. 15 Prozent in der Altersgruppe 0-59 Jahre auf."
In der Altersgruppe der 60- bis 79-Jährigen habe etwas über 20 Prozent Übersterblichkeit vorgelegen, ähnlich in der Gruppe der über 80-Jährigen. In den beiden letzten Gruppen sei dabei die gesamte Übersterblichkeit nur etwa zur Hälfte durch Todesfälle zu erklären, die in Zusammenhang mit Covid-19 stehen.
Länder mit niedriger Impfquote besonders betroffen
Angaben zur Impfquote wurden hier nicht gemacht, doch betrachtet man einzelne Bundesländer im untersuchten Zeitraum, führen erneut die Länder das Übersterblichkeits-Ranking an, in denen die Impfquote niedrig ist.
Die Forscher teilen mit: "Sachsen zeigt dabei mit über 60 Prozent die höchste Übersterblichkeit, wobei ca. 40 Prozent durch Todesfälle mit/wegen Corona zu erklären sind."
Gefolgt davon sei Thüringen mit etwa 50 Prozent Übersterblichkeit, rund 30 Prozent durch Todesfälle in Zusammenhang mit Covid-19. "Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Bayern zeigen 30 Prozent Übersterblichkeit, etwa die Hälfte davon mit/wegen Covid-19. Baden-Württemberg und Hessen zeigen ca. 20 Prozent Übersterblichkeit. Alle anderen Bundesländer fallen nicht durch eine anhaltende Übersterblichkeit auf."
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Bericht der Covid-19 Data Analysis Group/ Universität München
- Eigene Recherche