Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Tech-Giganten Diese Firmen sind so wertvoll wie Italien
Produkte von Microsoft und Apple sind allgegenwärtig. Die Dimension beider Firmen nimmt atemberaubende Ausmaße an.
Es ist mittlerweile kein Geheimnis mehr, dass allein die Sparte für EarPods bei Apple ein Multi-Milliarden-Konzern wäre. Doch die aktuelle Marktkapitalisierung von Apple und Microsoft unterstreicht, wie dominant beide Konzerne im Auftreten sind. 2,5 Billionen US-Dollar ist der Softwarekonzern an der Börse wert, bei Apple sind es gar drei Billionen US-Dollar.
"Damit kommen die zwei größten Technologiekonzerne der Welt auf Firmenwerte, die dem jährlichen Bruttoinlandsprodukt von Frankreich und Italien entsprechen", ordnet Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets die Dimensionen ein. Der Chiphersteller Nvidia reiht sich gerade in den Billionenclub ein und auch Meta ist nach seiner starken Durststrecke 2022 nach mehr als einer Kursverdopplung nicht mehr weit weg.
Erste kleine Warnschüsse
Zum Sommer 2023 wird aber auch Bilanz gezogen. Denn nie war Top-Tech derart dominant in den großen Indizes S&P 500 und Nasdaq, und selten waren die in die Zukunft gerichteten Umsatzerwartungen derart ambitioniert. Bei Nvidia, Microsoft oder auch Tesla liegt dies nicht zuletzt am Thema Künstliche Intelligenz.
- Aktueller Kurs: Wo steht die Apple-Aktie gerade?
Nun gab es erste kleine Warnschüsse. Denn die Reaktionen von Investoren und Anlegern auf die Quartalszahlen von Tesla und Netflix waren auch ein Realitätscheck für Technologieaktien. Die Technologiebörse Nasdaq hat in den vergangenen zwölf Monaten fast 55 Prozent zugelegt. Es könnte des Guten einfach zu viel sein.
Zur Person
Daniel Saurenz ist Finanzjournalist, Börsianer aus Leidenschaft und Gründer von Feingold Research. Mit seinem Team hat er insgesamt mehr als 150 Jahre Börsenerfahrung und bündelt Börsenpsychologie, technische Analyse, Produkt- und Marktexpertise. Bei t-online schreibt er über Investments und die Lage an den Märkten, immer unter dem Fokus des Chance-Risiko-Verhältnisses für Anleger. Sie erreichen ihn auf seinem Portal www.feingoldresearch.de.
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Extreme Fallhöhe
Aktien sind dann ausgereizt, wenn sie trotz sehr guter Zahlen und im Prinzip sehr guter Aussichten nicht mehr steigen. "Die Marktteilnehmer haben hierfür den Begriff sell on good news erfunden", erläutert Stefan Riße von Acatis. Bei Brokern wie Trade Republic oder Smartbroker waren Tesla, Nvidia, Apple, Amazon und Meta in den vergangenen Wochen fast täglich die meistgesuchten und meistgehandelten Einzelaktien – abgesehen von ein paar Zocker-Titeln wie Tupperware, Nikola, Uniper oder AMC.
Die Tech-Werte sind genau jene Aktien, die der Nasdaq das Plus von 55 Prozent seit September des vergangenen Jahres bis heute ermöglichten. "Noch nie war die Gewichtung der sieben größten Tech-Titel an der Nasdaq so dominant und noch nie zuvor waren sie so wichtig für die Kursentwicklung im Gesamtindex", rechnet RoboMarkets-Experte Molnar vor.
Die wunderbare Performance in Abhängigkeit von gut einem halben Dutzend Aktien birgt aber auch Risiken für alle, die beispielsweise glauben, mit der Nasdaq einen sehr breiten und diversifizierten Index zu kaufen. Mit anderen Worten: ein Nasdaq-Sparplan in den vergangenen Monaten war zum Großteil eine erfolgreiche Wette auf Amazon, Apple, Netflix, Google, Meta, Tesla und Nvidia.
