Gehälter teils unter Niedriglohn Zahl der Leiharbeiter auf neuen Höchststand
In Deutschland gibt es immer mehr Leiharbeiter: 961.000 Menschen waren im vergangenen Jahr als Leih- oder Zeitarbeiter beschäftigt. Zu deutlich niedrigeren Löhnen als regulär Beschäftigte. Das dürfte die Debatte zu dem Thema befeuern. Ein neues Gesetz ist in Arbeit.
Im Jahr 2014 waren es noch rund 50.000 Leih- oder Zeitarbeiter weniger als 2015. In den Jahren davor schwankten die Zahlen zwischen 610.000 und 910.000. Ihr mittleres Bruttogehalt lag nach den jüngsten Zahlen bei 1700 Euro - und somit deutlich unter dem Gehalt anderer Beschäftigter. "Im Vergleich dazu lag das Median-Entgelt bei allen sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten bei 2960 Euro", so die Regierung auf eine entsprechende Anfrage der Linken.
Fast zwei von drei Leiharbeitern arbeiteten zuletzt zu besonders niedrigen Löhnen. Sie lagen unter der Niedriglohnschwelle von rund 1970 Euro, also unter dem Lohn, der zwei Drittel des mittleren Gehalts der Beschäftigten insgesamt beträgt. 5,7 Prozent der Leiharbeitnehmer haben Anspruch auf ergänzende Leistungen und stocken ihr Gehalt mit Hartz IV auf.
Gesetz gegen Missbrauch der Leiharbeit soll kommen
An diesem Donnerstag wird im Bundestag der Haushalt von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) beraten, wo die aktuellen Zahlen wohl ebenfalls eine Rolle spielen dürften. Voraussichtlich noch im September sollen die parlamentarischen Beratungen eines Gesetzentwurfs von Nahles zur Eindämmung von Missbrauch bei Leiharbeit und Werkverträgen beginnen.
Der Entwurf sieht vor, dass Leih- oder Zeitarbeitnehmer künftig nach neun Monaten genauso wie die Stammbelegschaften bezahlt werden. Sie sollen längstens 18 Monate in demselben Betrieb arbeiten dürfen, ohne von diesem übernommen zu werden. Abweichungen per Tarifvertrag sollen möglich bleiben, auch für nicht tarifgebundene Unternehmen der betreffenden Branche.
Kritik an zahnloser Reform
Doch nur jedes vierte Leiharbeitsverhältnis besteht neun Monate oder länger. 15 Prozent dauern 15 Monate, 12 Prozent über 18 Monate. Die Anfrage hatte der Linken-Fraktionsvize Klaus Ernst gestellt.
"Das Zweiklassensystem im Betrieb hat sich leider etabliert", beklagt er und wirft Nahles vor, ihre geplante Reform diene nicht im Ansatz dem Schutz der Leiharbeitnehmer. Trotz Reform werde fast niemand von einer besseren Entlohnung profitieren. "Die Ministerin streut den Betroffenen nur Sand in die Augen."
Die Domäne der Leiharbeit ist der Maschinen- und Fahrzeugbau. Insgesamt beschäftigte die Metall- und Elektroindustrie mit 36 Prozent die meisten Leiharbeitskräfte gemessen an der Gesamtzahl. Allein im Maschinenbau sind elf Prozent aller Leiharbeiter beschäftigt, im Fahrzeugbau zehn Prozent.