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Credit Suisse in Schieflage: Kommt jetzt die nächste Finanzkrise?


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Bank in Schieflage
Wie geht es mit der Credit Suisse weiter?


Aktualisiert am 18.03.2023Lesedauer: 6 Min.
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Ein Mann läuft an der Credit Suisse in London vorbei: Die Schweizerische Nationalbank will dem angeschlagenen Geldhaus unter die Arme greifen. (Quelle: IMAGO/Vuk Valcic)

Erst in den USA, nun in der Schweiz: Zwei Banken wackeln und ziehen die Werte anderer Geldhäuser an den Börsen mit nach unten. Was das bedeutet.

Die Aktie der Credit Suisse ist am Mittwoch dramatisch eingebrochen. Sie erreichte zeitweise ein Allzeittief mit einem Minus von 31 Prozent. Auf dem Weg nach unten zog sie auch die Papiere anderer europäischer Banken und damit die Märkte insgesamt deutlich mit sich.

Hinzu kommt: Erst vor wenigen Tagen hatte die Silicon Valley Bank in den USA ihre Pleite verkündet. Nun ist die Angst groß, dass eine neue Finanzkrise über den Atlantik nach Europa schwappt.

t-online erklärt, wie es zu der Situation kommen konnte, ob Furcht vor einer neuen Bankenkrise angebracht ist und was das für Deutschland bedeuten könnte.

Warum ist die Credit Suisse in Schieflage?

Auslöser für den Kurssturz waren Äußerungen des größten Aktionärs der Bank. Die saudische Nationalbank kündigte an, der Credit Suisse kein weiteres Geld zu geben. Konzernchef Ulrich Körner versicherte zwar: "Unsere Kapital- und Liquiditätsbasis ist sehr, sehr stark." Doch die Zweifel der Märkte blieben – die Aussagen der Saudis wurden als Unzufriedenheit mit der Bank gewertet.

An den Börsen fiel das Papier der Bank daraufhin auf ein Rekordtief, zum Handelsschluss am Mittwoch stand ein Kursverlust von 24 Prozent zu Buche. Die Kreditausfallversicherungen für Schuldpapiere, sogenannte Credit Default Swaps (CDS), stiegen hingegen auf ein Rekordhoch.

  • Aktueller Kurs: Wo steht die Credit-Suisse-Aktie gerade?

Dass eine einzelne Äußerung solch einen durchschlagenden Effekt hat, liegt auch daran, dass die Credit Suisse bereits seit längerer Zeit mit Problemen zu kämpfen hat. Dabei geht es vor allem darum, das Kundenvertrauen zu erhalten. Denn schon im vierten Quartal 2022 hatten Kunden in kurzer Zeit hohe Beträge aus Konten und Depots abgezogen. Die angekratzte Reputation und häufigen Schlagzeilen machen die Lage zunehmend schwieriger, berichten Insider.

Analyst Tom Jenkins von der Investmentbank Jefferies betonte in einer Blitzanalyse, die Kapitalausstattung der Credit Suisse sei solide. Doch diese Zahlen träfen nun auf taube Ohren. Noch am Dienstag hatte der Credit-Suisse-Chef bei einer Bankenkonferenz in London um Geduld gebeten: "Wir haben gesagt, dass es sich um eine dreijährige Transformation handelt, und man kann nicht nach zwei Monaten kommen und sagen: 'Warum ist nicht alles erledigt?'"

Wie hängt das mit der Silicon Valley Bank zusammen?

Seit vergangenem Freitag steht die US-amerikanische Silicon Valley Bank (SVB) unter Kontrolle der staatlichen Einlagensicherung FDIC. Der Grund: Die hohen Zinsen haben das Investitionsinteresse an Techkonzernen gebremst. Um Gehälter und Ähnliches zu zahlen, haben viele Technologiefirmen, die meisten von ihnen Kunden bei der SVB, große Summen abgehoben. Das führte zu Liquiditätsproblemen bei der Bank.

Die Sorge, dass der Kollaps der SVB sich auch auf den europäischen Markt auswirken könnte, führte seitdem zu Unsicherheit an den Märkten. In Kombination mit der ohnehin instabilen Lage der Credit Suisse brachten die Äußerungen der saudischen Nationalbank das Fass zum Überlaufen.

