Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Gespräche mit dem Arzt Wir müssen reden – aber richtig!
Gute Kommunikation zwischen Arzt und Patient kommt viel zu oft viel zu kurz. Dabei ist sie entscheidend für effektive Behandlungen. Mit etwas Vorbereitung ist allen geholfen.
"Herr Doktor, wie kommt es, dass ich mich immer so ignoriert fühle?" – "Der Nächste bitte!" Haben Sie auch schon nach längerer Verweildauer im Wartezimmer einem Arzt gegenübergesessen, waren aber von Zweifeln geplagt, ob er überhaupt anwesend ist?
Zur Person
Dr. med. Yael Adler ist Fachärztin für Dermatologie, Venerologie, Phlebologie und Ernährungsmedizin (DGEM). Seit 2007 praktiziert sie in ihrer eigenen Praxis in Berlin. Ihr Talent, komplexe medizinische Sachverhalte anschaulich und unterhaltsam zu vermitteln, stellt sie seit Jahren in Vorträgen, Veranstaltungsmoderationen und den Medien unter Beweis. Über Prävention und Therapien spricht sie regelmäßig in ihrem Podcast "Ist das noch gesund?". Ihre Bücher "Haut nah" und "Darüber spricht man nicht" standen auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste. Mit ihrem letzten Buch "Genial vital! – Wer seinen Körper kennt, bleibt länger jung" durfte sich die leidenschaftliche Ärztin erneut über diese Spitzenplatzierung freuen.
Wenn der Doktor, von dem man sich endlich die erhellenden medizinischen Hinweise erhofft, die ganze Zeit wie hypnotisiert auf den Monitor schaut, zwischendurch immer mal wieder das Telefon läutet, und fachliche Erklärungen nicht verstanden werden, führt das in mehrfacher Hinsicht zu Frustration: Der Patient verlässt die Praxis nicht klüger, beruhigter oder aufgeklärter, sondern ist nicht selten nervöser als vorher.
In Gegenwart des Arztes dachte er noch, Dinge begriffen zu haben. Schon wenig später kann er sie im Familienkreis aber nicht mehr logisch darlegen. Die Verwirrung ist vollkommen ("Und warum hast du nicht danach gefragt – dafür warst du doch beim Arzt – das liegt doch auf der Hand!"). Nicht gerade freudig wird der nächste Arzttermin – er mag dazu noch Wochen entfernt liegen – erwartet. Keine gute Voraussetzung für den Fortgang einer erfüllenden Arzt-Patient-Beziehung.
Viele Deutsche hilflos bei Gesundheitsfragen
Vor drei Jahren zeigte eine Studie zur Gesundheitskompetenz der deutschen Bevölkerung, dass noch mehr als die Hälfte der Deutschen sich "im Umgang mit gesundheitsrelevanten Informationen vor erhebliche Schwierigkeiten gestellt" sieht. Auch das ist eine Frage der Kommunikation. Dabei steht das lateinische Verb communicare für so schöne Dinge wie miteinander sein, etwas gemeinsam machen, teilen und teilhaben an der Gemeinschaft, sich vereinigen. Wie aber funktioniert gute Kommunikation?
Im Zusammenwirken von Mediziner und Patient jedenfalls kann man dafür einiges tun. Manche Unsicherheiten lassen sich schon vor dem Arztgespräch abwenden. Möglicherweise muss man da auf teilweise ungeordnete und manchmal sogar beängstigende Neuigkeiten gefasst sein; verständlich, wenn mit dieser Erwartung die Nervosität steigt. Hier hilft vor allem gute Vorbereitung: Ordnen Sie alles, was Sie an Vorbefunden, Arztbriefen oder Laborwerten haben! Machen Sie sich ruhig vorher eine Liste mit ungeklärten Fragen: Ist der weitere Therapieverlauf noch unklar? Taucht im letzten Arztbrief vielleicht ein Begriff auf, der sich mir trotz Internetrecherche nicht erschlossen hat?
Gut vorbereitet ins Sprechzimmer
Die Angst, sich mit so einem Zettel im Sprechzimmer lächerlich zu machen, ist völlig abwegig. Im Gegenteil: Ein guter Arzt wird es zu schätzen wissen, wenn auch der Patient der Begegnung Struktur geben möchte. Wenn ein Patient gut vorbereitet ist, prägt das konkret den Gesprächserfolg. Wenn Sie also eine Liste mitgebracht haben, sollten Sie gleich am Anfang sagen, dass Sie 5 Punkte ansprechen möchten, dann weiß auch der Arzt, worauf es Ihnen ankommt, und kann den Gesprächsverlauf seinerseits besser steuern.
