Atomstudie des Ifo-Instituts Laufzeitverlängerung könnte Strompreise senken
Es wird heiß diskutiert, ob die Laufzeit der drei deutschen AKW verlängert werden soll. Das könnte positive Auswirkungen auf den Strompreis haben.
Eine Laufzeitverlängerung der drei deutschen Atomkraftwerke würde den Strompreis im kommenden Jahr nach Berechnungen des Ifo-Instituts senken. Dieser würde dadurch um vier Prozent fallen, wie aus der am Mittwoch veröffentlichten Untersuchung der Münchner Forscher hervorgeht.
Demnach würden die Atomkraftwerke, die alle drei Ende 2022 vom Netz gehen sollten, rund vier Prozent des Stroms in Deutschland erzeugen. Da Deutschland Stromerzeugnisse in verschiedene EU-Länder exportiert, hat die Laufzeitverlängerung deutscher AKWs auch einen Effekt auf den europäischen Strompreis. Im Jahr 2023 könnte dieser 1,6 Prozent geringer ausfallen.
Der Anteil von Erdgas würde nur von 8,3 auf 7,6 Prozent sinken. "Denn Atomkraft ersetzt Erdgas nicht 1:1, sondern kurzfristig vor allem auch Kohle", sagte Ifo-Stromexperte Mathias Mier. Teure Energie ist derzeit der größte Treiber der Inflation, die Deutschland nach Prognose vieler Institute in eine Rezession abrutschen lassen könnte.
Gaskraftwerke glichen vor allem Schwankungen der Nachfrage und der erneuerbaren Energien aus. Atomkraft sei dazu ungeeignet. Die Kostenstruktur verlange zudem einen Dauerbetrieb. Da nicht alle Determinanten des künftigen Stromverbrauchs und insbesondere der Erdgasverfügbarkeit im Winter heute bereits bekannt seien, könne es deshalb sinnvoll sein, sich die Option Atomstrom auch über eine krisenbedingte, kurzfristige Laufzeitverlängerung im kommenden Jahr hinaus offen zu halten.
AKW-Betreiber erwarten fast 8 Milliarden Euro mehr Gewinn
Für die Betreiber der Atomkraftwerke schätzt Ifo-Experte Mier, dass deren Gewinne im laufenden Jahr wegen der hohen Erdgaspreise unerwartet um 7,9 Milliarden Euro höher ausfallen werden. Auch andere Betreiber erwirtschafteten hohe unerwartete Gewinne. Die Diskussion um eine Änderung der Strommarktstruktur hält Mier für "nicht zielführend, weil der Strommarkt ja funktioniert. Was nicht funktioniert, ist der Erdgasmarkt", sagte der Forscher. "Da wurde politisch schlecht diversifiziert."
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte vergangene Woche vorgeschlagen, zwei der drei in Deutschland noch laufenden AKW mit Jahresende in eine befristete Einsatzreserve zu überführen. Sie würden damit wie im Atomausstiegsgesetz vorgesehen vom Netz genommen und keinen Strom mehr einspeisen. Sie sollen nur als Reserve dienen, wenn es zur Stabilisierung des Stromnetzes erforderlich würde. Bei einem Streckbetrieb blieben die AKW bei reduzierter Leistung am Netz und würden weiterhin Strom liefern.
Für das Klima ist die aktuelle Stromkrise denkbar schlecht. Die verlängerten Atomkraftwerke in Deutschland sparen nur geringe Mengen an Erdgas ein. Der Anteil der drei CO2-intensivsten Brennstoffe im Jahr 2023 um 1,5 Prozent reduziert. Der Ausbau von Windturbinen und Solarzellen wird jedoch behindert. Auf lange Sicht führt das zu einem deutlich höheren CO2-Ausstoß.
- Nachrichtenagentur Reuters
- Pressemitteilung des Ifo-Instituts