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Coronavirus: Sorgt Bradykinin-Sturm für viele Todesfälle?


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Neue Therapie-Hoffnung
Löst ein Bradykinin-Sturm Todesfälle bei Covid-19 aus?


Aktualisiert am 10.09.2020Lesedauer: 3 Min.
Coronavirus: In den USA wird ein Supercomputer zur Corona-Forschung genutzt. (Symbolbild)Vergrößern des Bildes
Coronavirus: In den USA wird ein Supercomputer zur Corona-Forschung genutzt. (Symbolbild) (Quelle: janiecbros/getty-images-bilder)

Warum erkranken einige Menschen so schwer an Covid-19? Ein Supercomputer aus den USA hat das Coronavirus analysiert, um diese Frage zu beantworten. Die Ergebnisse könnten auch helfen, die Therapie zu verbessern.

Wie schwer eine Erkrankung infolge einer Infektion mit dem Coronavirus verläuft, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Experten gehen davon aus, dass vor allem Hormone eine wichtige Rolle bei Covid-19 spielen könnten. Das bestätigen nun auch aktuelle Veröffentlichungen aus den USA.

Ein Forscherteam um den Studienleiter Dr. Daniel Jacobson untersuchte, warum eine Infektion mit dem Coronavirus schwere und teils lebensbedrohliche Symptome hervorrufen kann. Dazu nutzten sie einen Supercomputer mit dem Namen "Summit" im Oak Ridge National Lab in Tennessee.

Neue Theorie für die Covid-19-Erkrankung

Dieser zweitschnellste Computer der Welt analysierte Daten von rund 17.000 einzelnen genetischen Proben des Coronavirus SARS-CoV-2, um dieses besser zu verstehen. Trotz des schnellen "Summit"-Systems war der Computer laut den Wissenschaftlern eine Woche lang mit der Rechenarbeit beschäftigt. Anschließend wurden die Daten gesichtet und am Ende der Arbeit konnten die Forscher eine neue Theorie veröffentlichen: die sogenannte Bradykinin-Hypothese.

Sie soll erklären, wie sich Covid-19 auf den Körper auswirkt und Erkenntnisse darüber liefern, welche möglichen Therapieansätze den Patienten helfen könnten.


Die Studie, die im Juli im Wissenschaftsjournal "eLife" veröffentlicht wurde, liefert damit eine alternative Theorie für plötzliche und unerklärliche Todesfälle bei Covid-19-Patienten. Bislang war die Überreaktion des Immunsystems von vielen Experten durch den sogenannten Zytokin-Sturm erklärt worden.

Was bedeutet Zytokin-Sturm?

Um die Bradykinin-Hypothese nachzuvollziehen, ist es wichtig zu verstehen, was bei einem Zytokin-Sturm im Körper passiert. Inzwischen gilt als gesichert, dass die Mehrheit der Covid-19-Patienten nur leichte oder sogar gar keine Symptome entwickelt. Andere hingegen leiden unter schweren und teils lebensbedrohlichen Symptomen, die sich auf sämtliche Organe auswirken.

Bei schweren Covid-19-Verläufen konnten Mediziner ein bestimmtes Muster feststellen: Das körpereigene Immunsystem zeigt eine Überreaktion auf das Coronavirus und beginnt, überschüssige Zytokine (Proteine) zu produzieren. Die Immunzellen der Betroffenen greifen in der Folge verstärkt die Lunge an. Im schlimmsten Fall kann das zu Schädigungen in den Blutgefäßen, zu Blutdruckabfall und auch zu Multiorganversagen führen. Mehr zu den Auswirkungen eines Zytokin-Sturms erfahren Sie hier.

Das besagt die Bradykinin-Hypothese

Bradykinin ist ein Hormon, das an der Steuerung von Entzündungsprozessen im Körper beteiligt ist. Es ist zuständig für die Regulierung des Blutdrucks und die Steigerung des Schmerzempfindens. Forscher haben herausgefunden, dass bei vielen Corona-Patienten der Bradykinin-Spiegel erhöht ist.

Nach den neuen Erkenntnissen beginnt eine Corona-Infektion, wenn das Virus durch sogenannte ACE2-Rezeptoren, meist jene in der Nase, in den Körper eindringt. In der Folge kann das Coronavirus auch andere Organe wie Herz, Nieren und Darm befallen, in denen nur geringfügig ACE2-Rezeptoren vorhanden sind, so Dr. Jacobsen und sein Team. "Das Virus ist wie ein Einbrecher. Er dringt in Ihr Haus ein [...] und öffnet alle Türen und Fenster", heißt es in der Studie.

Hat sich der Erreger im Körper ausgebreitet, kann er laut den Wissenschaftlern unter anderem körpereigene Funktionen durcheinanderbringen, die das Kreislaufsystem und den Gehalt von Bradykinin im Körper beeinflussen.

Bei Covid-19 wird der Abbau von Bradykinin gestoppt, was zu einem Bradykinin-Sturm führt. Dabei handelt es sich um eine massive, unkontrollierbare Bradykinin-Anhäufung im Körper. Nach der neuen Hypothese ist dieser Sturm letztlich für viele der tödlichen Verläufe von Covid-19 verantwortlich.

Die Studienautoren resümieren, dass "die Pathologie von Covid-19 wahrscheinlich eher das Ergebnis von Bradykinin-Stürmen als von Zytokin-Stürmen ist", die zuvor bei Covid-19-Patienten identifiziert worden waren. Möglicherweise seien aber beide Stürme eng miteinander verbunden.

Supercomputer entwickelt Empfehlungen für Covid-19-Therapie

Die Bradykinin-Hypothese eröffnet auch eine neue Behandlungsmöglichkeit: Wenn Bradykinin-Stürme tatsächlich für einige der Komplikationen bei Covid-19-Patienten verantwortlich sind, dann könnte den Forschern zufolge die Lösung sein, das Hormon frühzeitig unter Kontrolle zu bringen. Dazu gebe es bereits unabhängig von Corona mindestens zehn erprobte Medikamente.

Es bedarf jedoch noch streng kontrollierter klinischer Studien, bevor die Mittel bei Covid-19-Patienten zum Einsatz kommen könnten.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
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