Dabei hatte Credite-Suisse-Chef Ulrich Körner Anfang der Woche noch den Eindruck erweckt, sein Geldhaus könne von der amerikanischen Krise profitieren: "Wir haben [am Montag] Zuflüsse bekommen, was ein positives Zeichen ist, würde ich sagen", sagte er im Interview mit Bloomberg TV. "Wir haben sogar materiell gute Zuflüsse gesehen." Doch es kam anders.

Was bedeutet das für Deutschland?

Das ist noch unklar. Sollte sich das Bankenbeben auf einzelne Geldhäuser in den USA und der Schweiz beschränken, wie es zurzeit der Fall ist, könnte es für Deutschland und deutsche Anleger glimpflich ausgehen.

Zunächst einmal wurden aber auch die Papiere deutscher und europäischer Banken nach unten gerissen. Der Euro-Stoxx-Banks-Index fiel um bis zu neun Prozent. Die Commerzbank und die Deutsche Bank verzeichneten ein Minus von neun beziehungsweise acht Prozent. Der deutsche Börsenindex Dax verlor dadurch ebenfalls deutlich.

Dass es in Deutschland jenseits dieser Kursverluste zu größeren Problemen kommt, glauben Analysten und Finanzaufseher jedoch nicht. "Wir sehen aktuell für das deutsche Finanzsystem keine direkte Ansteckungsgefahr aus den Problemen stark technologieorientierter amerikanischer Banken", erklärte die deutsche Finanzaufsicht Bafin am Mittwoch. "Wir behalten die Marktentwicklungen aber weiterhin im Blick und berücksichtigen sie im Rahmen unserer laufenden Aufsicht."

Die Analysten der DZ Bank teilen die Ansicht, dass sich die Auswirkungen in Grenzen halten dürften, "solange es nicht zu einem flächendeckenden Ausfall kleiner Banken in den USA kommt". Das sei jedoch nicht zu erwarten, berichtet das "Handelsblatt". "Auch wenn davon auszugehen ist, dass Aktienkurse in den kommenden Tagen und Wochen zunächst noch weiter unter Druck bleiben werden, sollte sich nach und nach die Erkenntnis durchsetzen, dass es keine europäische Bankenkrise geben wird."

Doch es gibt auch vorsichtige Stimmen. Der ehemalige Bundesbankvorstand Alexander Dombret sagte dem "Handelsblatt": "Die Ausgangslage ist jedenfalls nicht ungefährlich." Der Chef des weltgrößten Vermögensverwalters Blackrock, Larry Finck, warnte in einem Anlegerbrief ebenfalls davor, dass "weitere Dominosteine" im Finanzsystem fallen könnten.

Wie ist die Lage aktuell?

Erst einmal stabil. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat der Credit Suisse einen Kredit in Höhe von bis zu 50 Milliarden Franken (rund 51 Milliarden Euro) angeboten. In der Nacht zum Donnerstag hat die Credit Suisse das Angebot angenommen, was ihre Liquiditätsdeckungsquote "mit sofortiger Wirkung" stärken werde, wie die Bank mitteilte.

Zudem kündigte sie am frühen Donnerstagmorgen in Zürich den Rückkauf bestimmter Euro- und Dollar-Anleihen im Volumen von drei Milliarden Franken an. Mit diesen Schritten will die Credit Suisse das Vertrauen der Investoren zurückgewinnen.

Die Maßnahmen wirkten am Donnerstagmorgen auf die Anleger wie eine Beruhigungstablette. Die Papiere des Instituts kletterten auf der Handelsplattform Tradegate um 30 Prozent im Vergleich zum Xetra-Handelsschluss am Vortag und glichen so die herben Verluste wieder aus.

Das Rettungspaket dämpfe die Sorgen über einen größeren Ansturm auf die Credit Suisse und die Auswirkungen auf andere Institute in der ganzen Welt, schrieb Susannah Streeter vom Vermögensverwalter Hargreaves Lansdown.

Wie geht es mit der Credit Suisse weiter?

