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Wie gesund sind die Alternativen für Zigaretten?


Nikotindampfen und Tabakerhitzer
Wie gesund sind die Zigaretten-Alternativen?

dpa, Christiane Oelrich

05.10.2018Lesedauer: 4 Min.
Rauch aus einer E-Zigarette: Nikotindampfer und Tabakerhitzer sollen laut WHO stärker reguliert werden.Vergrößern des Bildes
Rauch aus einer E-Zigarette: Nikotindampfer und Tabakerhitzer sollen laut WHO stärker reguliert werden. (Quelle: Frédéric Cirou/imago-images-bilder)
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Nikotin ist schädlich und macht süchtig, aber sind Geräte wie E-Zigaretten oder Tabakerhitzer wirklich gesünder als Zigaretten? Die Tabakindustrie und die Weltgesundheitsorganisation liegen darüber im Clinch.

Ryan Sparrow steckt ein kleines Tabakstäbchen in sein Gerät, heizt per Knopfdruck kurz auf und zieht dann genüsslich am Filter. Mit deutlich weniger schlechtem Gewissen als früher, als er noch herkömmliche Zigaretten rauchte, versichert er. Für seinen Nikotinschub nutzt Sparrow den Tabakerhitzer Iqos von PMI, dem internationalen Arm des Marlboro-Herstellers Philip Morris. Sparrow arbeitet bei PMI am Neuenburgersee in der Schweiz.

Die Firma preist das Tabakerhitzen als geniale Entwicklung: Sie legt Studien vor, die zeigen sollen, dass beim Tabakerhitzen statt -verbrennen fast alle krebserregenden Schadstoffe eliminiert werden. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist alarmiert.

Zigarettenalternativen steigern Profit der Tabakfirmen

Ältere Zigarettenalternativen, etwa E-Zigaretten, bei denen flüssiges Nikotin verdampft wird, gibt es schon seit Jahren. "Sie sind in etwa 30 Ländern verboten und in 60 Ländern reguliert", sagt Vinayak Prasad, bei der WHO für Tabak-Kontrolle zuständig. Dazu gehören Regeln, wo E-Zigaretten benutzt und an wen sie verkauft werden dürfen. Aber Tabak zu erhitzen statt zu verbrennen ist ziemlich neu und Länder ringen darum, wie damit umzugehen ist. "Der unsichtbare Elefant im Raum", sagte Prasad am Rande einer Tagung mit Vertretern der 181 Mitgliedsländer der Anti-Tabak-Konvention in Genf.

In der Schweiz etwa liegt die Steuer auf Päckchen mit Tabakstangen zum Erhitzen nur bei zwölf Prozent, bei herkömmlichen Zigaretten bei gut 50 Prozent. Der Grund: Das neue Produkt wird wie Pfeifentabak versteuert. Der Preis ist pro Packung mit gleich vielen Tabakstäbchen wie Zigaretten aber in etwa gleich. Der Profit für die Tabakfirmen sei bis zu 50 Prozent höher als bei Zigaretten, sagt die WHO.

Sie zitiert Schätzungen, nach denen der Umsatz mit Produkten zum Tabakerhitzen explodiert: von 2,1 Milliarden Dollar 2016 auf 17,9 Milliarden Dollar 2021. Neben Philip Morris sind auch Anbieter wie Japan Tobacco International und British American Tobacco am Markt.

Schweizer Studie widerspricht Tabakkonzernen

Es gibt rund eine Milliarde Raucher weltweit, sieben Millionen Menschen sterben jedes Jahr durch das Rauchen, so die WHO. "Unsere Position ist klar: alle Tabak-Produkte sind schädlich", sagt Prasad. Philip Morris bestreitet das nicht. "Unser Produkt ist nicht ohne Risiko, und es enthält Nikotin, was süchtig macht", sagt Moira Gilchrist, bei PMI "zuständig für wissenschaftliche Kommunikation".

Aber PMI wende sich ausschließlich an erwachsende Raucher. Für sie sei Iqos eine gesündere Alternative zum Rauchen und eine Aussteigehilfe. "Bei Tabakprodukten entstehen die meisten giftigen Komponenten durch Verbrennung", sagt Gilchrist. "Aber mit Iqos wird Tabak erhitzt, nicht verbrannt. Der Iqos-Dampf enthält verglichen mit herkömmlichem Zigarettenrauch viel weniger schädliche Chemikalien. Unser Produkt ist rauchfrei."

Rauchfrei, das lassen Forscher unter Leitung von Reto Auer von der Universität Bern in einer Studie nicht gelten. Iqos produziere sehr wohl Rauch, schreiben sie 2017 in der angesehenen US-Fachzeitschrift "Jama Internal Medicine". "Es findet zwar keine vollständige Verbrennung, aber eine Verschwelung statt", erklärt Auer. "Wir haben in dem Rauch aus Iqos die gleichen Stoffe gefunden wie bei Zigaretten, wenn auch weniger." Philip Morris stellte in einem Brief die Ergebnisse und die Expertise von Auer in Frage und verlangte, dass die Studie zurückgezogen wird – vergeblich.

Geschmacksrichtungen richten sich an junge Menschen

"Solche Geräte sind wie ein tragbarer Toaster: ein schwarzes Toast macht auch Rauch und ist ungesund", sagt Auer. So sieht es auch Prasad: "Zu sagen, es gibt keine Verbrennung, ist einfach falsch. Es ist gut möglich, dass Leute, die erhitzten Tabak statt Zigaretten nutzen, weniger schädlichen Substanzen ausgesetzt sind, aber das macht das Produkt nicht weniger schädlich", sagt er. "Ob ich aus dem 7. oder aus dem 3. Stock in die Tiefe springe: Ich breche mir trotzdem die Beine und ich könnte sterben", sagt Prasad.

Dem Argument der Tabakindustrie, die Werbung für Zigarettenalternativen richte sich nur an Raucher, widerspricht Vera Luiza de Costa e Silva. Sie ist Vorsitzende des Sekretariats der Anti-Tabak-Konvention der WHO und sagt: "Es gibt kein Marketing nur für Raucher. Es lässt sich gar nicht verhindern, das Werbung auch Kinder und Jugendliche erreicht" Dass E-Zigaretten nur als Hilfe zum Entwöhnen gedacht seien, nimmt sie der Industrie nicht ab. "Warum werden sie dann mit attraktiven Geschmacksrichtungen wie Mango oder Tuttifrutti hergestellt? So etwas richtet sich immer an Kinder und junge Leute." Die würden mit den teuren und schicken Geräten nikotinabhängig gemacht, und müssten, wenn ihnen das Geld ausgeht, den Nikotinbedarf dann mit herkömmlichen Zigaretten decken, so da Costa e Silva.

In Großbritannien empfiehlt die Stiftung Krebsforschung E-Zigaretten inzwischen als Hilfsmittel für Leute, die mit dem Rauchen aufhören wollen und die mit anderen Aussteigehilfen keinen Erfolg haben. Bei Tabakheizern ist die Regierung aber skeptisch: "Studien legen nahe, dass Produkte mit erhitztem Tabak vielleicht deutlich weniger schädlich sind als Tabakzigaretten, aber schädlicher als E-Zigaretten", schreibt sie im Gesundheitsbericht 2018.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • dpa
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