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Der Dax ist nicht der wahre Gradmesser für die Verfassung der deutschen Wirtschaft. Die echte und unangenehme Wahrheit liegt in der zweiten Reihe.
Für Unternehmer in Deutschland muss das Erleben von Politik dieser Tage sehr schmerzhaft sein. Der Kanzler lässt Richtlinienkompetenz vermissen und stattdessen brilliert Robert Habeck mit einer ausführlichen und auf den Punkt gebrachten Rede zum Krieg in Nahost. Das Unglückliche daran ist nur, dass Habeck nicht Außenpolitiker ist, sondern das Wirtschaftsministerium führt.
Genau dort hat er in den vergangenen beiden Jahren primär grüne Politik umgesetzt, und diese hat die Firmen energiepolitisch an den Rand des Erträglichen geführt. Dies schlägt auf die Verbraucher in Deutschland durch, deren Stimmung vorerst am Boden bleibt. Mancher dürfte daher dem Weihnachtsgeschäft sehr sorgenvoll entgegenblicken.
Der Dax bildet diesen Mix noch nicht ab. Zwar korrigierte er im Oktober bis auf 14.600 Zähler, doch Anfang November standen schon wieder 15.200 zu Buche, es fehlen nur 1.400 Zähler zum Rekordhoch aus dem Sommer.
Zur Person
Daniel Saurenz ist Finanzjournalist, Börsianer aus Leidenschaft und Gründer von Feingold Research. Mit seinem Team hat er insgesamt mehr als 150 Jahre Börsenerfahrung und bündelt Börsenpsychologie, technische Analyse, Produkt- und Marktexpertise. Bei t-online schreibt er über Investments und die Lage an den Märkten, immer unter dem Fokus des Chance-Risiko-Verhältnisses für Anleger. Sie erreichen ihn auf seinem Portal www.feingoldresearch.de.
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Dax 40 täuscht
Unternehmen, die den Sprung in die Riege der 40 Dax-Werte schaffen, stehen medial deutlich stärker im Rampenlicht als im MDax. Für die Performance ist das allerdings eher nachteilig. Gerade jetzt lohnt es sich für Anleger, wieder verstärkt auf Nebenwerte zu schauen. "SDax und MDax liegen weit unter ihren Höchstständen und werden auf Rezessionslevel bewertet", findet Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets. "Konjunktursensible Aktien wie Dürr, Lanxess, Carl Zeiss, ProSieben oder Sixt liegen 30 bis 50 Prozent unter ihren Jahreshochs", so der Experte.
Im SDAX sieht es kaum besser aus. "Verbio, Secunet, Klöckner oder PNE Wind sind nur vier Aktien von jenen, deren Kurs sich zum Jahreshoch halbiert hat", so Molnar. Für Stefan Riße von Acatis ist die Verzerrung auch mit Blick Richtung USA deutlich. "Der Russell 2.000 liegt in der Breite in einem Bärenmarkt, und zieht man vom S&P 500 die besten acht Aktien – allesamt Tech-Titel – ab, so bleibt auf ein Jahr kein Gewinn mehr übrig". In Deutschland wie auch in den USA wird die Luft also erstaunlich dünn, je genauer man hinschaut.
Chancen in der Krise
Das positive Argument für Anleger steckt aber auch in diesen Korrekturen. "Aus Jahren wie 2009 weiß man, dass Nebenwerte und MDax sowie SDax ihre Tiefs in der Regel am miesesten Punkt einer Rezession bilden", so RoboMarkets-Experte Molnar. "Die große Frage für Prognostiker ist, ob Deutschland gerade am Tiefpunkt ist oder 2024 noch schlechter laufen wird", findet Franz-Georg Wenner von IndexRadar.
Rabatt und Rendite als schöner Mix
Für Anleger eröffnen sich hier Chancen, wenn man etwas um die Ecke denkt und Zeit und Geduld mitbringt. Langfristig spielt für Rendite die Musik im MDax. "Wer 2009 mit 10.000 Euro in den Dax eingestiegen ist, liegt aktuell bei 30.000 Euro. Die jährliche Rendite von knapp acht Prozent kann sich zwar sehen lassen, mit dem MDax wären aber gut zehn Prozent möglich gewesen", so Jürgen Molnar. Der auf den ersten Blick geringe Unterschied zeigt sich vor allem im Depotwert, der bei gleichen Startbedingungen mit 42.000 Euro deutlich höher ausfällt.
Die Gründe dafür sind vielfältig. So sind im MDax viele Unternehmen aus Wachstumsbranchen vertreten. Hier wirkt sich die regelmäßige Überprüfung der Indexzusammensetzung positiv aus. Im Vergleich zum Dax ist der MDax auch breiter über verschiedene Branchen diversifiziert. Zudem rücken häufig Unternehmen in den Dax auf, die eine lange Wachstumsphase hinter sich haben und deren Bewertung nicht mehr besonders attraktiv ist.
Konjunktur schlug durch
"Seit Jahresbeginn zeigt der MDax allerdings relative Schwäche gegenüber dem Dax und liegt vier Prozent im Minus, während die Blue Chips im Durchschnitt um sieben Prozent zulegten", sagt Salah Eddine-Bouhmidi von IG mit Verweis auf das besondere Jahr 2023. Auf kurze Phasen der Stärke folgten jeweils deutlich stärkere Korrekturen.
Eine solche Abwärtswelle liegt nun hinter uns, sodass der MDax zumindest kurzfristig wieder Stärke zeigen könnte. Voraussetzung dafür wären gute Frühindikatoren aus der heimischen Wirtschaft, wie zuletzt die Ifo-Geschäftserwartungen. Die Hälfte der 50 Indexmitglieder hat seit ihrem Jahreshoch inzwischen mehr als 40 Prozent verloren. Darunter sind die oben genannten Titel sowie K+S, Puma oder die Immobilienwerte TAG und LEG. Wer hier wartet, bis die Analystengilde auf die Schnäppchen im MDax aufmerksam wird, verschenkt viel Potenzial.
Zuletzt – wer das Risiko von Einzeltiteln scheut, kann mittels Indexzertifikaten auf den gesamten Index setzen. Die WKN SQ79WN deckt den MDax ab und die WKN HR0KPV ist das richtige Papier für den SDax. Im Investment steckt dann auch schon die Hoffnung, dass der Wirtschaftsminister in der zweiten Hälfte der Regierungszeit besser liefert und die Firmen unterstützen wird.
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