Berichten Sie ehrlich, warum Sie der Therapie vielleicht nicht treu waren. Erzählen Sie keine Geschichten vom Pferd, denn der Arzt ist schließlich keine Moralinstanz. Er kann erst mit umfassender Information verstehen, was Sie denken und fühlen und so leichter den Behandlungsweg mit Ihnen anpassen. Nehmen Sie sich außerdem das Recht, Ihre Vorgeschichte zu erzählen, bleiben Sie jedoch zügig, ohne viele Umschweife wie "und da hat meine Friseurin auch gesagt und bei meiner Freundin war es so und so … und da dachte ich mir …" Sagen Sie Termine rechtzeitig ab, wenn Sie sie nicht mehr benötigen, und begeben Sie sich partnerschaftlich, menschlich auf Augenhöhe in dieser besonderen Beziehung.
Fragen ausdrücklich erwünscht
Werden Befunde und Therapien erklärt, sollten Sie sich neue Aspekte oder Ihnen unbekannte Begriffe notieren oder direkt nachfragen. Auch im Nachhinein: Der Klügere schlägt (googelt) nach! Haben Sie keine Hemmungen – es geht um Sie! Die meisten Ärzte stehen Fragen übrigens positiv gegenüber. Sie erleichtern nicht nur den für beide Seiten verständlichen Gesprächsverlauf, sondern signalisieren auch Interesse daran, für die eigene Gesundheit Verantwortung zu übernehmen. Ganz davon abgesehen, gehört auch der Umgang mit "schwierigen" Patienten generell zum Tätigkeitsprofil eines Arztes.
Selbst bei optimaler Vorbereitung und dem absoluten Traum-Mediziner als Gegenüber betreten manche Ratsuchende das Sprechzimmer immer noch in Angst oder Beklommenheit. Wen das betrifft, der sollte ruhig mit einem Angehörigen oder einer anderen Person seines Vertrauens in den Arzttermin gehen: Für einen Patienten, der bei neuen medizinischen Informationen Stress hat oder Angst empfindet, kann es schon eine große Erleichterung sein, wenn jemand mithört und beruhigt.
Der Patient muss Verantwortung übernehmen
Auch die beste Einstimmung und die zielführendste Strategie für die Begegnung mit dem Mediziner garantieren nicht, dass es dabei nicht vielleicht doch zu Reibungen und Dissonanzen kommt. Wenn Sie merken, dass es gerade nicht gut läuft, sprechen Sie es einfach an! Formulieren Sie das Problem aus Ihrer Perspektive, etwa: "Ich habe das Gefühl, Sie hören mir nicht zu." Das mag sich für manchen etwas vermessen anhören, aber ein Arzt, der darauf nicht – wie auch immer – reagiert, müsste schon sehr verhärtet sein. Sie erinnern ihn an seine eigentliche Aufgabe, das Helfen und Heilen. Manchmal hilft es, einfach ins kalte Wasser zu springen: Erst wenn man Dinge anspricht, kann man Tipps bekommen.
Wiederholen Sie das Besprochene in eigenen Worten, so erkennt der Arzt, ob Sie alles verstanden haben. Haben Sie im Blick, dass es erst durch ein ehrliches Gespräch die Chance auf ein Happy End, auf Linderung oder Heilung gibt! Der Ausdruck "Patient" kommt übrigens vom lateinischen patiens, was "erduldend", "ertragend" bedeutet. In der antiken Medizin mag das nett gemeint und im Kern auch durchaus zutreffend gewesen sein. Für unsere heutige Mitwirkung an der Erhaltung oder Wiederherstellung unserer Gesundheit ist da allerdings jede Menge Luft nach oben. Schon das Gefühl, auch als Patient Verantwortung zu übernehmen, kann die eigenen Kräfte mobilisieren und stärken. Neben der Weisheit des behandelnden Arztes, der medizinischen Literatur oder der Onlinerecherche gibt es Selbsthilfegruppen und Foren. Je mehr man weiß, desto stärker fühlt man sich.
Profi und Mensch
Gelungene Kommunikation ist Übungssache, und das gilt bekanntlich längst nicht nur für den Bereich der Medizin. Nicht umsonst veranstalten Unternehmen oder Behörden Kurse und Seminare, in denen Angestellte und Führungskräfte darin trainiert werden, sich ihrer Umwelt effizient verständlich zu machen. Wer ungeübt ist und sich in der Öffentlichkeit bewegen und äußern soll, mag heute jederzeit und in so ziemlich jeder Preisklasse ein Coaching dafür absolvieren. Und sicherlich kann da auch bei der Ausbildung von Ärzten noch dies und das verbessert werden. Darüber schreibe ich demnächst. Man kann und muss also damit rechnen, dass der Arzt gegenüber ein Profi ist – aber eben auch ein Mensch.
Bleiben Sie verständnisvoll und verständlich und kommen Sie gesund durch die Zeit!
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Eigene Meinung