Umstrittenes Gesetz Verfassungsklage gegen Berliner Mietendeckel schon im April
In der Hauptstadt gilt seit Sonntag eine Obergrenze für Mieten. Die Opposition hält diesen Eingriff in den freien Markt für verfassungswidrig – und will in den nächsten Wochen vor Gericht ziehen.
Nach Inkrafttreten des umstrittenen Berliner Mietendeckels sind nun bald Gerichte gefragt: Die Opposition im Landesparlament will ihre angekündigte Verfassungsklage so rasch wie möglich einreichen. Ziel sei, die Klageschrift "Anfang des zweiten Quartals" vorzulegen, sagte FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja am Montag. Das wäre im April.
Auch CDU-Fraktionschef Burkard Dregger sieht eine hohe Dringlichkeit, wollte sich aber noch nicht festlegen: "Unser Ziel ist, so schnell wie möglich Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu schaffen", sagte er der dpa. "Je früher das gelingt, desto besser. Denn derzeit ist die Verunsicherung sowohl bei Mietern als auch Vermietern groß."
Berlin hat die Mieten für 1,5 Millionen Wohnungen für fünf Jahre eingefroren, das bundesweit bisher einmalige Gesetz ist seit Sonntag in Kraft. Für Neuvermietungen gelten festgelegte Obergrenzen. Die rot-rot-grüne Landesregierung will damit den zuletzt starken Anstieg der Mieten bremsen.
Für Mietenpolitik sei das Land nicht zuständig
CDU und FDP in Abgeordnetenhaus und Bundestag haben Verfassungsklagen auf Landes- und Bundesebene angekündigt. Sie sehen ebenso wie Wirtschaftsverbände einen zu schwerwiegenden Eingriff in das Privateigentum und gehen davon aus, dass für die Mietenpolitik der Bund zuständig ist – und nicht die Länder.
Die Diskussion über den Mietendeckel hat den heiß gelaufenen Berliner Wohnimmobilienmarkt etwas beruhigt. Amtlichen Daten zufolge wurden 2019 deutlich weniger Mietwohnhäuser verkauft, die Grundstückspreise stiegen – auch vor dem Hintergrund fehlender Baulandausweisungen – nicht mehr so stark wie in den Vorjahren.
Es gebe erste Anzeichen für eine Preisstabilisierung, teilte der Gutachterausschuss für Grundstückswerte in Berlin am Montag mit. "Die Investoren weichen von Wohngebäuden auf Büros aus", sagte der Vorsitzende Reiner Rössler. Der Gutachterausschuss wertete für seine vorläufige Analyse notariell beurkundete Kaufverträge aus.
Preise für Gewerbebauland steigen stark
Demnach wechselten 13 Prozent weniger Wohn- und Geschäftshäuser den Besitzer, die mittleren Kaufpreise lagen neun Prozent über dem Vorjahreswert. Mit einem Minus von neun Prozent gingen zwar auch bei Büro- und Geschäftshäusern die Verkaufszahlen zurück, der mittlere Kaufpreis schoss jedoch um 43 Prozent in die Höhe. Auch die Bodenrichtwerte für Gewerbebauland stiegen mit rund 35 Prozent stark.
Mit dem Trend hin zu Bürogebäuden steht Berlin nicht allein: Auch in anderen Großstädten richten immer mehr Investoren ihren Blick darauf, wie aus einem Gutachten des Spitzenverbands Zentraler Immobilien- Ausschuss hervorgeht. 2019 seien bundesweit knapp 40 Milliarden Euro in Büroimmobilien geflossen, gut ein Viertel mehr als im Vorjahr.
Die Zahl der Büroarbeitsplätze wachse kräftig, es werde aber zu wenig neu gebaut, beschreibt die kürzlich vorgestellte Analyse die Ursachen. Die meisten großen Abschlüsse habe es in Berlin gegeben. Bei den Spitzenmieten für Büros erreicht die Stadt nahezu das Niveau von Frankfurt oder München.
Berlin braucht Wohnungen für Geringverdiener
Der Preisanstieg für Eigentumswohnungen blieb 2019 in Berlin konstant. Käufer gaben im Schnitt knapp 2.800 Euro je Quadratmeter aus, zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Ein- und Zweifamilienhäuser wurden 13 Prozent teurer.
In Berlin werden vor allem für die breite Masse bezahlbare neue Wohnungen gebraucht. Ein riesiges Hindernis sind immer höhere Bodenpreise, die Bauvorhaben teuer machen.
Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hält es daher für zielführend, dass Spekulanten, die Grund und Boden kaufen, einige Zeit abwarten und dann mit sattem Profit weiterveräußern, drei Viertel ihres Gewinns an den Staat abführen müssen. Er schloss sich in einem Gastbeitrag für den "Tagesspiegel" (Montag) der Forderung von SPD-Chef Norbert Walter-Borjans nach einer so genannten "Bodenwertzuwachssteuer" an.
- Nachrichtenagentur dpa