Umstrittene Praxis Wüstenrot will weiter Bausparverträge kündigen
Mit der Kündigung von Zehntausenden Bausparern mit hochverzinsten Altverträgen war die Bausparkasse Wüstenrot in die Kritik geraten. Jetzt hat das Unternehmen angekündigt, weiterhin an dieser Praxis festhalten zu wollen. Von den umstrittenen Vertriebsaktionen, durch die Kunden aus den für sie lukrativen Verträgen gedrängt werden sollten, will Wüstenrot jedoch Abstand nehmen.
Chef führt "Gleichbehandlungsgründe" an
Verträge mit relativ hohen Zinszahlungen wolle das Unternehmen aber "schon aus Gleichbehandlungsgründen" weiterhin auflösen, sagte der neue Wüstenrot-Chef Bernd Hertweck der "Stuttgarter Zeitung". Das reine Sparen habe "mit dem Ursprungszweck des Bausparens nichts mehr zu tun".
Auf Sparkonten, auf denen das Mindestguthaben - im Schnitt die Hälfte der vereinbarten Bausparsumme – angelaufen sei, nehme die Bausparkasse nur noch Einzahlungen im Rahmen der staatlichen Förderung an. Das seien 1050 Euro jährlich, zuzüglich der vermögenswirksamen Leistungen, sagte Hertweck.
15.000 Verträge aufgelöst
Mitte September war bekanntgeworden, dass das Kreditinstitut rund 15.000 Sparverträge gekündigt hatte, bei denen die Kunden nach Erreichen der vereinbarten Summe keinen Anspruch mehr auf ein Darlehen hatten. Seit 2010 hat Wüstenrot den Angaben zufolge Verträge mit einer Bausparsumme von gut einer Milliarde Euro durch Kündigungen abgebaut.
Verbraucherschützer hatten darüber hinaus moniert, dass Kunden immer wieder dazu gedrängt würden, vorzeitig Bausparverträge zu kündigen. Hertweck sagte dazu: "Beratungsaktionen, wie wir sie voriges Jahr hatten, planen wir nicht mehr."
Bausparkassen wegen Mini-Zinsen unter Druck
Der Hintergrund: Altverträge sind den Bausparkassen unlieb, da die Unternehmen bei den derzeit extrem niedrigen Zinsen Schwierigkeiten haben, die versprochenen Renditen zu erwirtschaften. Für Bauspar-Kunden, die keine Finanzierung benötigen, sind sie wiederum sehr attraktiv.
Bei Wüstenrot beträgt der Anteil von Altverträgen mit hohen Zinsen am gesamten Segment Bausparen nach eigenen Angaben rund 20 Prozent. Die Bausparkasse gab an, ihr entstehe dadurch eine jährliche Ergebnisbelastung von 100 Millionen Euro.
AGB genau prüfen
Experten raten betroffenen Kunden, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ihrer Verträge genau zu lesen. "Hier ist im Einzelfall zu prüfen, ob diese Klausel bereits bei Vertragsabschluss wirksam vereinbart war", sagte Andrea Heyer von der Verbraucherzentrale Sachsen in einer Pressemitteilung. Außergerichtliche Schlichtungsstellen oder Urteile sind derzeit noch nicht bekannt.