Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Schleichende Volkskrankheit Diese Schmerzen sind nicht immer harmlos
Arthrose ist die am weitesten verbreitete Gelenkerkrankung. Wie sich der Verschleiß im Alter aufhalten lässt, weiß unsere Kolumnistin Dr. Yael Adler.
Haben Sie beim Treppensteigen abwärts manchmal das Gefühl, es ginge nicht weiter wegen der Schmerzen im Knie? Ist Ihnen beim Wandern durch bergige Landschaft gelegentlich aufgefallen, dass gar nicht der steile Aufstieg zum Gipfel das eigentlich Anstrengende ist, sondern eher der Weg hinunter ins Tal? Wenn ja, übersetzen Sie es ruhig mit "Hallo, hier ist Ihr Knorpelgewebe!".
Kranke Knochen, Knorpel und Gelenke
Zwar hat man im Alter nicht selten mit Gelenkverschleiß (Arthrose) zu kämpfen, doch es gibt immer noch einen Unterschied zwischen einfach nur altem Knorpelgewebe und solchem, das degenerativ verändert ist. Und dieser Unterschied ist beträchtlich.
Zuallererst ist alter Knorpel nicht entzündet – kranker Knorpel und kranke Gelenke dagegen sind es schon. Außerdem zersetzen Arthrose-Entzündungszellen nicht nur den Knorpel: Sie greifen auch den Knochen an, sobald der Knorpel zerfasert. Größere Knorpelschäden sind irreparabel und es kommt zu Dauerschäden. Hat der Knorpel sich schließlich ganz verabschiedet, reiben die Knochen aneinander, sie werden rau, fransig und löcherig. Das Resultat ist dann Arthrose.
Zur Erklärung
Der Begriff Arthrose oder Arthrosis deformans kommt von arthron, griechisch für Gelenk, und deformare, lateinisch für verformen.
Die Ursachen für diesen Verschleiß sind vielfältig. Zum einen können sie von einer genetischen Veranlagung zur Gelenkfehlbelastung herrühren, etwa aus O- oder X-Beinen. Unsere Gelenke nehmen uns aber auch dauerhafte berufliche oder sogar sportliche Über- oder Fehlbelastung übel, Übergewicht oder Verletzungen, und vor allem Brüche mit Gelenkbeteiligung. Hinzu können Risse im Halteapparat kommen, etwa im vorderen Kreuzband. Auch Rheuma oder Gicht können den Gelenken arg mitspielen. Das höhere Lebensalter wird als eigenständige Ursache aufgeführt – und einmal mehr die fehlende Bewegung. Rauchen und ein Mangel an Vitaminen C, D, E, K sind ebenfalls knorpelschädigend.
Zur Person
Dr. med. Yael Adler ist Fachärztin für Dermatologie, Venerologie, Phlebologie und Ernährungsmedizin (DGEM). Seit 2007 praktiziert sie in ihrer eigenen Praxis in Berlin. Ihr Talent, komplexe medizinische Sachverhalte anschaulich und unterhaltsam zu vermitteln, stellt sie seit Jahren in Vorträgen, Veranstaltungsmoderationen und den Medien unter Beweis. Über Prävention und Therapien spricht sie regelmäßig in ihrem Podcast "Ist das noch gesund?". Ihre Bücher "Haut nah" und "Darüber spricht man nicht" standen auf Platz 1 der "Spiegel"-Bestsellerliste. Mit ihrem letzten Buch "Genial vital! – Wer seinen Körper kennt, bleibt länger jung" durfte sich die leidenschaftliche Ärztin erneut über diese Spitzenplatzierung freuen.
Arthrose hat auch Hand und Fuß
In Deutschland werden die meisten Arthrose-Befunde im Kniegelenk lokalisiert, aber Arthrose kann auch Hände und Füße betreffen, weil ebenso die kleinen Gelenke, wie etwa die Fingerendgelenke, daran erkranken können. Oft beginnt es mit einer Knorpelschädigung, die sich über verschiedene Stadien bis zu Veränderungen des Knochens wandeln kann.
Mir als Hautärztin zeigen Patienten immer wieder glasige Pickelchen am Fingerendgelenk. Will man sie ahnungslos herausschneiden wie einen Leberfleck, tritt plötzlich gallertige Gelenkflüssigkeit aus, und man ist gut beraten, die Wunde schnell wieder zu verschließen. Man hat es dabei mit einer Ausstülpung der Gelenkinnenhaut zu tun. Dazu kommt es, wenn der Fingerknochen kleine Zacken ausbildet, die die Gelenkkapsel schwächen. Oft verändert sich zudem der Nagel. Hier wäre der Handchirurg der passendere Operateur.
