Börsen reagieren nervös Rettung von US-Bank gescheitert – Angst vor Krise
Das Vorgehen erinnert an die Finanzkrise: Die US-Aufsichtsbehörden machen ein in Schieflage geratenes Geldhaus dicht. Die Börsen reagieren nervös.
Das auf Start-up-Finanzierung spezialisierte US-Geldhaus Silicon Valley Bank (SVB) ist nach einer gescheiterten Notkapitalerhöhung vorübergehend geschlossen und unter staatliche Kontrolle gestellt worden. Das gab die US-Einlagensicherung FDIC am Freitag bekannt. Zum Schutz der Kunden seien alle versicherten Einlagen der Bank in eine neue Zweckgesellschaft überführt worden.
Kunden sollen spätestens am Montagmorgen wieder Zugang zu diesem Geld haben. Laut FDIC verwaltete die Bank Ende Dezember insgesamt Vermögenswerte im Volumen von 209 Milliarden Dollar und hatte rund 175,4 Milliarden Dollar an Kundeneinlagen. Wie viel davon von der Einlagensicherung abgedeckt werde, sei zunächst aber noch unklar.
Auch weitere Banken an der Börse unter Druck
Die Aktien von SVB waren am Freitag nach einem Kursrutsch aufgrund der akuten Notlage vom Handel ausgesetzt worden. Auch andere Banken gerieten an der Börse erheblich unter Druck. Am Donnerstag hatte bereits die freiwillige Abwicklung der US-Kryptobank Silvergate Capital Schockwellen durch Teile des Finanzsektors geschickt. Silvergate hatte im Zuge der Pleite der Kryptobörse FTX bereits gewarnt, das Geschäft möglicherweise einstellen zu müssen. Silvergate kündigte aber an, sämtliche Kundeneinlagen zurückzuzahlen.
Unter Anlegern geht die Angst vor einer Bankenkrise um. Nachdem bereits in Asien die Börsen im Sog der SVB-Aktien unter Druck geraten waren, ging der Ausverkauf am Freitag in Europa weiter. Der europäische Bankenindex rutschte um rund vier Prozent ab. Im Dax verlor die Deutsche Bank sieben Prozent, die Commerzbank 3,4 Prozent. In Paris gaben Societe Generale knapp fünf Prozent nach, BNP Paribas 3,5 Prozent. Barclays fielen in London um 3,5 Prozent, Santander in Madrid um fünf Prozent. In der Schweiz rutschten die Titel von Credit Suisse zeitweise auf ein neues Rekordtief.
"Die Stimmung ist sehr fragil"
"Die Stimmung ist, was den Bankensektor angeht, sehr fragil nach dem Aktienverkauf von SVB, der Sorgen vor Kapitalisierungsrisiken im Sektor ausgelöst hat", sagte Marktanalystin Fiona Cincotta von City Index. "Das öffnet den Investoren die Augen für ein Problem, das sie bisher nicht auf dem Radar hatten." Wenn das bei einer US-Bank passiere, könnte es auch einer europäischen Bank so gehen.
Ähnlich sah es Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst bei CMC Markets. "Was der Markt jetzt fürchtet, ist eine Implosion in den Bilanzen der Banken. Die Investoren warten jetzt auf Klarstellungen der großen Banken, ob und in welchem Ausmaß die Probleme von SVB Financial auch auf sie zutreffen." Hintergrund sei, dass viele Banken Anleihen hielten, deren Kurs teilweise deutlich eingebrochen sei.
Markt fürchtet Implosion
"Auch deutsche Banken stehen jetzt im Visier der Verkäufer, weil der Startup-Finanzierer SVB Financial etwas offenbart hat, was auch sie angehen könnte: unrealisierte Verluste im Anleiheportfolio", sagte Analyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets. Hintergrund sei, dass viele Banken Anleihen hielten, die in ihrem Kurs teilweise in nie da gewesener Geschwindigkeit eingebrochen seien.
Was der Markt jetzt fürchte, sei eine Implosion in den Bilanzen der Banken, sagte Stanzl. Die Investoren warteten nun auf Klarstellungen der großen Geldhäuser, ob und in welchem Ausmaß die Probleme von SVB Financial auch auf sie zutreffen.
Am Donnerstag waren die Aktien der auf Startups spezialisierten SVB Financial Group, zu der die Silicon Valley Bank gehört, um 60 Prozent abgestürzt. Die Firma wollte ihre Bilanz mit einer Aktienplatzierung von 1,75 Milliarden Dollar stärken. Das Finanzinstitut hatte Verluste von 1,8 Milliarden Dollar nach dem Verkauf eines Anleihenportfolios verzeichnet, hieß es im Investorenprospekt. Mit der Platzierung der Aktien wollte die Finanzgruppe die Verluste kompensieren.
- Nachrichtenagenturen dpa und Reuters