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Corona: So verfälscht sind die Zahlen der Hospitalisierungsinzidenz


Corona-Indikator
So verfälscht sind die Zahlen der Hospitalisierungsinzidenz


Aktualisiert am 07.02.2022Lesedauer: 4 Min.
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Corona-Intensivstation (Symbolbild): Die Zahlen der Corona-Patienten im Krankenhaus werden immer wichtiger.Vergrößern des Bildes
Corona-Intensivstation (Symbolbild): Die Zahlen der Corona-Patienten im Krankenhaus werden immer wichtiger. (Quelle: ZUMA Wire/imago-images-bilder)

Die Inzidenzen steigen auf neue Rekordwerte. Moderat bleibt hingegen die Hospitalisierungsinzidenz. Durch Omikron scheinen die Verläufe milder. Doch wie sicher ist der Wert?

Während zu Beginn der Pandemie vor allem Inzidenzen, Infektionszahlen und der R-Wert eine große Rolle bei Entscheidungen über neue Maßnahmen spielten, wird mittlerweile auch die Zahl der hospitalisierten Covid-Patienten betrachtet. Doch es gibt immer wieder auch Kritik an den Werten und besonders in der aktuellen Omikron-Welle scheint der Überblick verloren zu gehen.

Was zeigt die Hospitalisierungsinzidenz?

Die Hospitalisierungsrate soll anzeigen, wie viele Einwohner einer Region mit einer Covid-Erkrankung im Krankenhaus landen. Die Inzidenz bezieht sich auf Krankenhauseinweisungen pro 100.000 Einwohner binnen der vergangenen sieben Tage.

Aktuell (Stand 4. Februar 2022) liegt die Hospitalisierungsinzidenz für Gesamtdeutschland laut Robert Koch-Institut (RKI) bei 5,45, Tendenz steigend. Das bedeutet, aktuell werden rund fünf Covid-Patienten pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche in Krankenhäuser verlegt. Je nach Region sieht die Lage mittlerweile allerdings auch dramatischer aus.

Warum ist dieser Wert so wichtig?

Die Zahl der Krankenhauseinweisungen soll dabei helfen, eine Überlastung des Gesundheitssystems frühzeitig zu erkennen. Werden Schwellenwerte erreicht, soll mit entsprechenden Maßnahmen verhindert werden, dass beispielsweise nicht mehr ausreichend Krankenhaus- oder Intensivbetten für Covid-Patienten bereitstehen oder dass andere Operationen verschoben sowie Patienten abgelehnt oder verlegt werden müssen.

Dieser Wert wurde zudem gewählt, weil er die tatsächliche Lage besser abbilden können soll als beispielsweise die reinen Infektionszahlen oder die Inzidenz, da bei diesen beiden Werten Geimpfte sowie Ungeimpfte gezählt werden. Dabei ist der Verlauf einer Corona-Infektion bei Geimpften nur selten so schwer, dass sie eine relevante Rolle bei der Belastung des Gesundheitssystems spielen.

Warum sind die Zahlen nicht aussagekräftig genug?

Die Zahlen, die im Spätsommer 2021 als wichtiger Indikator gewählt wurden, sind allerdings eigentlich nur richtungsweisend und bieten keinen Echtzeit-Blick. Denn: Zwischen der Infektion und einer Krankenhauseinweisung vergehen laut Robert Koch-Institut im Schnitt etwa zehn Tage. Die vollständigen Werte liegen also oft erst nach etwa zwei Wochen vor.

Darauf weist das RKI hin: "Die letzten 14 Tage sind grau unterlegt, da durch Übermittlungsverzug die Werte in gewissem Maß unterschätzt werden können." Besonders beeinträchtigt wird der Wert durch die Bürokratie. So erklärt das RKI: "Der Meldeweg vom Arzt oder anderen Meldepflichtigen zum Gesundheitsamt läuft derzeit noch routinemäßig per Fax, selten per Telefon oder E-Mail."

Omikron sorgt für Chaos bei Zahlen

Durch die Omikron-Variante und das extreme Ansteigen der Fallzahlen fehle mittlerweile auch in Krankenhäusern der Überblick, insbesondere für die Normalstationen, wie die "Tagesschau" berichtet. Zwar gebe das Intensivregister (Divi) Auskunft über die Kapazitäten bei Intensivbetten.

