Clemens Fuest Ifo-Chef warnt vor Handelsstopp mit Russland – "Art Nordkorea"
Angesichts des russischen Angriffskrieg auf die Ukraine hat der Westen weitreichende Sanktionen verhängt. Nun warnt der Chef des Münchner Ifo-Instituts Fuest vor einem vollständigen Stopp der Handelsbeziehungen.
Ifo-Präsident Clemens Fuest rät von einem kompletten Abbruch der Handelsbeziehungen zu Russland etwa im Energiebereich trotz des von Präsident Wladimir Putin angeordneten Einmarschs in die Ukraine ab. "Unterm Strich ist es besser, wenn wir das nicht aufgeben", sagte der Top-Ökonom am Freitag bei einer Veranstaltung der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD).
Deutschland müsse jetzt Überkapazitäten bei Erdgas aufbauen und Vorräte durch Lieferungen aus anderen Ländern aufstocken, etwa durch Flüssiggas-Lieferungen (LNG). "Wenn man die hat, sollte man weiter Gas kaufen, denn dann kann man Putin sagen: Du bist von uns abhängig, wir sind aber nicht von dir abhängig", sagte Fuest, der für ein strategisches Vorgehen plädierte.
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Das sei viel besser, als gar keine Möglichkeiten mehr zu haben, um Putin zu sanktionieren, sollte der Handel mit Russland zuvor quasi aufgegeben worden sein. "Das wird dann so eine Art Nordkorea", warnte Fuest vor einem kompletten Handelsabbruch mit Russland.
"Dass das dann friedlicher wird, glaubt – denke ich – niemand." Nordkorea ist seit Jahren nahezu komplett vom Handel mit westlichen Ländern abgeschnitten und deshalb wirtschaftlich verarmt, provoziert aber seiner Nachbarn immer wieder durch Raketentests.
Fuest: "Schub für die Globalisierung"
Fuest glaubt nach dem russischen Angriff auf die Ukraine, der neben menschlichem Leid auch die Störung vieler Lieferketten nach sich zieht, nicht an ein Ende der Globalisierung.
"Es ist vielleicht sogar das Gegenteil, ein Schub für die Globalisierung", sagte der Ifo-Präsident. "Einfach deshalb, weil man sich nicht dadurch gegen Ausfälle versichert, dass man alles jetzt Zuhause macht." Stattdessen müsse man diversifizieren.
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- Nachrichtenagentur Reuters