Experte erklärt auffällige Sätze Diese Worte können auf Depressionen hindeuten
Depressionen wirken sich nicht nur auf das Verhalten der Erkrankten aus. Auch die Sprache kann Hinweise darauf geben. Diese Sätze sind Alarmzeichen.
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Ein Forscherteam von der University of Reading in Großbritannien untersuchte 2018 mithilfe einer Computeranalyse die sprachlichen Unterschiede zwischen Menschen mit einer Depression und ohne. Insgesamt wurden Beiträge von mehr als 6.000 Nutzern in über 60 Onlineforen ausgewertet. Das Ergebnis: Depressive Menschen verwenden häufiger Worte, mit denen sich negative Gefühle und Stimmungen ausdrücken lassen.
Wo liegen die Ursachen einer Depression?
Bei einer Depression liegt häufig eine Stoffwechselstörung im Gehirn vor. Die Neurotransmitter Serotonin und Noradrenalin werden dann nicht in ausreichender Menge produziert. Sie können folglich ihre Aufgabe bei der Regulation von Gefühlen nicht richtig ausführen. Auch hormonelle Veränderungen können eine Ursache der Krankheit sein. Die Anfälligkeit für Depressionen kann außerdem vererbt werden. Ein Hinweis darauf kann sein, dass die Erkrankung auch schon bei anderen Familienmitgliedern häufiger auftrat.
Verbale Symptome: Diese Wörter können auf eine Depression hindeuten
Häufig werden Adjektive wie "einsam", "traurig" oder "miserabel" gebraucht. Auch absolute Wörter wie "immer", "nie" und "total" sind oft zu finden. Außerdem verwenden depressive Menschen deutlich häufiger Pronomen in der ersten Person Singular, also "ich", "mein", "mir" und "mich". Den Wissenschaftlern zufolge liegt das daran, dass depressive Personen stark auf sich selbst fokussiert sind. Zudem fehlt ihnen häufig der Kontakt zur Außenwelt.
Dass eine Sprachanalyse dabei helfen kann, Depressionen zu erkennen, davon ist auch Armin Rösl überzeugt. Der Sprecher und stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Depressionsliga (DDL) erkrankte 2010 selbst an einer Depression – und erkennt sich rückblickend in den Forschungsergebnissen wieder: "Es liegt am Krankheitsbild der Depression, dass Betroffene mutlos und traurig sind. Das spiegelt sich in negativen Formulierungen wider. Bei Verdacht auf eine Depression lohnt es sich, genauer hinzuhören."
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Verräterische Sätze: Darauf sofort regieren
Neben der Verwendung negativer Begriffe artikulieren depressive Menschen zudem plötzlich Dinge, die sie vorher so noch nie oder nur selten gesagt haben. Und das nicht nur ein- oder zweimal, sondern immer wieder. "Es läuft sozusagen stets die gleiche Schallplatte", so Rösl. Sätze wie "Ich mag nicht mehr", "Ich habe keine Ahnung, was mit mir los ist", "Ich bin sehr müde" oder "Ich bin nichts wert" seien für die Erkrankung typisch.
Werden Suizidgedanken ausgesprochen, sollten Angehörige das sehr ernst nehmen. "Äußert das Gegenüber Sätze wie 'Ich bringe mich um', 'Ich bin nichts mehr wert' oder 'Ich mag nicht mehr', benötigt der Betroffene dringend Hilfe und darf nicht allein gelassen werden", betont Rösl.
Depressive haben oft keine Kraft für Kommunikation
Häufig verschließen sich Depressive gegenüber Kommunikation komplett. Laut Rösl ziehen sich die Betroffenen zurück, weil für sie jede Konversation mit großer Anstrengung verbunden ist. Sie möchten allein sein. "Betroffenen fällt es schwer, Kraft für überhaupt irgendetwas zu finden. Auch zum Sprechen. Insofern liegt die Studie schon richtig damit, dass Depressive eine andere Sprache benutzen", so Rösl.
Auffällig sei insbesondere, dass Betroffene anders sprechen als vor ihrer Erkrankung. Nicht nur viel Negatives, sondern mitunter auch Wirres, nicht Nachvollziehbares. Beispielsweise hätten viele Betroffene plötzlich Existenzangst und würden formulieren, dass sie einen finanziellen Ruin befürchten – obwohl es hierfür überhaupt keine Anzeichen gebe.
Verdacht auf Depression: Betroffene ansprechen
Doch wie geht man mit dem Verdacht Depression um? Rösl weiß aus Erfahrung, wie wertvoll Gespräche sein können. Allerdings dürfe man den Kranken nicht überfordern. Ein guter Gesprächseinstieg sei beispielsweise: "Du, ich habe in den letzten Tagen beobachtet, dass du dich verändert hast. Versuche doch mal, deine aktuellen Gefühle zu beschreiben. Ich möchte versuchen, sie zu verstehen und nachzuvollziehen."
Am besten sei ein solches Gespräch außerhalb des alltäglichen Ablaufes, etwa bei einem Spaziergang. "Der Betroffene muss aus seinem Schneckenhaus rauskommen, auch wenn er oder sie das eigentlich nicht möchte. Trotzdem: Unter den Arm nehmen und mitnehmen. Betroffene sollten immer das Gefühl haben, dass sie mit ihrer Krankheit nicht allein gelassen sind. Dass ihnen Aufmerksamkeit geschenkt wird."
Depression: Körperpflege fällt oft schwer
Ein weiteres Anzeichen für eine Depression kann fehlende körperliche Hygiene sein. "Das war auch bei mir in meiner schweren depressiven Phase der Fall: Ich hatte weder Lust noch Kraft, mich täglich zu rasieren, zu waschen, neue Kleidung anzuziehen. Außerdem habe ich versucht, Gesellschaft zu vermeiden. Betroffene wollen sich verstecken. Meistens im Bett, sie wollen nicht mehr aufstehen. Weil sie dazu auch nicht die Kraft haben, da sie nachts oft wach liegen und grübeln", sagt Rösl.
Behandlung: Wann Sie zum Arzt gehen sollten
Verbessert sich der Zustand des Betroffenen nach drei bis vier Wochen nicht, ist ein Gespräch mit einem Arzt ratsam. Nach erfolgter Diagnose kann dieser dem Patienten eine Psychotherapie empfehlen oder die Erkrankung mit Medikamenten (Antidepressiva) behandeln. Je nach Schweregrad kann auch beides miteinander kombiniert werden. Eine Lichttherapie und regelmäßige Bewegung können ebenfalls Erfolg bei der Behandlung depressiver Menschen zeigen.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Deutschen Depressionsliga e.V.
- journals.sagepub.com: "In an Absolute State: Elevated Use of Absolutist Words Is a Marker Specific to Anxiety, Depression, and Suicidal Ideation". (Stand: Januar 2018; englisch)