Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Höherer Mindestlohn "Sehe mich gezwungen, Leute zu entlassen"
Ab Oktober profitieren Millionen Arbeitnehmer von einem Stundenlohn von mindestens 12 Euro. Vom Studenten über den Geringverdiener bis zum Unternehmer: Viele bewegt das Thema. Bei t-online kommen sie zu Wort.
Seit 2015 gilt deutschlandweit der Mindestlohn. Damals betrug er 8,50 Euro brutto pro Stunde. In den folgenden Jahren wurde er stufenweise angehoben, auf zuletzt 10,45 Euro. Ab 1. Oktober wird der lang ersehnte Traum der Sozialdemokraten wahr: Für jede geleistete Arbeitsstunde muss ein Arbeitgeber mindestens 12 Euro zahlen.
Viele Beschäftigte freuen sich über die Lohnerhöhung. Doch einigen sind die im Juni im Bundestag beschlossenen 12 Euro noch zu niedrig. Andere hingegen sorgen sich um ihre betriebliche Zukunft, weil ihre Kosten durch die Erhöhung des Mindestlohns steigen.
"Immer noch zu wenig"
t-online-Leserin Meike ist einerseits froh, andererseits hätte sie sich mehr gewünscht: "Den Mindestlohn zu erhöhen, ist schon sehr gut, obwohl es immer noch zu wenig ist. Lohnnebenkosten senken wäre auch wichtig. In Deutschland sind sie viel zu hoch. Nicht umsonst wandern große Firmen ins Ausland ab."
"16 Euro wären realistisch"
Während Meike keine genaue Zahl nennt, hat t-online-Leser Michael Palmen eine konkrete vor Augen: "16 Euro wären realistisch, alles andere reicht gerade zum Leben."
"Wer 40 Stunden die Wochen arbeitet, sollte Anspruch auf Urlaub mit der Familie haben, einen Wagen abbezahlen und dem Kind eine ordentliche Kindheit bezahlen können – anstatt zu warten, bis der Monat rum ist, nur um wieder bei Aldi einkaufen zu gehen."
"20 Euro wären angemessen"
"Bei den heutigen Kosten wären 20 Euro angemessen, um einigermaßen frei leben zu können", findet t-online-Leser Christian Rehberg sogar.
Der angehende Hochschulabsolvent und t-online-Leser Benjamin Porobic gibt sich vorerst mit dem Beschlossenen zufrieden: "Als einer der jüngeren Generation bin ich froh, dass der 12-Euro-Mindestlohn auch Studierenden zugutekommt, welche Studium und Wohnung gleichzeitig finanzieren."
"Bin froh, dass ein Gang zur Sozialhilfe unterbleiben kann"
t-online-Leser Dieter Hildner hat kein Verständnis für die Gegner einer Mindestlohnerhöhung: "Die Damen und Herren, die eine Erhöhung des Mindestlohnes nicht befürworten, sollten mal von dem bisher gültigen Lohn leben müssen. Wer nach einem Arbeitsleben unter Mindestlohn die Rente beantragt, der muss um Unterstützung bitten, damit ein halbwegs lebenswertes Existieren gesichert wird. Deshalb bin ich froh, dass der Mindestlohn von 12 Euro durchgesetzt wurde und für die Betroffenen ein Gang zur Sozialhilfe unterbleiben kann."
"Langfristig sehr negative Auswirkungen"
"Bezeichnenderweise wird bei dieser Diskussion immer geflissentlich vergessen, dass alle Löhne in den Unternehmen erwirtschaftet werden müssen", gibt t-online-Leser Ulrich Bauer zu bedenken. "Aber das zeigt die sehr eingeschränkte und einseitige Sichtweise von Menschen wie zum Beispiel Minister Hubertus Heil."
Weiter schreibt er: "Als Unternehmer kann ich nur jemanden beschäftigen, der im Betrieb mehr erwirtschaftet als er kostet. Wenn man diese Tatsache (betriebswirtschaftliches Grundwissen) nicht berücksichtigt, ist der Unternehmer vielleicht sehr sozial, aber auch innerhalb kurzer Zeit sehr pleite, um es salopp zu sagen.
Und es gibt nun mal Menschen, deren Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist und die sich auch nur sehr begrenzt weiterentwickeln können oder wollen. Diese Menschen bleiben auf der Strecke und müssen dann letzten Endes durch das Sozialsystem aufgefangen werden, also durch uns alle. Die Diskussion über den Mindestlohn war und ist zutiefst populistisch und hat langfristig sehr negative Auswirkungen."
"Bewusst machen, was 12 Euro netto im Portemonnaie bedeuten"
t-online-Leser Ralf Krause meint: "Es wird auch Zeit, dass eine Arbeitsstelle in Vollzeit zum Leben reichen muss. Die Arbeitgeber sollen doch bitte einmal wegkommen von der ewigen Gewinnmaximierung und sich bewusst machen, was ein Mindestlohn von 12 Euro netto im Portemonnaie bedeutet."
Er rechnet vor: "Bei 176 Stunden monatlich sind das 2.112 € brutto, was netto – bei Steuerklasse 1 – rund 1.500 Euro ergeben. Gleichzeitig sollen sie die aktuelle Durchschnittsmiete in Deutschland nehmen, dazu dann Energieversorgung, Telefon, Versicherungen und Mobilität einberechnen. Was bleibt dann nach diesen Fixkosten für den restlichen Lebensunterhalt? Es ist beschämend, was diesen Menschen zum Leben bleibt. Eine wirklich aktive Teilnahme am kulturellen Leben ist damit unmöglich", glaubt Ralf Krause.
"Ich sehe mich gezwungen, Leute zu entlassen"
"Ich bin selber Inhaber eines kleinen, mittelständischen Unternehmens und würde liebend gerne mehr Mitarbeiter beschäftigen", berichtet t-online-Leser Markus Windrath. "Aber das Gegenteil wird kommen. Sobald der Mindestlohn auf 12 Euro steigt, sehe ich mich gezwungen, Leute zu entlassen. Wenn das die Politik unserer Sozialdemokraten ist, dann gute Nacht."
"Es dauert nicht lange, bis einer Menge Mitarbeitern gekündigt wird"
t-online-Leserin Ingrid Reese hat ähnliche Bedenken: "Zahlt der Staat dann die Differenz an den Unternehmer, oder ist es auch hier wieder der Firmeninhaber – der kleine oder mittlere –, der dafür aufkommen muss?", fragt sie.
"Es dauert nicht lange, bis einer Menge Mitarbeitern gekündigt wird. Irgendwo muss das Geld doch herkommen. Oder glaubt jeder von uns, dass es so leicht ist, diese Kosten nun auch noch – neben all den immensen monatlichen Fixkosten – aufzubringen?"
"Wenn der Mindestlohn höher wird, wird auch alles wieder teurer"
"Die Lohnnebenkosten müssen runter. Dann haben die Menschen wieder etwas von ihrem Lohn", findet t-online-Leserin Kersten Burghardt. "Wenn der Mindestlohn höher wird, wird auch alles wieder teurer und im Endeffekt hat keiner was davon."
Sie führt aus: "Zudem können Kleinunternehmer und Mittelständler die ganzen Kosten schon jetzt kaum mehr stemmen. Viele Unternehmen würden gerne mehr Leute, auch in Vollzeit, einstellen, können es sich aber nicht mehr leisten. Alles ist viel zu teuer geworden: Energiekosten, Materialkosten, Steuern, Sprit, Versicherungen und so weiter. Wer soll das alles noch bezahlen? Hinzu kommt immer mehr Bürokratie."
- Zuschriften von t-online-Lesern