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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Das sagt eine Ernährungsexpertin Warum verliere ich nicht an Gewicht, sondern nehme zu?
Es gibt zahlreiche Tipps für eine gesunde Ernährung. Eine Ernährungsberaterin erklärt, was auf Ihren Speiseplan gehört, und welche Faktoren Sie dick machen.
Warum verliere ich nicht an Gewicht, sondern nehme scheinbar grundlos zu? Was gehört zu einer gesunden Ernährung, die nicht dick macht und trotzdem sättigend und ausgewogen ist? Die Ernährungsberaterin Andrea Plischek erklärt im Interview mit t-online, welche Irrtümer in der Ernährung zur Gewichtszunahme beitragen.
t-online: Einige Ernährungsberater empfehlen drei große Mahlzeiten, andere wiederum fünf kleinere Mahlzeiten am Tag. Was ist besser?
Andrea Plischek: Es gibt unterschiedliche Empfehlungen. Die Häufigkeit der Mahlzeiten ist nicht entscheidend, sondern wie viel und was ich esse. Zuerst sollte ich mein Ziel kennen. Fünf Mahlzeiten können für den Muskelaufbau und drei Mahlzeiten für die Gewichtsreduktion sinnvoll sein. Mein Körper verbrennt nur Körperfett, wenn ich zu wenig Energie durch Essen zu mir nehme. Das ist bei drei Mahlzeiten wahrscheinlicher. Entscheidend ist zudem auch, wie viel ich mich im Alltag bewege.
Ständiges Essen ist nicht gut für unsere Linie und unsere Verdauung. Wie lang sollten Pausen zwischen den Mahlzeiten sein?
Für die Fettverbrennung eignet sich ein niedriger Insulinspiegel. Nach einer ausgewogenen Mahlzeit kann es durchaus sein, dass der Insulinspiegel für etwa vier Stunden erhöht ist. Bei drei Mahlzeiten werden häufig vier bis sechs Stunden Pause angegeben, damit man auch mal in die Situation kommt, dass der Insulinspiegel niedrig ist und die Energiebereitstellung aus den Fetten erfolgt.
Das ist sicherlich individuell verschieden und hängt auch von dem Speiseplan und der Tätigkeit eines jeden Einzelnen ab, oder?
Genau. Es gibt Lebensmittel die eine niedrige Insulinausschüttung bewirken, beispielsweise Gemüse, Fleisch, Käse, Fisch, Nüsse und auch Tofu. Ich empfehle eine Essenspause von vier bis sechs Stunden. Wobei es auf die allgemeine Bewegung im Alltag ankommt. Ein Bauarbeiter, der hart körperlich arbeitet, braucht sicherlich schneller wieder neue Energie als eine Bürofachkraft.
Andrea Plischek hatte seit ihrer Kindheit Probleme mit ihrem Gewicht und dem Jojo-Effekt und weiß daher, wie sich Betroffene fühlen. Durch ihr Studium über Ernährungswissenschaften und die jahrelange Ausübung ihres Berufes weiß sie, wie was eine gesunde und ausgewogene Ernährung ausmacht und was wichtig ist, um sein Gewicht zu halten, ohne sich dabei zu verbiegen. Dazu gehören nicht nur die Ernährungsgewohnheiten, sondern auch das Verhalten und die Ernährungspsychologie.
Es gibt aber Tage, an denen ich es nichts schaffe, so lange nicht zu essen, weil sich mein Hungergefühl meldet. Wie gesund ist dann der Snack zwischendurch?
Das kommt ganz auf den Snack an.
Beispielsweise ein Kaffee mit Milch oder eine Limonade oder vielleicht auch etwas frisches Gemüse wie Tomaten oder Paprika.
Grundsätzlich ist eine Zwischenmahlzeit Essen und beinhaltet alle Lebensmittel, also auch Gemüse, Milch und Zucker. Der pure Kaffee zählt zu den Getränken und ist daher keine Zwischenmahlzeit – ebenso ungesüßte Tees oder Wasser. Milch hingegen enthält Fett und Zucker – und somit Energie. Ein Kaffee mit Milch ist daher eher eine Zwischenmahlzeit. Trinken Sie ihn lieber zu den Mahlzeiten. Gegen das Hungergefühl zwischendurch hilft Gemüse. Es ist gesund und kann immer gegessen werden.
Morgens wie ein Bauer […], abends wie ein Kaiser – stimmt das Sprichwort noch oder sollte ich die Kalorien lieber gleichmäßig in den Mahlzeiten verteilen?
