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Tausende Fake-Profile: So machte China im Internet Corona-Propaganda


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Mit Tausenden Fake-Profilen
So machte China im Internet Corona-Propaganda


Aktualisiert am 13.06.2020Lesedauer: 3 Min.
Propaganda für China: Twitter hat mehr als 20.000 Twitter-Konten geschlossen, die in staatlicher Mission Stimmung in der Corona-Krise gemacht haben sollen.Vergrößern des Bildes
Propaganda für China: Twitter hat mehr als 20.000 Twitter-Konten geschlossen, die in staatlicher Mission Stimmung in der Corona-Krise gemacht haben sollen. (Quelle: Montage: t-online.de)
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Chinas Regierung lässt Trolle auf westliche Netzwerke los: Wissenschaftler gehen davon aus, dass chinesische Stellen mit Tausenden Accounts in der Corona-Krise Propaganda gemacht haben. Gepostet wird zu Pekinger Bürozeiten.

Die kommunistische Führung in China setzt offenbar verstärkt auf westliche soziale Netzwerke. Twitter hat 23.000 Accounts gesperrt, die das Unternehmen Kampagnen des chinesischen Staats zugeordnet hat. Zwei Forschungseinrichtungen haben die Daten analysiert und kommen zum Schluss: China versucht zunehmend, mit Fake-Accounts die Stimmung zu beeinflussen.

Von den Konten wurden fast 350.000 Nachrichten abgeschickt. Diese Tweets und die dazugehörigen Accounts hat Twitter dem "Internet Observatory" der Universität Stanford und der Denkfabrik "Australian Strategic Policy Institute" (ASPI) zur Analyse zur Verfügung gestellt. ASPI wurde von der australischen Regierung gegründet und wird zum Teil vom Verteidigungsministerium finanziert.

Keine Follower, wenig Infos

Ein großer Teil der Accounts hatte keine Follower und wenig Infos: "Es wurde minimaler Aufwand betrieben, die Accounts echt aussehen zu lassen", so die ASPI-Forscher. Masse und Schnelligkeit ging offenbar über Qualität, Tweets seien auch voller Fehler gewesen, Übersetzungen ins Englisch offenbar durch Programme gelaufen.

Einige wenige Accounts mit vielen Followern waren auch Konten, die gehackt oder gekauft worden sein könnten: So war einer der größten Accounts mit einer hübschen Chinesin im Profilbild vorher vorgeblich von einem Mann in Bangladesch betrieben worden, berichtet ASPI. Das zeige, dass den Betreibern Vertrauen, Fähigkeit und Glaubwürdigkeit gefehlt habe, selbst höherwertige Accounts aufzubauen.

Auch Erdogan-Fans erwischt
Twitter hat neben den chinesischen auch türkische und russische Konten gesperrt. Bei rund 1.000 russischen Konten sei es vor allem um Kampagnen gegen Oppositionspolitiker Alexei Nawalny gegangen. In der Türkei stieß Twitter auf gehackte Konten und Fake-Accounts, die aus dem Umfeld der AKP-Jugend heraus für AKP-Politik und Präsident Erdogan Stimmung machten. 7.340 Konten wurden gesperrt.

Und: Zwar gaben viele der Accounts Standorte in den USA an – manche sogar in Deutschland – es war aber verräterisch, wann sie vor allem aktiv waren: Am meisten werktags zwischen 8 und 17 Uhr Pekinger Zeit. Für seine Bürger hat China Twitter blockiert, wenn sie nicht zu technischen Tricks greifen.

Erst Hongkong, dann Corona

Zum Teil waren die Accounts schon 2017 angelegt worden. Im August 2019 hatte Twitter schon einmal 936 Accounts gesperrt, die in chinesischem Auftrag in Hong Kong Stimmung gemacht haben sollen.

Die nun gesperrten Accounts wurden richtig aktiv im Herbst 2019 zu Protesten in Hongkong. Demonstranten wurden etwa als Kakerlaken dargestellt. Nach einem kurzen heftigen Strohfeuer zur Wahl in Taiwan begann Ende Januar das Propaganda-Twittern rund ums Coronavirus.

Die Forscher aus Stanford stellten fest, wie die Strategie sich während der Corona-Krise änderte: Erst Verharmlosen und Kritikern Dramatisieren vorwerfen, dann, als es nichts mehr zu verharmlosen gab, Chinas entschlossenes Handeln loben. Mit der Zuspitzung der Lage in Europa und in den USA wurde China als Vorbild hingestellt, von dem die USA hätten lernen sollen, statt "politisch voreingenommen" China zu verurteilen. In Tweets wurde Chinas Hilfe in anderen Ländern gepriesen und der EU Versagen vorgeworfen.

Kooperation mit serbischen Helfern?

Eine frühere Analyse des Digital Forensic Centers war bereits zu dem Verdacht gekommen, dass es in Serbien eine koordinierte Kampagne mit Fake-Accounts gegeben hatte: Serbisch-chinesische Freundschaft wurde gepriesen, die EU verdammt. Auch der Account der chinesischen Botschaft in Italien soll künstliche Unterstützung bekommen haben. Hilfslieferungen aus China stellten sich zum Teil als untauglich heraus.

Ausgerichtet haben die nun gesperrten Propaganda-Accounts nach Einschätzung der Experten aus Stanford und vom ASPI wenig: "Organisches Engagement mit der Kampagne erscheint sehr niedrig", so die ASPI-Forscher. Entsprechende Beobachtungen wollen sie auch auf Facebook gemacht haben, ohne dort wie bei Twitter Datensätze dazu haben.

Die Nachrichten erreichten also kaum Nutzer außerhalb des Netzwerks der betroffenen Accounts. Allerdings waren von dort genutzte Hashtags zeitweise in den Twitter-Trends, offenbar weil auch Retweets bei entsprechenden Anbietern von Netzwerken gekauft worden waren.

Russische Taktiken kopiert

Die Autoren von ASPI sehen Anzeichen, dass Chinas Kommunistische Partei sich Taktiken und Auswirkungen russischer Desinformation abschaut. Dass es jetzt wenig Effekt hatte, bedeutet demnach wenig: "Die Online-Experimente machen es dem Propaganda-Apparat möglich, seine Bemühungen neu zu justieren, um Publikum auf westlichen Plattformen zu beeinflussen."

Chinas Außenministerium kritisierte am Freitag Twitters Entscheidung. China sei "das größte Opfer von Desinformation", so eine Sprecherin zur Agentur Reuters. Twitter solle Accounts schließen, die organisaiert und koordiniert China in Misskredit bringen würden.

Die ASPI-Wissenschaftler sehen auch Anzeichen, dass China trotz Sperrung seine Bemühungen fortsetzt. Die Australier schreiben von "signifikantem Aufwand an Zeit, Arbeit und Budget." Aktuell sehen sie eine Kampagne in den USA: Der Tod George Floyds und die Proteste werden demnach in den Accounts zum Anlass für eine Warnung an die Bevölkerung von Hong Kong genommen: Den USA sei nicht zu trauen, weil Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Freiheit dort "drei große Lügen" seien.

Verwendete Quellen
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