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Arbeitszeiterfassung: Ab wann wird die Pflicht umgesetzt?


Nach Grundsatzurteil
Arbeitszeiterfassung: Ab wann wird sie Pflicht?

Von t-online, cho

Aktualisiert am 11.07.2024Lesedauer: 2 Min.
Eine Frau trägt freie Tage in einen Kalender ein (Symbolbild): Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung soll auch dafür sorgen, dass weniger unbezahlte Überstunden anfallen.Vergrößern des Bildes
Eine Frau trägt freie Tage in einen Kalender ein (Symbolbild): Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung soll auch dafür sorgen, dass weniger unbezahlte Überstunden anfallen. (Quelle: Christin Klose/dpa-tmn)
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In Deutschland besteht nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung. Doch ab wann wird die umgesetzt?

Noch arbeiten viele Angestellte in Deutschland in Modellen mit Vertrauensarbeitszeit. Das spart Bürokratie und erübrigt Kontrolle, hat aber etwa den Nachteil, dass Überstunden nicht systematisch abgefeiert oder ausgezahlt werden. Künftig dürfte sich das ändern.

Denn nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) die EU-Länder bereits 2019 dazu verpflichtet hatte, "eine objektive, verlässliche und zugängliche Arbeitszeiterfassung" einzuführen, hat im September 2022 das Bundesarbeitsgericht (BAG) auch das deutsche Arbeitsschutzgesetz in diesem Sinne ausgelegt. Doch in der Ampel stocken Pläne für konkrete Regeln.

Was heißt das für die Praxis? Ab wann wird die Arbeitszeiterfassung tatsächlich Pflicht? t-online erklärt, was bisher dazu bekannt ist.

Wann wird die Arbeitszeiterfassung Pflicht?

Aus Sicht des Bundesarbeitsgerichts ist sie das schon. "Wenn man das deutsche Arbeitsschutzgesetz mit der Maßgabe des Europäischen Gerichtshofs auslegt, dann besteht bereits eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung", begründete BAG-Präsidentin Inken Gallner das Grundsatzurteil vom 13. September 2022.

Nach § 3 Arbeitsschutzgesetz seien Arbeitgeber schon heute verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden könne. Das soll helfen, ausufernde Arbeitszeiten einzudämmen und Ruhezeiten einzuhalten. Das Arbeitszeitgesetz sieht jedoch bisher nur vor, dass Überstunden und Sonntagsarbeit dokumentiert werden müssen – nicht die ganze Arbeitszeit.

Dürfen sich Arbeitgeber der Pflicht entziehen?

Die höchstrichterlich bescheinigte Pflicht zur Arbeitszeiterfassung ist für viele Arbeitnehmer bisher nur Theorie. Und das, obwohl die Zeiterfassung nach der Urteilsbegründung des Gerichts ab sofort gilt, ohne Übergangsfrist.

Auch das Bundesarbeitsministerium wird deutlich. So heißt es auf seiner Website, Arbeitgeber dürften mit der Arbeitszeiterfassung nicht warten, bis das Arbeitszeitgesetz an die Rechtsprechung des BAG angepasst ist.

Arbeitgeber, die sich bisher nicht daran halten, müssen aber keine unmittelbaren Geldbußen befürchten. Die müssten erst behördlich angeordnet werden. Dass Arbeitszeit- und Arbeitsschutzgesetz eingehalten werden, muss von den Bundesländern kontrolliert werden, genauer: von bestimmten Arbeitsschutzbehörden wie etwa Gewerbeaufsichtsämtern. Nur sie – und im Streitfall die Gerichte – können bei Verstößen Nachbesserungen verlangen oder Bußgelder verhängen. Deren Höhe richtet sich nach der Schwere des Rechtsverstoßes.

Wann steht die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung auch im Arbeitszeitgesetz?

Das ist unklar. Die Bundesregierung hat die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs aus dessen Stechuhr-Urteil von 2019 noch immer nicht in deutsches Recht umgesetzt. Dabei hatte es von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bereits Ende 2022 geheißen, das Arbeitszeitgesetz solle zeitnah reformiert werden.

"Zur gesetzlichen Ausgestaltung der Aufzeichnungspflicht finden derzeit regierungsinterne Gespräche statt", teilte eine Sprecherin des Heil-Ministeriums Anfang Juli 2024 mit. Auch aus Ampel-Fraktionskreisen hieß es: "Da gibt es keinen neuen Stand."

Wie könnte die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung umgesetzt werden?

Man wolle "praxistaugliche Lösungen vorlegen", sagte Heil der "Rheinischen Post" Mitte Dezember 2022. "Es geht nicht darum, die Stechuhr wieder einzuführen, es gibt heute auch digitale Möglichkeiten."

Auch nach Auffassung von Gerichtspräsidentin Gallner hat Deutschland Gestaltungsspielraum. Denkbar wäre zum Beispiel, bestimmte Mitarbeiter von der Arbeitszeiterfassung auszunehmen – etwa leitende Angestellte.

Zudem könnte es Ausnahmen für kleine Unternehmen geben, denen die Dokumentationspflicht nicht zuzumuten ist. Auch seien flexible Modelle wie mobiles Arbeiten, Homeoffice oder Kernarbeitszeiten durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts nicht eingeschränkt.

Das "Wie" könne aber nicht nur gesetzlich geklärt werden, sondern auch durch Vereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Betriebsräte haben dafür ein Initiativrecht.

Verwendete Quellen
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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