Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Anschläge, Krieg, Unsicherheiten Wie der Terror in Israel und der Goldpreis zusammenhängen
Angst vor Krieg und Terror treibt Investoren in vergleichsweise sichere Anlagen. Was das aktuell für den Goldpreis bedeutet.
Am Aktienmarkt gibt es die geflügelte und zugleich martialische Börsenweisheit, "dann einzukaufen, wenn die Kanonen donnern". Historisch ist dies damit zu begründen, dass die Zentralbanken in Kriegszeiten meist sehr expansiv agiert haben und sich die größten Befürchtungen dann auch bewahrheitet haben.
Umgekehrt ist die Angst vor Krieg lähmend, da man eben nicht weiß, ob er denn kommen wird oder nicht. Dies konnte man schon beim zweiten Golfkrieg Anfang der 90er-Jahre beobachten. Terroristische Angriffe lähmen Anleger jedoch erst einmal. Der schrecklichste Moment war dabei der Tag des 11. September 2001 in den USA. Weltweit standen Menschen und gleichsam auch die Anleger unter massivem Schock, die Börsen blieben tagelang geschlossen.
Flucht in Gold
Der Terror der Hamas in Israel hatte auf den ersten Blick wenig Auswirkungen auf die Kapitalmärkte. Dies lag weniger am barbarischen Vorgehen der Terroristen, sondern vielmehr an der Tatsache, dass der Terror gegen Israel und jüdische Menschen bisher ökonomisch wenig Auswirkungen hatte. Selbst am Ölmarkt war ein Schock nur kurzzeitig zu beobachten.
Auf mittlere Sicht könnte eine weitere Eskalation gegen Israel aber auch wirtschaftlich heftige Folgen haben, bis hin zu Zinssenkungen in den USA und Einschränkungen im Welthandel. All dies wäre der Fall, wenn die USA direkte Kriegspartei in einem Konflikt mit dem Iran wären. Der Goldmarkt zeigt, dass manche Anleger Vorkehrungen treffen. Denn felsenfeste Zinsen bedeuten für Gold normalerweise kein gutes Umfeld. Doch genauso wie Bitcoin liefert das Edelmetall seit dem 6. Oktober eine imposante Rallye.
Zur Person
Daniel Saurenz ist Finanzjournalist, Börsianer aus Leidenschaft und Gründer von Feingold Research. Mit seinem Team hat er insgesamt mehr als 150 Jahre Börsenerfahrung und bündelt Börsenpsychologie, technische Analyse, Produkt- und Marktexpertise. Bei t-online schreibt er über Investments und die Lage an den Märkten, immer unter dem Fokus des Chance-Risiko-Verhältnisses für Anleger. Sie erreichen ihn auf seinem Portal www.feingoldresearch.de.
Alle Gastbeiträge von Daniel Saurenz lesen Sie hier.
Ängste treiben Gold
Die logische Kette bei Gold ist im Grunde ganz einfach. "Das Edelmetall liefert genauso wie Palladium oder Platin keine regelmäßigen planbaren Erträge, sprich Zinsen", so Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets. In einem Jahr, da die US-Zinsen bis auf fünf Prozent für zehnjährige Staatsanleihen klettern, sollte der Goldpreis in heftige Turbulenzen kommen.
"Von seinem Jahreshoch Anfang Mai bei 2.050 US-Dollar ging es daher auch fast planmäßig auf rund 1.800 US-Dollar am fünften Oktober nach unten", weist Salah Eddine-Bouhmidi vom Broker IG auf die erwartbare Entwicklung hin. Mit dem terroristischen Angriff der Hamas auf Israel und weltweiten politischen Ängsten ist es wieder umgekehrt: Er treibt Investoren in sicherere Anlagen wie eben Gold.
Rallye imposant und schnell
Innerhalb von nur zwei Wochen knackte Gold die 2.000-Dollar-Marke wieder und legte auf Euro-Basis einen Rekord hin. "Damit verhielt sich die altbewährte Krisenwährung genauso wie Bitcoin, das für manche Anleger eine Art neues Gold darstellt", ordnet Jürgen Molnar ein, was auch die Umsätze bei den Brokern widerspiegeln. Es ist jedoch nicht nur die politische Sondersituation, die Gold anschiebt.
Der Bericht des World Gold Council zu den Goldnachfrage-Trends für das 3. Quartal zeigt, dass die Unterstützung weiter anhält, da die Käufe der Zentralbanken ihr historisches Tempo beibehalten, wodurch die vierteljährliche Goldnachfrage auf 1.147 Tonnen steigt und damit acht Prozent über ihrem Fünfjahresdurchschnitt liegt. Laut den Datenreihen des World Gold Council war es für die Zentralbanken das drittstärkste Quartal in Bezug auf Nettokäufe mit einem Gesamtwert von 337 Tonnen.
Netto-Short als Treiber
Der Goldhändler Ophirum hat daher auch interessante Daten von der spekulativen Front aufgeführt: So haben sich Spekulanten offenbar verzockt. Laut Daten der Regulierungsstelle der amerikanischen Rohstoffbörsen (CFTC) rutschte ihre Positionierung Ende September erstmals seit November 2022 in den Netto-Short-Bereich. Die Wetten auf nachgebende Notierungen überwogen also deutlich – und führten zu massiven Short-Eindeckungen, als Gold Boden gut machen konnte.
Goldhändler sieht Gründe
Laut Ophirum gab es seit 2013 nur 54 Wochen, an denen die Spekulanten unter dem Strich Short positioniert waren und somit überwiegend auf sinkende Goldpreise setzten. Im vergangenen Jahr erstreckte sich diese Phase über zehn Wochen. Danach gewann Gold deutlich an Wert, weil die pessimistische Stimmung nur vorübergehend anhielt.
Besonders deutlich kommt die Fehlpositionierung von Spekulanten eben dann zutage, wenn Anschläge oder Kriege aus dem Nichts passieren. Ängste und Unsicherheit dominieren im aktuellen Umfeld somit hohe Zinsen und fehlende Dividenden bei Gold.
- Der Artikel stellt keine Kauf- oder Anlageberatung dar. Auf Finanzanalysen von Dritten hat die t-online-Redaktion keinen Einfluss.
- Eigene Recherche