Jobprotokoll Was macht eigentlich ein Investmentbanker?
Frankfurt/Main (dpa/tmn) - Glamour, Luxus und schnelle Geschäfte: Solche Schlagwörter verbinden manche Menschen mit dem Beruf des Investmentbankers. Viel zu undifferenziert und teils auch falsch sei dieses Bild, sagt Thorsten Müller.
Der Investmentbanker ist Vorstandsmitglied der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA). Im Jobprotokoll räumt er mit einigen Vorurteilen über den Beruf auf.
Was sich hinter Investmentbanking verbirgt
In der Regel ist es nicht so, dass der Investmentbanker oder die Investmentbankerin der Händler ist, der vor diversen Screens sitzt und den Investor kontinuierlich bei seinen Anlageentscheidungen unterstützt, Investmentideen liefert oder Trading Hinweise gibt.
Vielmehr ist der klassische Investmentbanker die Schnittstelle zwischen der Bank und dem Kunden. Dabei wird das M&A-Geschäft oft als Königsdisziplin des Investmentbankings beschrieben. Die Abkürzung steht für die englischen Begriffe "Mergers & Acquisitions" - also Unternehmensfusionen und -käufe.
Bei Übernahmen vor allem von kapitalmarktnotierten Unternehmen müssen Experten auch immer die Kapitalmarktfinanzierungen mitliefern. Ein akquisitionsstarker Investmentbanker beherrscht alle Facetten des Kapitalmarktgeschäfts.
Wie der Alltag im M&A-Bereich genau aussieht
Schwer zu sagen: Jede Transaktion ist anders. Wenn es im M&A-Bereich um eine Fusion geht oder darum, ein Konkurrenzunternehmen aufzukaufen und zu finanzieren, ist das eine hochkomplexe Angelegenheit.
Um die Sache zum Erfolg zu führen, muss die Investmentbank oft auch weitere externe Spezialisten hinzuziehen. Bei größeren Transaktionen gehören deshalb auch Wirtschaftsprüfer, Steuerfachleute, Transaktions- sowie beispielsweise Patentanwälte zum Projektteam.
Der Investmentbanker oder die Investmentbankerin, die die Transaktion federführend betreut, muss den gesamten Prozess und alle Parteien steuern. Gleichzeitig steht er oder sie dem jeweiligen Unternehmen als ständiger Ansprechpartner zur Verfügung. Von schnellen Geschäften in diesem Teil des Investmentbanking kann deshalb keine Rede sein.
Senior-Investmentbanker leiten ein Analyseteam. Oft stimmen sie sich intern mit anderen Produktbereichen über die Machbarkeit einer potenziellen Transaktion ab. Meist brauchen sie gar kein Büro. Da sie häufig bei den Vorständen ihrer Unternehmenskunden sind oder am Verhandlungstisch sowie auf Branchen- sowie in Video- und Telefonkonferenzen.
Der Weg vom Abitur bis zum Investmentbanker
Nach dem Abitur habe ich eine Ausbildung beim Bankhaus M.M. Warburg in Hamburg absolviert. Dabei hatte ich Gelegenheit, das M&A-Geschäft zu beobachten. Das faszinierte mich schon damals sehr.
Später reifte in mir der Wunsch, mich aufs Investmentbanking zu spezialisieren. Nach der Banklehre habe ich dafür zunächst Betriebswirtschaftslehre studiert - mit den Schwerpunkten Finanzwirtschaft und Rechnungswesen sowie Wirtschaftspolitik.
Um auch auf internationaler Ebene Expertise aufzubauen, habe ich bei Banken in Finanzmetropolen wie London und Hongkong früh erste Erfahrungen gesammelt. Verhandlungssicheres Englisch ist im Beruf eines Investmentbankers eine Selbstverständlichkeit.
Nach Stationen bei der Commerzbank in Frankfurt und bei der WestLB in Düsseldorf wurde ich geschäftsführender Gesellschafter der Lighthouse Corporate Finance GmbH in Frankfurt am Main. Dort bin ich für die Kapitalmarkt- und M&A-Transaktionen verantwortlich.
Abgerundet habe ich meine Ausbildung durch den CIIA (Certified International Investment Analyst). Das ist ein weltweites Ausbildungsprogramm für Finanzanalysten. Ich habe die Qualifikation im Rahmen einer Analystenausbildung der DVFA in Frankfurt erworben.
Welche Fähigkeiten Investmentbanker brauchen
Neben umfassendem Finanzwissen ist scharfes analytisches Denken nötig. Die Analyse sowie Bewertung von Unternehmen und Märkten ist eine Schlüsselfähigkeit von Investmentbankern.
Diese Fähigkeiten sind essenziell, um mit den Vorständen der Unternehmen strategische Themen zu diskutieren - etwa über Möglichkeiten der Expansion, die Optimierung der Kapitalstruktur oder Strategien zur Erhöhung der Marktbewertung.
Investmentbankerinnen und Investmentbanker sollten kommunikativ sein und Fingerspitzengefühl im Miteinander haben. Nicht zuletzt ist Verschwiegenheit eine wichtige Voraussetzung für den Job.
Im Bereich M&A etwa wird in kleinen Kreisen das Für und Wider einer Übernahme besprochen und verhandelt. Fehlende Diskretion könnte ein Geschäft zum Platzen bringen, das wäre ein Insidervergehen.
Entgegen des weitverbreiteten Images geht es also alles andere als schillernd oder glamourös zu. Akribische Analyse, harte Arbeit, Verschwiegenheit und Vertrauen sind Trumpf.
Was an dem Beruf interessant ist
Der Beruf ist faszinierend und sehr anspruchsvoll. Investmentbanker sind ja permanente Begleiter des Strukturwandels - und das ist echt eine große Herausforderung.
Der Einstieg in das Investmentbanking erfolgt meist in einem Produktbereich oder in der Analyse. Nach diversen Stationen in diesen Bereichen gewinnt man langsam das Format, um in den Frontoffice-Bereich zu wechseln. Dort sprechen Investmentbanker mit der Hauptgeschäftsführerin (CEO) oder dem Finanzvorstand (CFO) und verhandeln Mandate. Das ist ein harter Weg, nicht alle schaffen ihn.
Die Arbeitszeiten als Analyst sind meist sehr lang, aber gut bezahlt. Je größer und renommierter die Investmentbank, desto attraktiver die Vergütung. Das Einstiegsgehalt dürfte bei etwa 75000 Euro liegen - bei Topadressen auch deutlich darüber.
Allerdings sind die Erwartungen und der Druck extrem hoch. Manch einer hält das auf Dauer nicht aus. Bei ausbleibendem Erfolg kann die Karriere im Investmentbanking aber auch sehr schnell zu Ende sein.
Ganz wichtig: eine hohe Frustrationstoleranz. Immer wieder kommt es vor, dass man sehr akribisch und mit hohem Zeitaufwand Transaktionen vorbereitet und die Sache letztlich doch scheitert. Setzt man eine Transaktion erfolgreich um, sei dies aber ein schönes Gefühl.