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Immer Hunger: Joana (12) besitzt kein Sättigungsgefühl


"Ich habe so Hunger!"
Joana (12) besitzt kein Sättigungsgefühl

t-online, Simone Blaß

Aktualisiert am 21.07.2014Lesedauer: 3 Min.
Oft stecken Erziehungsfehler hinter einem nicht vorhandenen Sättigungsgefühl - nicht so bei Joana.Vergrößern des Bildes
Oft stecken Erziehungsfehler hinter einem nicht vorhandenen Sättigungsgefühl - nicht so bei Joana. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)
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Joana hat als Baby viel geweint. Vor allem dann, wenn die Flasche schon wieder leer war. "Dass sie wegen Hunger weinen könnte, darauf wären wir aber trotzdem nie gekommen", erinnern sich ihre Eltern Michael und Andrea. Wie auch, bekam das Kind doch genau die Menge, die für sein Alter angegeben war. Als Joana größer wurde, zeigte sich, dass das Mädchen kein natürliches Sättigungsgefühl besaß. Trotz einiger Untersuchungen weiß die Familie bis heute nicht, warum. Aber Joana hat inzwischen vom Kopf her gelernt, wann sie satt ist.

"Hast Du etwas zu essen?" Das war die erste Frage, wenn Joana eine Freundin besuchte. Gleich darauf folgte ein klägliches "Ich habe so Hunger!" Alle Gedanken des kleinen Mädchens aus Nürnberg schienen sich ums Essen zu drehen. Darum, ein Loch zu füllen, das eigentlich gar nicht da sein dürfte.

"In erster Linie müssen sich die Eltern auch fragen, ob sie eventuell ihren Teil dazu beigetragen haben, dass das Kind einen inneren Hunger hat. Viele Eltern belohnen oder beruhigen ihr Kind mit Essen, benutzen Mahlzeiten als Erziehungs- beziehungsweise Druckmittel und fördern so ungünstige Essgewohnheiten", erklärt Silke Restemeyer von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Die Ernährungswissenschaftlerin weist noch auf ein weiteres, häufiges Problem hin: "Kinder essen, wenn sie Hunger haben und hören dann auf, wenn sie satt sind. Dabei spüren sie genau, wenn sie mehr benötigen, zum Beispiel in Wachstumsphasen. Drängt man die Kinder aber, mehr zu essen, als sie wollen, dann verlieren sie ihr natürliches Sättigungsgefühl."

Ein Leptinmangel kann der Grund sein

Doch all das war bei Joana nicht der Fall. Sie gehört zu den wenigen Ausnahmen, bei denen das nicht zu stillende Hungergefühl körperliche Ursachen zu haben scheint, ein angeborener Leptinmangel zum Beispiel. Dieses Fettstoffwechselhormon wird im Fettgewebe gebildet und signalisiert dem Gehirn, wann der Bauch satt ist. Eine Erbkrankheit, die sehr selten vorkommt. Genau wie das sogenannte Prader-Willi-Syndrom, ein Defekt auf Chromosom 15, der sich ebenfalls mit einem unstillbaren Appetit zeigt.

Ein strikter Plan hilft der Familie seit Jahren

Andrea und Michael machten sich große Sorgen, der Kinderarzt, der das Problem lange Zeit nicht ernst genommen hat, war nun mit seinem Latein am Ende und schickte die Familie in die nächstgelegene Uniklinik. Als man dort keinen der üblichen Gründe für den dauernden Hunger fand, kam der Termin in einer Fachklinik für Ernährungsstörungen.

"In einem Vorgespräch wurde uns erklärt, dass wir drei Monate bleiben müssten, damit unser Umgang mit dem Essen genau beobachtet werden kann. Das wollten wir nicht. Wir hatten das Gefühl, dass das Problem dadurch erst zu einem wirklich großen Problem werden würde", erinnert sich Andrea. "Das war der Punkt", ergänzt Michael, "an dem wir aufgehört haben, nach der Ursache zu forschen und stattdessen angefangen haben, gemeinsam mit einem anderen Kinderarzt und einer Ernährungsberaterin einen Plan auszuarbeiten, an den wir uns strikt hielten."

Joana hat es geschafft

Für die ganze Familie war das nicht einfach. Doch seit dem Grundschulalter weiß Joana nun vom Kopf her, wann sie genug gegessen hat, um "satt" zu sein. "Wie viel ein Kind wirklich braucht, kann dabei stark variieren", so Professor Mathilde Kersting vom Forschungsinstitut für Kinderernährung. "Bei vier- bis fünfjährigen Kindern zum Beispiel kann sich die tägliche Verzehrmenge um bis zu 600 Gramm unterscheiden. Schließlich sind die Kinder unterschiedlich, auch was zum Beispiel den Bewegungsdrang und damit den Kalorienbedarf betrifft."

Heute ist das hübsche Mädchen zwölf Jahre alt und schlank. Sie hat gelernt, mit dem dauernden Hungergefühl zu leben und vernünftig zu essen. Und auch wenn der Schlankheitswahn bei vielen Mädchen nach hinten losgeht: Joana hilft das Schönheitsideal, dem dauernden Wunsch nach Essen zu trotzen und sich weiter an ihren Plan zu halten.

(Namen wurden von der Redaktion geändert)

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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