Frauen ab 50 klagen gehäuft über Gelenkbeschwerden an den Fingern. Das hat mit dem altersentsprechenden Absinken des Hormonspiegels zu tun. Östrogene helfen, die Gelenkinnenhäute saftig zu halten. Manche durch Östrogen beeinflusste Immunzellen schützen die Gelenke vor Entzündungen, Östrogen lindert Schmerzen und stabilisiert mit Progesteron gemeinsam den Knorpelstoffwechsel.
Muskeln kräftigen, ohne Gelenke zu überlasten
Für den knuffigen, voll funktionsfähigen Knorpel lässt sich trotzdem einiges tun. Im individuellen Fall ist abzuwägen, wo die Grenzen zwischen Belastung und Forderung zur Überforderung des Gewebes verlaufen. Ärzte raten gern zum Schwimmen – aber am besten nicht mit Froschbeinschlag. Schwimmen ist ideal, weil es die Muskeln kräftigt, die Gelenke aber nicht überlastet. Nicht zufällig empfindet man im Wasser diese tolle Leichtigkeit, die sich leider genau in dem Moment verflüchtigt, in dem man die Leiter aus dem Schwimmbecken erklimmt.
Wichtig ist unbedingt auch der Abbau von Übergewicht: Eine Gewichtsreduktion um fünf Kilogramm verringert das Risiko für die Entstehung einer Arthrose in den kommenden zehn Jahren ungefähr um 50 Prozent, also um die Hälfte!
Bei Verletzungen oder einer Fehlstellung der Gelenke sollte unbedingt der Orthopäde zurate gezogen werden. Er kann entscheiden, wie die Behandlung aussehen soll, etwa durch Physiotherapie oder Schmerztherapie.
Was Gelenkbeschwerden vorbeugen kann
Nahrungsergänzungsmittel sind in ihrer Wirkung für die Knorpelpflege nicht bis ins Letzte ausgeleuchtet, die Wirksamkeit nicht eindeutig belegt und werden deshalb von vielen Orthopäden kritisch betrachtet. Sie sind dennoch eine mögliche Unterstützung:
Glucosamin und Chondroitinsulfat sowie Hyaluronsäure werden eine milde Wirkung im frühen Stadium einer Knorpeldegeneration zugeschrieben. Kollagenhydrolysat, bestehend aus den Peptiden Glycin, Prolin und Hydroxyprolin, stimuliert den Aufbau von neuem Kollagen in Haut und Gelenken. Es ist übrigens auch in der guten alten Knochenbrühe enthalten und in Gelatine.
Achten Sie unbedingt auf eine ausreichende Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren, Vitamin D mit K2, Selen, Mangan, Kupfer, Zink, Vitamin C und E. Auch Weidenrinden- und Pinienrindenextrakt sollen – in Verbindung mit Physiotherapie – Gelenkbeschwerden lindern können; allerdings lassen die bisherigen Studien noch keine gesicherten Schlussfolgerungen zu.
Methylsulfonylmethan (MSM) liefert uns als Nahrungsergänzungsmittel organischen Schwefel; es ist auch in vielen Lebensmitteln enthalten, etwa in Nüssen, Samen, Hülsenfrüchten, Kohlgemüsen, Zwiebeln, frischer Kuhmilch, Fleisch oder Meeresfrüchten. MSM wird durch Erhitzen leider zerstört. Es kann schmerzlindernd wirken, denn es unterstützt das Abschwellen der entzündlich gedehnten Gelenkkapsel. Auch deshalb sind schwefelreiche Heilquellen seit Jahrhunderten eine Art gesundheitlicher Allrounder.
Nicht zuletzt bietet Ihre Apotheke Präparate an, deren Inhaltsstoffe speziell zur Erhaltung und Stabilisierung Ihres Knorpelgewebes komponiert sind. Auch eine Hyaluronsäure-Spritze vom Arzt kann unterstützende Wirkung haben, da sie die Gleitfähigkeit im Gelenk erhöht und regenerative Eigenschaften mitbringt.
Bleiben Sie gelenkig und kommen Sie gesund durch die Zeit!
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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