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Deutlich schwächeres Wachstum: IWF senkt Prognose


IWF senkt Prognose
Globale Wirtschaft erlebt einen harten Rückschlag

Von reuters, dpa, neb

Aktualisiert am 19.04.2022Lesedauer: 3 Min.
Hafenmitarbeiter beim Verladen (Symbolbild): Der harte Lockdown in China könnte sich noch stark auf die Weltwirtschaft auswirken.Vergrößern des Bildes
Hafenmitarbeiter beim Verladen (Symbolbild): Der harte Lockdown in China könnte sich noch stark auf die Weltwirtschaft auswirken. (Quelle: VCG/getty-images-bilder)
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Die vielen Krisen auf der Welt dämpfen das weltweite Wirtschaftswachstum langfristig, warnt der Internationale Währungsfonds. Der Krieg in der Ukraine, aber auch die Lockdowns in China führen zu einer deutlich geringeren Prognose.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) senkt wegen des Kriegs in der Ukraine seine Prognosen für die Weltwirtschaft. "Insgesamt haben die konjunkturellen Risiken erheblich zugenommen", sagte IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas am Dienstag.

Die Weltwirtschaft habe sich vor dem russischen Angriff auf die Ukraine noch nicht richtig von der Corona-Pandemie erholt. "Die Aussichten für die globale Wirtschaft haben einen harten Rückschlag erfahren, größtenteils wegen Russlands Einmarsch in die Ukraine", erklärte Pierre-Olivier Gourinchas.

Vor allem in Europa rechnet der IWF nun mit geringeren Wachstumsraten sowie schweren Rezessionen in Russland und der Ukraine. Der Krieg dürfte auch die ohnehin schon hohe Inflation weiter anheizen.

Lindner warnt vor "gefährlicher Kombination"

Für Deutschland rechnet der IWF für 2022 mit einem Wachstum von 2,1 Prozent – das ist die niedrigste Rate aller europäischen Länder, die der IWF analysiert hat. Für 2023 soll das Wachstum in Deutschland auf 2,7 Prozent steigen, während Frankreich und Italien deutlich langsamer wachsen.

Bundesfinanzminister Christian Lindner hat die gesenkte Konjunkturprognose des Internationalen Währungsfonds (IWF) infolge des Ukraine-Kriegs als ein "weiteres Warnsignal" bezeichnet. "Weniger Wachstum in Verbindung mit steigender Inflation ist eine gefährliche Kombination", sagte der FDP-Politiker am Dienstag in Berlin. Es gebe ökonomisch kein "einfaches Weiter so".

Deutschland ist in Europa besonders betroffen

Dennoch: Eine Rezession sehen die Ökonomen des IWF in Europa aber nicht. Das bedeutet aber dennoch nicht, dass die Lage der deutschen Wirtschaft sich entspannen würde. "Es gibt viele Risikofaktoren für das Wachstum in Europa", sagt Gourinchas. So steige etwa der Inflationsdruck, das Risiko eines härteren Durchgreifens der EZB in der Zinspolitik bestehe weiterhin und die Kauflust der Europäer sei abnehmend.

Die Länder, die besonders von russischen Energielieferungen abhängig sind – wie etwa Deutschland und Italien – haben zudem ein höheres Risiko, dass das Wachstum sich verlangsam könnte.

Mit einem prognostizierten Wachstum von 2,1 Prozent in Deutschland und 2,3 Prozent in Italien liegen beide Länder deutlich unter dem globalen Schnitt. Der IWF erwartet 2022 und 2023 jeweils ein Wachstum der Weltwirtschaft um 3,6 Prozent. 2021 waren es 6,1 Prozent.

Gegenüber den Schätzungen im Januar senkte der IWF seine Prognose für 2022 um satte 0,8 Punkte, für 2023 um 0,2. Der Westen hatte zuvor umfangreiche Sanktionen gegen Russland verhängt, weitere Maßnahmen wie ein Öl-Boykott werden diskutiert.

Russlands Wirtschaft dürfte weiter schrumpfen

Russlands Wirtschaft dürfte 2022 um 8,5 Prozent einbrechen und 2023 noch einmal um 2,3 Prozent schrumpfen. 2021 hatte sie noch 4,7 Prozent zugelegt. Für die Ukraine wird dieses Jahr mit einer Rezession von mindestens 10 Prozent gerechnet.

Russland spielt international vor allem bei Energie und Rohstoffen eine führende Rolle, etwa bei Öl, Gas und Metallen. Wie die Ukraine ist Russland zudem ein wichtiger Exporteur von Weizen und Getreide. Wegen des Kriegs und der Sanktionen steigen die Preise bereits deutlich, was laut IWF vor allem ärmere Staaten treffen wird.

"Inflation ist eine präsente Gefahr geworden"

Viele Länder müssten eigentlich ihre in der Pandemie sprunghaft gestiegenen Schulden reduzieren, gleichzeitig aber auch Gelder für Geflüchtete mobilisieren und ärmeren Haushalten bei den hohen Lebensmittel- und Energiepreisen helfen.

Anders als zunächst gedacht stellt sich die Inflation als wesentlich hartnäckiger heraus. Der IWF rechnet dieses Jahr mit einer Rate von 5,7 Prozent in Industriestaaten sowie 8,7 Prozent in Schwellen- und Entwicklungsländern. Seit Januar hat sich die Lage damit deutlich verschlechtert – und der IWF schließt nicht aus, dass sie sich noch einmal signifikant verschlechtern könnte.

Die Notenbanken müssen ihre seit Langem lockere Geldpolitik nun straffen. "Inflation ist zu einer klaren und präsenten Gefahr für viele Staaten geworden", so IWF-Ökonom Gourinchas. In den USA und einigen europäischen Staaten liege sie auf dem höchsten Niveau seit mehr als 40 Jahren.

Es droht keine zweite Ölkrise

Parallelen zur Ölkrise in den 70er-Jahren möchte der Ökonom aber nicht ziehen. "Viele vergleichen die aktuelle Krise mit den 70er-Jahren, aber es gibt Unterschiede", sagte er in der Pressekonferenz.

Gemessen an der Inflationsrate seien die Ölpreise in den 70er-Jahren deutlich schneller gestiegen als aktuell, auch seien die meisten Länder mittlerweile deutlich diversifizierter in ihren Energiequellen als vor 50 Jahren. Eine mangelnde Tarifbindung in vielen Ländern führe zudem dazu, dass die Löhne der Arbeiter nicht automatisch mit der Inflation stiegen. Dennoch müsse man die Inflation ernst nehmen, betonte Gourinchas.

China wächst ebenfalls langsamer

Auch die häufigen und scharfen Corona-Lockdowns in chinesischen Metropolen wie Shanghai bremsen die Weltwirtschaft. Hierdurch könnten die Lieferkettenprobleme vieler Firmen noch zunehmen. Für China – die nach den USA zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt – sagt der IWF nur noch Wachstumsraten von 4,4 und 5,1 Prozent in diesem und nächstem Jahr voraus. Zum Vergleich: 2021 waren es noch 8,1 Prozent.

Verwendete Quellen
  • Pressekonferenz des IWF
  • Nachrichtenagenturen Reuters und dpa
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