Für diesen Beitrag haben wir alle relevanten Fakten sorgfältig recherchiert. Eine Beeinflussung durch Dritte findet nicht statt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Body Mass Index Ein bisschen Übergewicht ist nicht so schlimm
Massives Übergewicht macht krank und verkürzt das Leben - darin sind sich Experten einig. Doch wie sieht es mit den kleinen Speckpolstern an Bauch oder Hüften aus - sind sie schon schädlich? Wo beginnt Übergewicht und was sagt der viel zitierte Body-Mass-Index aus? Diplom-Oecotrophologin Dr. Stefanie Gerlach von der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG) erklärt, was der Wert aussagt - und wo seine Grenzen liegen.
Body Mass Index nur begrenzt aussagekräftig
Der Body Mass Index - kurz BMI genannt - wird berechnet aus dem Körpergewicht (in Kilogramm) geteilt durch Körpergröße (in Metern) zum Quadrat. Das Ergebnis ist bei Normalgewichtigen ein Wert zwischen 19 und 25. Darüber liegende Werte zeigen laut Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Übergewicht an.
Doch der Wert ist umstritten. So basiert der BMI allein auf dem Gewicht und berücksichtigt beispielsweise nicht den unterschiedlichen Körperbau. Menschen mit hoher Muskelmasse, zum Beispiel Bodybuilder, haben einen verhältnismäßig hohen Body-Mass-Index, auch wenn sie kaum Körperfett besitzen. "Adipositas, also das behandlungsbedürftige Übergewicht, wird definiert als ein Zuviel an Körperfett", sagt Oecotrophologin Stefanie Gerlach. Doch Körperfett lässt sich nur schwer messen - auch nicht mit einer Körperfettwaage. Der BMI kann daher nur als Richtwert gelten.
Dick ist nicht gleich dick
Überschüssige Fettpolster werden ohnehin erst dann zum Problem, wenn sie dem Menschen schaden. Ein Wert zwischen 25 und 30 gilt beispielsweise nur als leichtes Übergewicht. "In diesem Bereich muss man nicht unbedingt abnehmen", sagt Stefanie Gerlach. Wer für sich einen BMI in diesem Bereich ermittelt, sollte aber wissen, dass seine Gesundheit möglicherweise gefährdet ist. Als unproblematisch gilt ein hoher BMI nur in Verbindung mit einer großen Muskelmasse. Doch auch das Körperfett schadet nicht immer. Reiterhosen oder Speck an Beinen und Po gelten als relativ ungefährlich. Das tiefer liegende Fett im Bauchraum hingegen fördert die Entstehung verschiedener Krankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck oder Fettstoffwechselstörungen, wie neuere Studien zeigen.
Bauchumfang statt BMI
Aufgrund dieser Erkenntnisse wird in letzter Zeit zunehmend der Bauchumfang zur Beurteilung von behandlungsbedürftigem Übergewicht herangezogen. Bei Frauen sollte der Taillenumfang nicht über 80 Zentimetern (cm) liegen, bei Männern nicht über 94 cm. Spätestens ab einem Wert von 88 cm (Frauen) beziehungsweise 102 cm (Männer) besteht ein erhöhtes Risiko für Diabetes, Herzinfarkt und Schlaganfall. Ab einem BMI von 30 allerdings gibt es kaum noch Zweifel, die Grenze zur Adipositas ist auch unabhängig vom Bauchumfang erreicht: Das Gewicht ist zu hoch und sollte reduziert werden, um gesundheitliche Schäden zu vermeiden.
Leben Dicke sogar länger?
Studien, die angeblich belegen, dass Übergewichtige länger leben, sind mit Vorsicht zu betrachten. Häufig schließen diese Studien Raucher und Menschen mit Vorerkrankungen wie Krebs ein. Ernährungsmediziner Professor Hans Hauner, Direktor des Else Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin in München, erklärt, warum das problematisch ist: "Diese Menschen erscheinen in den Statistiken eher bei den Schlanken, weil sie zuvor durch ihre Krankheit abgemagert sind - das verfälscht die Daten. Seriöse Studien versuchen das zu berücksichtigen". Tatsächlich zeige die Datenlage, dass gesunde Menschen im Bereich des Normalgewichts (BMI zwischen 18,5 und 25) die längste Lebenserwartung hätten. Nur für ältere Menschen sei ein etwas höherer BMI günstiger.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.