Grundsätzlich ist es sinnvoll, dem Körper dann Energie zu liefern, wenn er sie benötigt: Arbeite ich körperlich viel und hart, sollte ich gleich morgens viel Energie zuführen. Bei einer vorwiegend sitzenden Tätigkeit bin ich lieber sparsamer. Zu große Mengen am Mittag oder das "falsche" Essen macht allerdings schnell müde. Mit der richtigen Auswahl an Lebensmitteln kann ich das verhindern. Gut sind Lebensmittel pflanzlichen Ursprungs, die nur in einem bestimmten Maße verarbeitet wurde – also nicht zerkocht oder durch viele Zusatzstoffe haltbar und schmackhaft gemacht. Abends sind kleinere Mahlzeiten mit wenig Energie und Kohlenhydraten sinnvoll. Das belastet meinen Körper nicht und versorgt ihn vor dem Schlafengehen nicht unnötig mit Energie. Besonders schlimm sind Brot und Kartoffeln nach 20 Uhr: Sie liefern viel Energie, wenn mein Körper eigentlich zur Ruhe kommen sollte. Außerdem kann der Körper nur eins: entweder schlafen oder verdauen.
Man hört immer "Diese x Ernährungstipps sollte jeder einhalten". Sind in Sachen "gesunde Ernährung" allgemein gültige Aussagen oder Empfehlungen überhaupt möglich?
Es gibt Grundregeln, die für alle gelten, beispielsweise: Wenn du mehr isst, als du verbrauchst, nimmst du zu. Isst du weniger, als du verbrauchst, nimmst du ab. Diese Regeln sind allgemein gültig. Nur der Energieverbrauch ist bei jedem unterschiedlich. Auch eine Mindestzufuhr an Ballaststoffen sowie Eiweißen und Fetten. Das gleiche gilt für Vitamine und Spurenelemente. Diese Werte hängen unter anderem vom Körpergewicht ab und sind dadurch für jeden anders.
Durch den mitgebrachten Kuchen vom Kollegen hier, das "Frustessen" da oder das Essen aus Langeweile zwischendurch weiß ich gar nicht mehr, was mein Körper eigentlich will. Wie kann ich das ändern?
Das ist schwierig. Je nachdem wie lange und wie viel vorher falsch gelaufen ist, braucht es Zeit, diese Gewohnheit zu ändern. Unser gesamtes Umfeld erschwert diesen Prozess. Je öfter ich Essen sehe, desto häufiger habe ich das Verlangen danach. Vorgeschriebene Pausenzeiten, das Lebensmittelangebot und Familienfeiern sind da Herausforderungen. Ich denke, Kalorien zu zählen, ist für den Anfang durchaus sinnvoll. Es zeigt mir, wie viel Energie im Essen steckt. Wenn ich dann ein Gefühl dafür bekommen habe, kann ich die Kontrolle wieder Stück für Stück reduzieren. Aber irgendwie muss man ja lernen, wie viel man von was essen soll.
Wie finde ich bei all diesen Versuchungen und Vorgaben mein Hungergefühl wieder?
Fasten kann mir gut helfen, mein Hungergefühl wieder zu erlangen. Nach einer längeren Essenspause ist der Körper wesentlich empfindlicher gegenüber der Nahrungszufuhr. Menschen, die zu wenig essen und keinen Appetit mehr kennen, weil ihr Körper sich daran gewöhnt hat, sollten Stück für Stück die Mahlzeitenhäufigkeit oder die Energiezufuhr erhöhen. Dann gewöhnt sich der Körper relativ schnell daran und das Hungergefühl kann zurückkommen.
Warum ist es so schwer, nach einer Diät das Gewicht zu halten?
Weil sie meistens zu radikal sind und nicht zur Person passen. Grundsätzlich gilt als Erstes: Ich muss weniger essen, als ich verbrauche. Erst mal unabhängig davon, ob ich dafür Fette, Kohlenhydrate oder Süßigkeiten reduziere. Alle Diäten haben eins gemeinsam: Sie reduzieren die Energiezufuhr. Dabei brauche ich eine bestimmte Menge an Energie – allein, um zu existieren. Also nur, um wach zu sein und zu atmen. Erhält mein Körper nicht einmal diese Energie, gerät er in eine Stresssituation und versucht, seine Fettreserven zu schützen. Er versucht dann das abzubauen, was am meisten Energie kostet: Muskeln, die Wärmeproduktion und die Energiebereitstellung an sich. Wenn ich aber immer weniger Energie verbrauche, nehme ich irgendwann bei gleicher Energiezufuhr wieder zu.
Wie kann ich das vermeiden?
Ich sollte mir lieber ein realistisches Ziel suchen und mir Gedanken machen, wie ich für IMMER meine Ernährung ändern kann: Wenn ich ohne Nutella und Alkohol nach drei Monaten scheitere, sollte ich lieber die Lebensmittel bewusst einbauen. Wenn ich dadurch länger "durchhalte", kann ich eventuell die Menge oder die Tage beschränken. Das Defizit sollte nicht zu hoch sein, damit ich mehr Energie und Freude im Alltag habe und es nicht zur Qual wird.
Ich muss also nicht unbedingt auf bestimmte Lebensmittel verzichten, um mich gesund zu ernähren und schlank zu bleiben?
Nein. Ein Marmeladenbrötchen oder ein Keks ist durchaus mal drin.
Vielen Dank, Andrea Plischek, für das Gespräch.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Interview mit Ernährungsberaterin Andrea Plischek