Studie Mehr Ausbildungsplätze unbesetzt und weniger Abschlüsse
Nürnberg (dpa) - Seit Beginn der Corona-Krise fällt es Unternehmen in Deutschland einer Studie zufolge schwerer, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen. Auch die Zahl der Abschlüsse ging infolge der Pandemie zurück.
Bei einer repräsentativen Befragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg gab fast die Hälfte der Betriebe an, dass die Zahl der Bewerbungen zurückgegangen sei. Etwa 40 Prozent berichteten außerdem, dass die Qualität der Bewerbungen abgenommen habe.
Weniger erfolgreiche Abschlüsse als vor der Krise
Nach den Ergebnissen schloss im vergangenen Jahr in 38 Prozent der ausbildenden Betriebe mindestens eine Nachwuchskraft ihre Ausbildung erfolgreich ab. Zwei Jahre zuvor hatte der Anteil noch bei 55 Prozent gelegen. Als Gründe nannten die Betriebe die kleineren Ausbildungsjahrgänge und pandemiebedingte Einschränkungen wie verschobene Prüfungen oder Inhalte, die sich nicht in der vorgesehenen Zeit vermitteln ließen.
Die duale Berufsausbildung sei wichtig, um den Fachkräftebedarf von Betrieben zu sichern, teilte IAB-Direktor Bernd Fitzenberger mit. "Voraussetzungen hierfür sind zunächst, dass sie die von ihnen angebotenen Ausbildungsplätze besetzen können und die Auszubildenden die Ausbildung erfolgreich abschließen können. Beides hat in der Pandemie deutlich gelitten."
Corona erschwert Bewerbersuche
Ein Drittel der Betriebe berichtete der Studie zufolge auch, dass es in der Corona-Krise schwieriger gewesen sei, mit potenziellen Bewerberinnen und Bewerbern in Kontakt zu treten. 43 Prozent boten weniger oder gar keine Praktika für Schülerinnen und Schülern an - vor allem die Unternehmen, die besonders unter den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie litten.
Um Ausbildungsplätze dennoch zu besetzen, versuchen viele Betriebe nach eigenen Angaben attraktiver für die Bewerbenden zu werden, zum Beispiel durch eine bessere Bezahlung und Zusatzleistungen. Gut die Hälfte der Betriebe gab auch an, Kompromisse bei der Qualität der Bewerbungen einzugehen, zum Beispiel beim Schulabschluss.
"Dies ist ein wichtiger Schritt, da den vielen unbesetzten Ausbildungsplätzen gleichwohl eine hohe Anzahl an unversorgten Ausbildungsplatzsuchenden gegenübersteht, bei denen es sich oftmals um Jugendliche mit einem niedrigen Schulabschluss handelt", sagte IAB-Forscherin Ute Leber.
2022 Erneut wenig Ausbildungsverträge
Die Corona-Krise drückt weiter auf die Ausbildungszahlen in Deutschland. Zwar haben im vergangenen Jahr mit 467.100 Menschen etwas mehr junge Leute einen neuen Ausbildungsvertrag abgeschlossen als 2020, wie dasStatistische Bundesamtauf der Grundlage vorläufiger Zahlen berichtete. Das Niveau aus dem Vorkrisenjahr 2019 (513.300 Neuverträge) wurde aber erneut nicht erreicht.
Mit 465.700 neuen Auszubildenden hatte das Corona-Krisenjahr 2020 einen historischen Tiefstand markiert. Grundsätzlich leidet das duale Ausbildungssystem unter der Konkurrenz akademischer Bildungswege und den sinkenden Zahlen bei den Schulabsolventen. Die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber ist seit Jahren tendenziell rückläufig. In der Corona-Krise sind zudem zahlreiche Informationsveranstaltungen an den Schulen sowie Betriebspraktika ausgefallen.
2021 konnten vor allem die freien Berufe mehr junge Menschen von einer Ausbildung überzeugen. In den Arzt- und Anwaltspraxen fingen 6,5 Prozent mehr ihre Ausbildung an, während der öffentliche Dienst 2,1 Prozent weniger neue Verträge abschloss.
Wegen der geringen Zahlen in den Vorjahren sank die Gesamtzahl der Auszubildenden zum Jahresende 2021 um 2,4 Prozent auf 1,258 Millionen ab. Den größten Anteil der Lehrstellen stellen weiter die Betriebe der Industrie- und Handelskammern mit gut 710.000 Auszubildenden vor dem Handwerk mit knapp 357.000 Menschen.