Das ist noch unklar, könnte sich aber bereits am Wochenende entscheiden. Neben der Unterstützung der Schweizerischen Nationalbank hat wohl die Schweizer Großbank UBS Interesse an einer teilweisen oder kompletten Übernahme von Credit Suisse. Das berichtet die "Financial Times".

Unter Berufung auf Insider heißt es in dem Bericht, die Aufsichtsräte der beiden größten Schweizer Kreditinstitute wollten sich am Wochenende getrennt treffen, um entsprechende Beratungen zu führen. Es wäre die folgenreichste Bankenfusion in Europa seit der Finanzkrise. Die UBS und die Credit Suisse erklärten am Samstag jeweils auf Anfrage, dass sie keinen Kommentar abgäben.

Die Schweizerische Nationalbank und die Schweizer Aufsicht Finma organisieren demnach die Gespräche, um das Vertrauen in den Bankensektor des Landes zu stärken. Die Aufsichtsbehörden hätten den US-amerikanischen und britischen Amtskollegen mitgeteilt, dass eine Fusion der beiden Banken ihr "Plan A" sei. Darüber hinaus würden weitere Optionen beraten. Die Schweizerische Nationalbank wolle eine unkomplizierte Lösung vor Öffnung der Märkte am Montag finden. Die "Financial Times" schreibt, es gebe keine Garantie, dass eine Einigung erzielt werde. Die Bank of England und die US-Notenbank Federal Reserve lehnten dem Blatt zufolge eine Stellungnahme ab.

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Eine vollständige Fusion würde eines der größten systemrelevanten Finanzinstitute in Europa schaffen. Die Bilanzsumme der UBS – der größten Schweizer Bank – belief sich 2022 auf umgerechnet 1.030 Milliarden Euro, die der Credit Suisse auf umgerechnet 535,44 Milliarden Euro. Die UBS hatte 2022 einen Gewinn von 7,6 Milliarden Dollar (aktuell 7,07 Milliarden Euro) erwirtschaftet. Credit Suisse wies dagegen einen Verlust von 7,3 Milliarden Franken (7,4 Milliarden Euro) aus.

Ist das der Beginn der nächsten Bankenkrise?

Das lässt sich derzeit noch nicht sagen. Die SNB will Credit Suisse im Bedarfsfall liquide halten. Dementsprechend gehe keine akute Ansteckungsgefahr von gewissen Bankinstituten in den USA aus, hieß es am Mittwochabend.

Andreas Venditti, Bankenanalytiker bei Vontobel, bezeichnet das Kreditangebot der SNB in der "Neuen Zürcher Zeitung" als Prävention, um die "Märkte zu beruhigen und die Negativspirale zu durchbrechen". Damit seien aber nicht alle Probleme gelöst. Auch in den Vereinigten Staaten habe man nach dem Kollaps der Silicon Valley Bank vergangene Woche gesehen, dass der staatliche Rettungsschirm die Situation nicht vollständig beruhigt habe. Wie sich die Kundeneinlagen bei der Credit Suisse tatsächlich entwickelten, werde sich erst in den nächsten Tagen zeigen, so Venditti.

Was allerdings weiter für Unsicherheit sorgt: Dass die Zusicherungen der SNB nötig wurden, deutet darauf hin, dass Beteuerungen seitens der Credit Suisse über ihre Liquidität in der Vergangenheit so nicht mehr haltbar sind. International fielen die Reaktionen daher gemischt aus.

Damien Boey, Chef-Aktienstratege bei Barrenjoey in Sydney, sagte der Nachrichtenagentur Reuters, die SNB beseitige mit ihrem Kreditangebot zwar ein unmittelbares Risiko. "Aber es konfrontiert uns mit einer anderen Entscheidung. Je mehr wir dies tun, desto mehr stumpfen wir die Geldpolitik ab, desto mehr müssen wir mit einer höheren Inflation leben – und wie hoch wird sie sein?" Boey zeigte sich skeptisch, ob solche Rettungsaktionen die Situation verbesserten. "Einerseits beseitigt man eine Risikoquelle für die Märkte, die eine klare und gegenwärtige Gefahr darstellt. Andererseits verstärken wir das Paradigma, dass sich die Geldpolitik in sich selbst verrennt."

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