Strom-Mafia Verdacht auf Steuerbetrug im Strom- und Gasmarkt
Steuerbetrügereien im Strom- und Gasmarkt könnten europaweit einen Steuerschaden in Milliardenhöhe verursacht haben. Die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) berichtet, dass deutsche und europäische Behörden dem Verdacht nachgehen. Die Fahnder haben demnach Firmennetze im Visier, die Umsatzsteuern hinterzogen haben könnten. Die europäische Polizeibehörde Europol in Den Haag spreche von Fällen "historischer Dimension", schreibt das Blatt.
In Deutschland hätten sich Ermittler gleich in mehreren Bundesländern an verdächtige Strom- und Gashändler geheftet, etwa in Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Baden-Württemberg. "Die Spuren führen ins Milieu der organisierten Kriminalität", verlaute aus Kreisen des Bundeskriminalamtes (BKA).
EnBW nicht unter Verdacht
Selbst ein großer deutscher Energiekonzern sei dabei ins Visier der Fahnder geraten. Finanzbehörden in Baden-Württemberg hegten bereits seit 2010 den Verdacht, dass EnBW in illegale Karussellgeschäfte im Stromhandel verwickelt sein könnte, schreibt die Zeitung. Sie bezieht sich auf vertrauliche Papiere, die ihr vorliegen. Dagegen erklärte ein Sprecher der für Wirtschaftskriminalität zuständigen Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft in Mannheim: "Wir haben keinen Anfangsverdacht gegen die EnBW." Der Energiekonzern habe laut "SZ" mitgeteilt, man wisse nichts von den Aktivitäten der Behörden.
Die lange bekannten Karussellgeschäfte mit der Umsatzsteuer funktionieren demnach auch bei Strom. Unternehmen können ihre Güter umsatzsteuerfrei ins Ausland liefern - erst dort wird die Steuer fällig, aber nicht gezahlt. Bei einem erneuten Export kann sich der letzte Verkäufer die Steuer erstatten lassen. Damit der Fiskus den Schwindel nicht bemerkt, werden meist zahlreiche Firmen zwischengeschaltet.
Schwierige Ermittlungen über Grenzen hinweg
Die Ermittlungen gestalteten sich schwierig, schreibt die "SZ", weil bei Firmen im Ausland erst zeitraubende Rechtshilfeersuchen gestellt werden müssten. Bei EnBW hätten die Fahnder etwas gefunden: "Die steuerfreien Umsätze hatten innerhalb von einem Jahr von cirka einer Milliarde Euro auf zehn Milliarden Euro zugenommen", zitiert die Zeitung aus einem internen Vermerk.
Aus dem baden-württembergischen Finanzministerium hieß es auf Anfrage lediglich: "Wir dürfen aus Gründen des Steuergeheimnisses nichts sagen."