Goldlöckchen-Szenario
Mit dem Beginn der Quartalssaison rücken Konjunktur und Geldpolitik wieder etwas in den Hintergrund. Mit den US-Banken begann traditionell die US-Berichtssaison. "Vor allem bei den Überfliegern seit Jahresbeginn werden Investoren genau hinschauen", meint auch Volker Meinel von BNP Paribas. "Microsoft, Apple, Alphabet und Amazon stehen hier mit bisherigen Jahresgewinnen von 35 bis 55 Prozent im Fokus, noch stärker trifft dies auf Tesla mit mehr als 110 Prozent Zuwachs und Nvidia mit rund 210 Prozent zu", ergänzt Meinel.
Auf den ersten Blick ist die Ausgangslage für positive Überraschungen zwar durchaus vorhanden, denn an der Wall Street wird erneut eine bewährte Strategie gespielt. Wie schon so häufig in der Vergangenheit sind zuletzt die Gewinnprognosen gefallen. Ende des ersten Quartals wurde noch ein Minus von knapp fünf Prozent erwartet, jetzt droht ein satter Gewinnrückgang im Jahresvergleich von gut sieben Prozent.
Zur Einordnung: Dies wäre der stärkste Rückgang seit dem zweiten Quartal 2020. Weil aber die zu tiefen Erwartungen meist um rund fünf Prozent übertroffen werden, steigt der S&P 500 im Durchschnitt während der US-Berichtssaison um gut zwei Prozent. Dieses Jahr ist der Markt allerdings seit Ende März um sieben Prozent gestiegen und notiert am Jahreshoch. Aktienkurse rauf, Gewinnerwartungen runter, so könnte man die vergangenen Wochen zusammenfassen. Und dies lässt natürlich Fragen aufkommen. "Denn ausreichend Spielraum für Enttäuschungen ist bei einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 19 im S&P 500 nicht vorhanden", findet Dennis Austinat vom Asset-Manager Trive.
Hohe Erwartungen an Energieaktien
Schaut man etwas tiefer in die Daten, leuchtet ein weiterer Risikofaktor auf, wie Austinat erläutert: "Das deutliche Minus bei den Gewinnprognosen für das zweite Quartal basiert größtenteils auf dem Energiesektor. Fallende Ölpreise haben tiefe Bremsspuren in den Bilanzen hinterlassen mit einem Ergebniseinbruch von rund 50 Prozent. Für die restlichen Unternehmen im S&P 500 wird hingegen nur ein minimales Gewinnminus erwartet".
Besonders hohe Erwartungen sind an die Zykliker aus dem Konsumbereich gerichtet mit einem Gewinnplus von 27 Prozent. Aufgehen wird die Wette allerdings nur, wenn vor allem Amazon gegen Monatsende seine Bücher öffnet und überzeugt. Lässt man den Tech-Giganten außen vor, sackt das erwartete Gewinnwachstum von 27 auf sechs Prozent ab.
Überschaubares Risiko in Europa
In Europa sieht die Ausgangslage hingegen anders aus, findet Ricardo Evangelista, Senior Analyst bei ActivTrades: "Auch hier sind die Erwartungen seit dem Ende des ersten Quartals gefallen, weil es eine Serie schwacher Konjunkturdaten gegeben hat." Anders als der S&P 500 ist der EuroStoxx 50 allerdings nicht weiter gestiegen, sondern um ein Prozent gefallen und bewegt sich eigentlich seit Februar nicht mehr von der Stelle.
Kein Wunder – im EuroStoxx tummelt sich die sogenannte alte Welt, unter anderem aus Italien und Frankreich. Und deren BIP deckt ja eben die Marktkapitalisierung von Apple und Microsoft allein ab.
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