Es gehe jetzt aber darum, "wie viele Corona-Patientinnen und -patienten nicht nur auf der Intensivstation, sondern auch auf den Normalstationen liegen", betonte demnach Intensivmediziner Christian Karagiannidis. "Die offiziellen Daten sind aktuell meilenweit von der Realität entfernt." Ihm zufolge sei die Hospitalisierungsinzidenz beispielsweise in Nordrhein-Westfalen in Wirklichkeit dreimal höher als offiziell gemeldet.

Unstimmigkeiten sowohl geografisch als auch zeitlich

Es kann zudem zu Unklarheiten bei der Meldung kommen: Beispielsweise kann es durch unterschiedlich lange Meldewege passieren, dass ein Covid-Fall erst final gemeldet wird, wenn die Hospitalisierung ebenfalls bereits gemeldet wurde. Teilweise muss die Hospitalisierung von den Gesundheitsämtern auch "nachermittelt werden".

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Auch geografisch kann es zu Unstimmigkeiten kommen: Erkrankt beispielsweise jemand, der in Niedersachsen wohnt, wird er auch dann Niedersachsen zugeordnet, wenn er in Hamburg im Krankenhaus liegt. So können Zahlen entstehen, die "keinen direkten Rückschluss auf die Krankenhausbelegung der jeweiligen Bundesländer zulassen".

Und: Die Hospitalisierungsinzidenz wird zwar auf die Bevölkerung bezogen, nicht aber auf die verfügbaren Krankenhauskapazitäten. So kann eine hohe Inzidenz im Saarland etwas ganz anderes bedeuten als die gleiche Inzidenz in Nordrhein-Westfalen.

Was wird getan, um die Zahlen verlässlicher zu machen?

Mittlerweile hat das RKI reagiert und zumindest der Trend der Zahlen wird durch Schätzungen bearbeitet. "Um den Trend der Anzahl von Hospitalisierungen und der Sieben-Tage-Hospitalisierungsinzidenz besser bewerten zu können, wird die berichtete Hospitalisierungsinzidenz um eine Schätzung der zu erwartenden Anzahl an verzögert berichteten Hospitalisierungen ergänzt", heißt es dazu vom RKI.

Neben den Daten der gemeldeten Hospitalisierungen auf Bundes- und Länderebene gebe es daher ein Nowcasting der Anzahl hospitalisierter Fälle und der Sieben-Tage-Hospitalisierungsinzidenz auf Bundesebene. "Ziel ist die Schätzung der Anzahl von hospitalisierten Fällen mit Meldedatum innerhalb der sieben vorhergehenden Tage, inklusive der noch nicht an das RKI berichteten Hospitalisierungen."

Welche Hospitalisierungsinzidenz gibt es aktuell bei Ihnen?

Auch, wenn die Zahlen nicht eindeutig sind, lassen sie eine Tendenz erkennen – und weisen aus, mit welchen Corona-Maßnahmen zu rechnen ist. In den einzelnen Bundesländern gibt es aktuell ganz unterschiedliche Inzidenzen, besonders dramatisch ist die Lage demnach in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg. (Stand: 4. Februar 2022)

  • Brandenburg: 4,03
  • Berlin: 2,4
  • Baden-Württemberg: 6,55
  • Bayern: 5,73
  • Bremen: 3,82
  • Hessen: 6,93
  • Hamburg: 5,78
  • Mecklenburg-Vorpommern: 9,56
  • Niedersachsen: 4,16
  • Nordrhein-Westfalen: 5,34
  • Rheinland-Pfalz: 4,93
  • Schleswig-Holstein: 4,98
  • Saarland: 6,61
  • Sachsen: 4,31
  • Sachsen-Anhalt: 6,92
  • Thüringen: 5,19

Welche anderen Werte wären wichtig?

Weiterhin spielen Inzidenzen, Neuinfektionen und natürlich die Belegung der Intensivstationen eine große Rolle bei Corona-Entscheidungen. Auch die Lage auf den Intensivstationen gibt ähnlich wie die Krankenhauseinweisungen Aufschluss darüber, wie belastet unser Gesundheitssystem aktuell ist.

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So gibt es dem Register der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) zufolge insgesamt 22.162 Betten auf den Intensivstationen in Deutschland. Aktuell sind 19.218 der Betten belegt und 2.944 frei (Stand 4. Februar 2022). Covid-19-Patienten belegen 2.262 der Betten.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Pressekonferenz der Bundesärztekammer vom 19. November 2021
  • Robert Koch-Institut
  • RKI - Datensatzdokumentation Covid-19-Hospitalisierungen
  • Divi-Intensivregister
  • Divi-Tagesreport vom 4. Februar 2022
  • tagesschau.de: "Was für Lockerungen spricht - und was nicht", 2. Februar 2022.
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